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3 Die Entwicklung eines Erhebungsinstruments zum Professionswissensstand im Lehramts-Studienfach Spanisch

3.1 Inhaltliche Parameter der Studie

Das von uns durchgeführte Projekt nimmt die direkte Ableitung des fachspezifischen Professionswissens im Lehrerberuf von der Lehramtsausbildung an Universitäten in den Blick. Das Forschungsinteresse am Zusammenhang von Ausbildung und beruflicher Praxis ist seit einiger Zeit besonders stark. Auslöser dieses Interesses aus der Sicht der Fachlehrerausbildung ist ein weiterer KMK-Beschluss von 2008 in ergänzter Fassung von 2015, betitelt als „Ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung“. Dieser Beschluss ist als Ergänzung zu dem Beschluss von 2004 über die Standards für die Lehrerbildung in den Bildungswissenschaften gefasst worden (vgl. KMK 2004). Er trägt damit grundsätzlich der in der Bundesrepublik Deutschland gegebenen Ausbildungsstruktur für das Lehramt Rechnung, die jeweils einen bildungswissenschaftlichen und einen fachwissenschaftlichen Ausbildungsanteil an den Universitäten umfasst. Unser Versuch einer theoretischen Differenzierung des Professionswissens im Lehrerberuf ist dieser Ausbildungsstruktur angepasst, allerdings ohne sich ihr vollständig zu unterwerfen. Er geht aber durchaus davon aus, dass die erfolgreiche Qualitätssicherung eines Ausbildungsbereichs für das Lehramt an Schulen nur mit dem Postulat gelingen kann, dass diesem Ausbildungsbereich auch ein definierbarer Bereich des Professionswissens im Lehrerberuf entspricht. Der KMK-Beschluss von 2008 definiert diesen fachspezifischen Professionswissensbereich in der Form von Kompetenzstrukturen angehender Lehrerinnen und Lehrer mit einer dreifachen Differenzierung. Dementsprechend sollen Lehramtsstudierende am Ende des Masters (vgl. KMK 2008: 3f.):

 1) über anschlussfähiges Fachwissen verfügen

 2) über Erkenntnis- und Arbeitsmethoden der Fächer verfügen

 3) über anschlussfähiges fachdidaktisches Wissen verfügen.

In den relativ knappen Erläuterungen dieser drei von dem Lehramtskandidaten mit Masterabschluss eingeforderten Kompetenzbereichen werden prinzipiell nur die wesentlichen Inhaltsstrukturen der drei angesprochenen Ausbildungsdomänen – nämlich Fachwissenschaft, Fachmethodologie und Fachdidaktik – in grob differenzierender Weise angesprochen. So ergeben sich etwa laut des Beschlusses im Bereich der Fachwissenschaft die folgenden Wissensdimensionen (vgl. KMK 2008: 3):

 Verfügungswissen zu den grundlegenden Gebieten der Fächer, wohl vornehmlich als fachinhaltliches Wissen zu verstehen

 Orientierungswissen über den Zugang zu den grundlegenden Fragestellungen der Fächer, wohl vornehmlich als Wissen über fachliche Forschungsanliegen zu verstehen

 Metawissen als Reflexionswissen über das Fach und zu ideengeschichtlichen und wissenschaftstheoretischen Konzepten, sowie

 transdisziplinäres Wissen zum Aufbau fächerübergreifender Qualifikationen.

Diese Differenzierung erweist sich als konform mit den grundsätzlichen Zielsetzungen einer wissenschaftlichen Fachausbildung. Sie lässt aber nicht erkennen, auf welche Weise die Lehramtsstudierenden ein Professionswissen zur Erfüllung ihrer späteren lehrplangeleiteten beruflichen Unterrichtstätigkeit entwickeln sollen. Dieselbe Kritik gilt auch für die Beschreibung der Domänen Fachmethodologie und Fachdidaktik. Hinsichtlich der Fachdidaktik ist zusätzlich anzumerken, dass der KMK-Beschluss von 2008 von Kompetenzbereichen der Lehramtskandidaten nach dem Master-Abschluss ausgeht, die nur mit einer intensiven und länger anhaltenden Praxiserfahrung des Unterrichtens erlangt werden können. Insbesondere sind dies die Bereiche der Leistungsbeurteilung, der lernerfolgsbestimmenden Merkmaldifferenzierung in Bezug auf Schülerinnen und Schüler und der praxisbasierten Gestaltungskompetenz von Lernumgebungen. Diese Bereiche, traditionell in der zweiten Ausbildungsphase schwerpunktmäßig verankert, können durch die schulpraktischen Anteile zwar ins Studium implementiert werden, allerdings sind bei der Dichte der Curricula und den knappen Zeitanteilen sicher nicht mehr als erste Grundlagen zu vermitteln. Jede anderslautende Erwartung verführt zu Fehlannahmen und dient nur zur fehlerhaften Abstimmung zwischen der ersten und zweiten Ausbildungsphase.

Die KMK ergänzt ihren Beschluss zu den ländergemeinsamen inhaltlichen Anforderungen durch fachspezifische Kompetenzprofile der einzelnen Schulfächer. Für das Fach Spanisch muss dabei auf das Kompetenzprofil ‚Neue Fremdsprachen‘ rekurriert werden, das nicht mehr als eine gute halbe Seite umfasst (vgl. KMK 2008: 39). Die hier benutzten Formulierungen sind wiederum sehr allgemein gehalten und bilden nach wie vor in der Hauptsache die groben Strukturierungsmerkmale der bundesdeutschen Lehramts-Ausbildungsgänge in den neuen Fremdsprachen ab. Exemplarisch führen wir nur eine der insgesamt neun Teilkompetenznennungen an, um ihren grundsätzlichen Grad an Vagheit zu illustrieren. So heißt es in dem entsprechenden Profil:

„(Die Studienabsolventinnen und -absolventen) kennen die wichtigsten Ansätze der Sprach-, Literatur-, Kultur- und Mediendidaktik und können diese für den Unterricht nutzen“ (KMK 2008: 39).

