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MEHR ALS NUR DAS INDIVIDUUM

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Der Reflex, die eigene Leidensgeschichte zu erzählen, wenn man auf seine Privilegien aufmerksam gemacht wird, ist der Versuch, ein strukturelles Problem zu individualisieren. Wenn wir auf unsere Privilegien angesprochen werden, reagieren light skinned biracial Menschen oft mit Abwehr, teils sogar mit Angriff. Wir flüchten uns dann in die Erzählungen unserer Einzelschicksale. »Weder Schwarze noch weiße Menschen haben mich je wirklich akzeptiert« ist ein Satz, der in Diskussionen von biracial Schwarzen Menschen immer wieder fällt. »Du willst mir nur mein Schwarzsein absprechen«, »Du spaltest die Community«, »Aber wir sind doch alle Schwarz« sind weitere Beispiele. Das eigene Weißsein anzunehmen, bedeutet nicht, unser Schwarzsein auszulöschen. Das ist unmöglich, schließlich ist es ein Teil von uns. Für mich bedeutet es lediglich die Realität meiner Existenz zu akzeptieren, völlig wertungsfrei. Manche von uns können sich nicht aussuchen, ob sie Schwarz sind oder nicht. Unsere Möglichkeit, zwischen den Zuschreibungen zu wechseln, ist ein Privileg in sich.

Studien aus den USA und Großbritannien lassen erahnen, wie sich das strukturelle Privileg von biracial Schwarzen Menschen auch in Deutschland manifestieren könnte. So fanden Forscher*innen in den USA beispielsweise heraus, dass es eine Art biracial Schönheitsstereotyp gibt. Allein zu sagen, dass ein Mensch biracial ist, verändert dessen Wahrnehmung in den Augen vieler Menschen. Laut Studie gilt diese Person dann direkt als »interessanter« und »schöner«.5 Das kann eine unglaublich unangenehme Fetischisierung mit sich bringen, ist aber nicht vergleichbar mit den diskriminierenden Stereotypen, mit denen Schwarze Menschen mit zwei Schwarzen Elternteilen teilweise belegt werden. Auch betrifft uns Anti-Schwarzer Rassismus in der Regel nicht genauso stark. So besagt eine Studie aus Großbritannien, dass Schwarze Frauen ein viermal so hohes Risiko haben, bei der Kindesgeburt zu sterben, wie weiße Frauen. Bei Frauen mit einer sogenannten Mixed-Ethnicity ist das Risiko »nur« dreimal so hoch.6 Der institutionelle Rassismus in der Medizin trifft uns alle, aber er trifft uns nicht alle im gleichen Maße. Das Argument, Schwarze Menschen mit Schwarzen Eltern würden Communities spalten, wenn sie diese Unterschiede betonen, lenkt gefährlich weit ab. Wie können wir behaupten, unser Ziel sei die Schwarze Befreiung, aber gleichzeitig denen nicht zuhören, die auch innerhalb unserer Communities am meisten unterdrückt werden? Wenn Geschwister uns sagen, dass sie sich durch uns nicht repräsentiert fühlen, in ihrer Lebensrealität sogar ausgelöscht, dann wünsche ich mir, dass Schwarze Menschen mit einem weißen Elternteil das sehr ernst nehmen. Anstatt sich reflexhaft zu wehren gegen die bloße Möglichkeit, dass wir bessergestellt sein könnten, sollten wir innehalten. »If telling the truth sows division, then....................... the unity isn’t real.«7 – »Wenn die Wahrheit auszusprechen, Uneinigkeit schafft, dann gab es nie eine echte Einheit«, schrieb die Künstlerin und Aktivistin Bree Newsome Bass.

Schwarz wird großgeschrieben

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