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„Ägyptische“ Darstellungsweise (Abb. 1)

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Reliefs, die in Ägypten, aber auch in den großen Museen der Welt1 bestaunt werden können, weisen mehrheitlich eine besondere Körper- und Objektdarstellung auf: Sie wirken auf den ersten Blick seltsam verdreht. Dies gründet in einem Abbildungskonzept, welches nicht mit den ‚perspektivischen‘ Grundsätzen der modernen Bildkultur in Einklang zu bringen ist.2 Folglich wird nicht ein einziger Standpunkt eingenommen, von dem aus ein Objekt betrachtet wird. Vielmehr stellt das Bild eine Addition unterschiedlicher Blickrichtungen dar. Einige Interpretatoren sehen hierin eine Addition der Ansichten, andere legen Wert darauf, dass das Objekt mit seinen Eigenheiten im Zentrum steht. Ein Merkmal dieser Darstellungen kann offensichtlich nicht bestritten werden: Als Fotografie im heutigen Sinne, von einem Standpunkt aus, wären diese Simultanansichten bezüglich des betrachteten Objekts nicht gesamtheitlich wahrnehmbar.3 Die Stärke der ägyptischen Bilder liegt also in einer besonderen Art der Komposition. Einzelne Ansichten werden in Zusammenschau aufeinander bezogen. Entsprechend kann im Bildnis einer Person auch ein mehrfacher Ansichtswechsel erfolgen.

Während die Beine von der Seite, in Schrittstellung, dargestellt sind, erscheint der Oberkörper in Frontalstellung, so dass beide Schultern und auch Details der Brust sichtbar sind. Die Arme setzen wiederum nicht in Frontalansicht am Oberkörper an, in ihrem Verlauf (von der Schulter zur Hand) werden sie eher in Seitenansicht angefügt. Während der Kopf insgesamt von der Seite, also im Profil, realisiert ist, bleibt das Auge aber komplett sichtbar. Bei einer vollkommenen Seitendarstellung würde das Auge nur als Winkel, partiell, erscheinen. Im klassisch-ägyptischen Fall aber tritt neben die Profildarstellung des Gesichts die Frontaldarstellung des Auges. Diese ständigen Wechsel zeigen an, dass es um mehr als nur um eine einfache Ansicht geht. Mehrere Ansichten, in denen die Person bildlich in Szene gesetzt wird, treten zusammen bzw. simultan auf. Damit ist zugleich das Interesse an einer holistischen Gesamtwahrnehmung zum Ausdruck gebracht.

Die ägyptischen Künstler und ihre Auftraggeber hatten offensichtlich kein Problem, unterschiedliche Perspektiven in ein Bild einfließen zu lassen. Das Bildwerk wurde in einem Guss hergestellt und beinhaltet doch zahlreiche Facetten, die für ein rein perspektivisch geschultes Auge nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen sind.

Abb. 1:

Umzeichnung ÄFig 1998.4 (Kalksteinrelief 31,5 x 19 x 5,4 cm), Datierung: Ramses II. (1279–1213a) © Stiftung BIBEL+ORIENT Fribourg

Abb. 2:

Wandmalerei S. 14354 /15 RCGE 19072 01/00000986 (131,4 x 211 cm), VII-XI. Dynastie (2118–1980a), © Fondazione Museo delle Antichità Egizie di Torino

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