Auch die Differenzierungen des Kompetenzprofils erscheinen somit wenig hilfreich, um nachzuvollziehen, wie die Lehramtsstudierenden im Laufe ihres Studiums ein fachspezifisches Professionswissen nun tatsächlich aufbauen sollen, um ihr Wissen später für den Unterricht zu nutzen. Aber genau das ist der erforderliche Fokus, um eine Studie zum Aufbau des Professionswissens der Lehramtsstudierenden während ihres Studiums durchzuführen.

In einem vorläufigen Fazit lässt sich festhalten, dass die Professionswissensforschung durch ihre sehr profunde und differenzierte Aufdeckung verschiedenster Dimensionen und Aspekte der professionellen Kompetenz von Lehrkräften den Zugang zu einer empirisch-quantitativen Erhebung von Professionswissensanteilen, die im Verlauf des Fach-Lehramtsstudiums erlangt werden, per se nicht erleichtert hat. Aus diesem Grund haben wir die Abstraktion eines auf die institutionellen Rahmenbedingungen beziehbaren Professionswissensanteils vorgeschlagen, ihn als fachspezifischen Kernkompetenzbereich beschrieben und versuchen, genau diesen zur Grundlage unserer empirischen Arbeit zu machen.

3.2 Die methodische Ausrichtung der ZeBiG-Studie

Das in Kiel begonnene Projekt zur Erforschung des Professionswissens von Studierenden geisteswissenschaftlicher Fächer stand von Anfang an unter der Prämisse, dass ein methodologisch enger Anschluss an die seit über zehn Jahren bestehende empirische Forschung zu Fragen der professionellen Kompetenz von Lehrkräften beibehalten wird. Unser konkretes wissenschaftliches Vorhaben begann Ende 2013 in der Gründungsphase des „Zentrums für empirische Bildungsforschung in den Geisteswissenschaften“ (ZeBiG) an der Universität Kiel in Zusammenarbeit mit dem dortigen Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN). Das Projekt bewegt sich in der Tradition des einschlägig bekannten Forschungsprogramms COACTIV, das in den Jahren 2003–2006 am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin unter der Leitung von Jürgen Baumert durchgeführt wurde und dessen Abschlussbericht seit 2011 in publizierter Form vorliegt (vgl. Kunter/Baumert/Blum/Klusmann/Krauss/Neubrand 2011). COACTIV geht in seiner grundsätzlichen Interpretation des Professionswissens von einem Modell aus, das Jürgen Baumert und Mareike Kunter 2006 vorgelegt haben und das seinerseits in der Tradition des programmatischen Beitrags Knowledge and Teaching. Foundations of the new reform von Lee S. Shulman (1987) steht.

Das Kompetenzmodell von COACTIV differenziert den Bereich des Professionswissens in fünf Teilbereiche, die ohne weitere Strukturbezüge nebeneinanderstehen. Im Einzelnen werden genannt:

 1) Fachwissen

 2) pädagogisches Wissen

 3) fachdidaktisches Wissen

 4) Organisationswissen

 5) Beratungswissen


Abbildung 2 Kompetenzmodell von COACTIV (in Anlehnung an Baumert/Kunter 2006: 482).

Es handelt sich bei dieser Aufteilung stärker um den Leitgedanken der theoretischen Separierung als um den Versuch, Strukturzusammenhänge innerhalb des Professionswissensbereichs darzustellen. Kunter/Trautwein (2013: 147) erweitern diese Ausdifferenzierungsvorschläge in einem aktuelleren Modell sogar noch auf alle anderen Aspekte der professionellen Kompetenz.

Es ist aber ein bis heute bestehendes Desiderat, als Grundlage konkreter empirischer Forschungsvorhaben auf Aspekte der Teilkompetenzen hinzuweisen, die ihrerseits Strukturzusammenhänge hervorheben. Diesem Ansatz entspricht der hier skizzierte Versuch. Während in der COACTIV-Studie noch separate Befragungsinstumentarien für die unterschiedlichen Teilwissensbereiche erhoben wurden, sind wir im ZeBiG darum bemüht, im Sinne der bislang vorgestellten Überlegungen einen Erhebungsweg und ein Messinstrument zu entwickeln, das insbesondere die Verbindung von Fachwissen und fachdidaktischem Wissen im Rahmen einer kombinierten Befragung zu ermitteln versucht. Im Anschluss an die von Shulman geprägte englischsprachige Begrifflichkeit versuchen wir also, die Schnittmenge von Content Knowledge (CK) und Pedagogical Content Knowledge (PCK) beim Aufbau des Professionswissens angehender Spanischlehrerinnen und -lehrer zu bestimmen. Dabei beziehen wir uns ausschließlich auf die erste, traditionell als fachwissenschaftlich qualifizierte Ausbildungsphase in der Lehramtsausbildung, die universitär verortet ist – was sogar auch für die Verantwortlichkeit der in diese Phase integrierten schulpraktischen Studien gilt.

Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung

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