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Solidarische Haltung und individualistische Tendenzen
ОглавлениеGesellschaftlicher Wertewandel hat Einfluss auf verschiedene Entwicklungen innerhalb des Gesundheitssystems. Im Hinblick auf eine solidarische Finanzierung wurden zwei Entwicklungen konstatiert: Wie neuere Studien zeigen, deutet viel darauf hin, dass ein Großteil der nachwachsenden Generation trotz stärkerer Individualisierung bereit ist, (weiterhin) ihren Beitrag zur Sozialversicherung und zum Sozialstaat zu leisten (s. zum Beispiel Albert et al. 2019). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der zu erwartenden zusätzlichen Behandlungsbedarfe zu begrüßen, wurde doch die weitgehend solidarische Finanzierung von den Experten als beste Alternative erachtet. Im Gegensatz zu vielen anderen Optionen gewährleistet sie unabhängig vom eigenen Einkommen den Zugang aller zu medizinischen Leistungen und kann so zu größerer gesundheitlicher Gleichheit beitragen. Gleichzeitig bergen individualistische Tendenzen, also die Fokussierung auf die eigenen Ziele und Rechte, das Risiko, dass eine wachsende Gruppe von Nutzerinnen und Nutzern das Solidaritätsprinzip und den sozialstaatlichen Ansatz im Gesundheitswesen zunehmend infrage stellen könnte. Die Befürchtung war es, dass dies ein ausgeprägteres privates Gesundheitssystem entstehen lässt, in dem die Versorgung weniger vom Bedarf als von der zahlungskräftigen Nachfrage gesteuert wird. Eine universelle, inklusive Versorgung, die den Großteil der Bedarfe abdeckt und dabei bezahlbar bleibt, bietet die größten Chancen, einer Abwanderung in Parallelsysteme zu begegnen. Unterschieden werden können also die beiden Extrema eines „prosolidarischen“ und eines „individualistischen“ Typs.