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4.4 Theorie rhetorischer Strukturen – Rhetorical Structure Theory (RST)

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Nahe verwandt mit Theorien über propositionale und denotative Beziehungen zwischen Sätzen ist die so genannte Theorie rhetorischer Strukturen, englisch Rhetorical Structure TheoryRhetorical Structure Theory (RST) (Mann/Matthiessen/Thompson 1992, Mann/Thompson 1988, Taboada/Mann 2006, www.sfu.ca/rst/). Diese Beschreibungsmethode stellt im Vergleich dazu allerdings einen wesentlich differenzierter ausgebauten Ansatz dar. Sie wurde zunächst in den USA im Rahmen von computerlinguistischen Forschungen zur Textanalyse entwickelt und sollte Formate zur computergestützten Analyse von Textinhalten und zur computergestützten Textproduktion anbieten (Kap. 15). Dieser Hintergrund hat Konsequenzen für die linguistische Fundierung des Ansatzes: Er will zunächst weniger eine sprachtheoretisch untermauerte Texttheorie als eine eher pragmatische Methodologie zur Textanalyse sein. Der Name „Rhetorical Structure Theory“ ist denn auch eher irreführend; weder handelt es sich um eine Theorie im geläufigen Sinn noch hat sie direkt etwas mit Rhetorik im klassischen oder neuzeitlichen Sinn zu tun. (Man sollte die Bezeichnung eher als werbewirksames Etikett verstehen.)

Die RST bietet einen Ansatz zur Beschreibung von satzübergreifenden Textkohärenzen zwischen größeren Texteinheiten aus ganzen Satzfolgen. Dies stellt eine Erweiterung gegenüber einer einfachen Theorie propositionaler Verknüpfungen dar, in der lediglich Paare direkt aufeinanderfolgender Sätze betrachtet werden. Gemäß der RST kann jeder Komplex von Texteinheiten, der durch eine Textbeziehung zu einer Textstruktur verbunden ist, selbst wieder Teil einer Textbeziehung sein. Texteinheiten aus mehreren Sätzen können also in der gleichen Weise wie einzelne Sätze als Elemente von Textbeziehungen fungieren. Eine Begründung zu einer Aussage etwa muss nicht aus einem einzelnen Satz bestehen, sondern kann selbst wieder eine ganze, in sich strukturierte Satzfolge darstellen. Dabei gelten stets die gleichen allgemeinen Strukturbedingungen zwischen den Texteinheiten, gleichgültig ob es sich um einzelne Sätze oder ganze Satzgruppen handelt: Alle Texteinheiten können durch genau eine Textbeziehung mit einer benachbarten Texteinheit zu einer Texteinheit auf einer höheren Ebene verbunden werden; es gibt weder Überlappungen noch Textbeziehungen über Distanz noch mehrfache Zuordnungen einer Texteinheit zu anderen Texteinheiten. Unter diesen Annahmen kann man einen Text vollständig als Baumstruktur analysieren, als sukzessive Verknüpfung von Texteinheiten in einer hierarchischen Strukturierung. Die Rhetorical Structure TheoryRhetorical Structure Theory wird in Kap. 15 näher erläutert, dort findet sich auch eine Beispielanalyse (siehe 15.3.3).

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