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CELIA PARBEY DIE SACHE MIT DEN PRIVILEGIEN
ОглавлениеSommer 2020. Der Mord an George Floyd und die daraus resultierenden Protestbewegungen machten Schwarze Menschen weltweit so sichtbar wie nie zuvor. Auch in Deutschland sah man uns plötzlich überall. Wochenlang prägten wir die mediale Berichterstattung. Schwarze Menschen, sie wurden zu Panel-Talks eingeladen, schrieben Leitartikel und forderten strukturelle Veränderungen ein, in einem Land, das ihre Existenz lange ignoriert hatte.
Im Sommer 2020 wurden Schwarze Lebensrealitäten endlich sichtbar. Oder etwa nicht? Wie Aktivist*innen in den sozialen Medien bemerkten, waren nicht all unsere Lebensrealitäten in den Medien vertreten. Wer genauer hinschaute, konnte erkennen, dass ganz bestimmte Stimmen den öffentlichen Diskurs ums Schwarzsein prägten. Es waren und sind immer noch die Stimmen von Menschen, die ein Schwarzes und ein weißes Elternteil haben. Menschen, die biracial sind. Es sind Stimmen wie meine.
Mein Vater stammt aus Lomé, der Hauptstadt Togos, und meine Mutter ist in Göttingen, Niedersachsen, geboren. In Berlin besuchte ich eine französische Schule. Dort war ich umgeben von Afrikaner*innen, die direkt vom Kontinent nach Deutschland gekommen waren. Junge Menschen aus Burkina Faso, aus Gabun und der Demokratischen Republik Kongo. Für sie war ich vor allem eins: Togolesin. Aber Schwarz war ich nicht, sondern métisse. Das französische Wort für M****ling. Der Hintergrund dieses Begriffs ist ähnlich gewaltvoll wie im Deutschen. In Frankreich aber wurde er von der breiten Masse akzeptiert, auch von Schwarzen Menschen, auch von mir. Für meine weiße Mutter waren mein Bruder und ich ihre Schwarzen Kinder. Warum? 1986 erschien Farbe bekennen. Darin schufen afrodeutsche Frauen in wissenschaftlichen Texten, Lyrik und autobiografischen Erzählungen ein Zeugnis Schwarzer Lebensrealitäten in Deutschland. Meine Mutter las das Buch und es prägte sie. Sie übernahm die Selbstbezeichnung Schwarze Deutsche, die May Ayim, Katharina Oguntoye, Abenaa Adomako und viele mehr in Deutschland wählten. »Schwarz« als politische und kulturelle Identität – keine vermeintlich biologische Realität. Wenn Leute mich fragten, was ich sei, erklärte ich stets, ich sei Togolesin und Deutsche. So hatte es mir mein Vater beigebracht.
In den sozialen Medien wird regelmäßig heftig diskutiert, ob Menschen mit einem weißen und einem Schwarzen Elternteil überhaupt Schwarz sind. Eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Die Auseinandersetzungen zeigen: Von einem Konsens sind wir weit entfernt. Ich kann nicht sagen, ob es in Ordnung ist, wenn biracial2 Schwarze Menschen sich lediglich Schwarz nennen. Was ich aber tun kann, ist, darüber nachzudenken, inwiefern ich in meinem Leben von meinem eigenen Weißsein profitiert habe.