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Patientenaktivierung, Selbstbestimmung und Vertrauen

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Bei der Entwicklung eines wirklich patientenzentrierten Gesundheitssystems ist die Aktivierung der Patienten, d.h. die Förderung der Eigenverantwortlichkeit und der Gesundheitskompetenz, um sich eigenständig aktiv mit Gesundheitsthemen und Leistungsanbietern zu befassen, von zentraler Bedeutung. Dazu gehört auch das Recht auf Selbstbestimmung im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge und die entsprechenden Entscheidungsprozesse. Gleichzeitig könnte ein stark kommerzieller Charakter der Gesundheitsversorgung – oder ein als solcher wahrgenommener Charakter der Versorgung – die Haltung der Patienten gegenüber Leistungserbringern beeinflussen, Misstrauen hervorrufen, dass auch die Gesundheitsberufe die Gesunderhaltung von Patienten als oberstes Ziel haben, und die Bereitschaft aktiv daran mitzuwirken vermindern. Unbesehen der Krankheitsmerkmale kann dies eine wichtige Dimension des Patientenengagements darstellen (Stavropoulou 2011). In diesem Zusammenhang diskutierten die Experten Patiententypen auf Basis ihrer Einstellung zum Gesundheitssystem, dem inhärenten Aktivierungsgrad der Patienten, sowie ihrer Selbstbestimmung und Entscheidungsfindung. Konkret können Patienten dem Gesundheitspersonal entweder Vertrauen entgegenbringen oder nicht. Es ist erwiesen, dass ein vertrauensvoller Patient die ärztlichen Ratschläge und Behandlungsschemata eher befolgt und die Entscheidungen des Arztes und sein medizinisches Urteil in allen mit der Krankheit zusammenhängenden Angelegenheiten eher akzeptiert (Stavropoulou 2011). Am anderen Ende des Spektrums kann mangelnde Therapieadhärenz durch wenig Vertrauen in der Beziehung zwischen Patient und Gesundheitsberufen zu mehr Missmanagement, klinischen Fehlern und einem geringeren Engagement der Patienten führen (Doherty u. Stavropoulou 2012). Analog dazu weisen Patienten, die in Bezug auf die eigene Gesundheitsversorgung selbst aktiv, interessiert und an Entscheidungen beteiligt sind, selbst auf Gesundheitsbedarfe hin und artikulieren ihre Gesundheitsbedürfnisse. Das Vertrauen in Gesundheitspersonal besteht aus mehreren Dimensionen, von denen das Vertrauen in die Kompetenz als auch das Vertrauen in die Person selbst die wichtigsten darstellen.

Eigenständigkeit drückt sich u.a. in der Bereitschaft aus, Gesundheitsproblemen auf den Grund zu gehen, aktiv Verständnisfragen zu stellen und eine aktive Rolle in der Therapie zu spielen. Vertrauen in einen Leistungsanbieter und die Bereitschaft mitzuwirken, korellieren häufig miteinander (s. Kraetschmer et al. 2004). Dies kann in ihren Extrema der Fall sein (wie zum Beispiel große Eigenständigkeit durch mangelndes Vertrauen oder großes Vertrauen bei Passivität), sie können einander aber insbesondere auf mittlerem Niveau auch verstärken, wenn Vertrauen zu größerer Offenheit, aktivem Nachfragen und Aktivierung der Patientenrolle führt. Die Verknüpfung des Grades an Vertrauen seitens der Patienten mit dem Grad der Selbstbestimmung, führt zu den vier in Abbildung 5 dargestellten Typen von Patienten:

„Patienten in Eigenregie“ (PER) sind Personen, die über ein hohes Maß an Selbstbestimmung in Bezug auf ihren Versorgungsbedarf und ihrer Therapiemöglichkeiten sowie ein hohes Aktivierungsniveau verfügen, gleichzeitig aber auch ein geringes Maß an Vertrauen gegenüber Anbietern von Versorgungleistungen, Ärzten und Krankenhäusern haben. Vornehmlich aus dieser Motivation kümmern sie sich um die eigene Gesundheit. Solche Patienten verlangen bei Diagnosen und Behandlungen aufgrund ihres mangelnden Vertrauens häufig eine zweite und dritte Meinung, was zu erhöhten und unnötigen Ausgaben führt. Dieser Typus setzt auf den exzessiven Einsatz von Diagnostik sowie auf nicht notwendige Therapien oder wendet sich anderen Informationsquellen und „alternativen Behandlungsweisen“ zu.

Der „Patient im Dialog“ (PiD) ist insofern ein idealer Patient, als dass er sowohl über ein hohes Maß an Selbstbestimmung verfügt als auch großes Vertrauen in das System hat – ein Patient, der Experte in Bezug auf die eigene Gesundheit ist. Die gemeinsame Entscheidungsfindung und die Einhaltung von Behandlungsrichtlinien sind für solche Patienten eine Selbstverständlichkeit.

Die „traditionellen Patienten“ (TP) sind diejenigen mit einem hohen Maß an Vertrauen in die Anbieter, aber niedrigem Aktivierungslevel und einem geringen Maß an Selbstbestimmung. Ungeachtet ihrer intellektuellen oder finanziellen Ressourcen müssen sie während des gesamten Verlaufs der Behandlung an die Hand genommen werden und verlassen sich in hohem Maße auf das Fachwissen der Fachkräfte.

Der „abgekoppelte“ Patient (AP) ist ein Patient mit einem geringen Maß an Selbstbestimmung oder Aktivierung sowie geringem Vertrauen in die Leistungsanbieter. Dabei handelt es sich um eher autonome Patienten, die bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen unabhängig handeln.

Abb. 5 Patiententypen in Abhängigkeit von Patientenengagement und Vertrauen in Versorgungsanbieter

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