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Dialektik

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D. (gr. dialektike) wird in der Antike als Bezeichnung für die ‚Unterredungskunst‘ gebraucht. Für Platon (427–347 v. Chr.) ist D. der ↗ Weg zur ↗ Wahrheit und die einzige ↗ Möglichkeit im Diesseits (↗ Jenseits) zu Erkenntnis zu erlangen. Im engeren Sinne bezeichnet D. (gr. dia, für ‚durch‘) dabei den Durchgang (↗ Spazieren) durch den ↗ Logos als ↗ Sprache (gr. logos). Mit Georg W.F.Hegel (1770–1831) erhält D. eine dreistufige (↗ Drittraum) Gestalt von These (oder Setzung), Antithese (oder Negation) und Synthese, welche eine weitere These bildet. ↗ Raum geht für Hegel dabei aus verschiedenen solcher sog. ↗ Aufhebungen hervor: In diesem Sinne interpretiert er in der erstmals 1817 erscheinenden Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse den Raum zunächst als abstraktes Auseinander (§§255f.). Um aus dieser bestimmungsleeren Unterschiedenheit die ↗ Dimensionen zu deduzieren (↗ Deduktion), rekurriert Hegel auf fundamentale Handlungsfiguren (↗ Handlung) der notwendig sich limitierenden Anschauungsaktivität (↗ Anschauung) von Punkt, ↗ Linie, ↗ Fläche und Körper. Da die formale Unterschiedenheit des Raums von einer qualitativen Unterschiedslosigkeit durchkreuzt wird, schlägt die differente ↗ Mannigfaltigkeit des Raumbegriffes um in die ↗ Singularität des Punktes als absolutes Nichtauseinander. Der Punkt negiert (↗ Nichts) solcherart den Raum. Die Schwungkraft dieser Negationsdynamik wirkt im Punkt fort, indem durch dessen Bezogenheit auf einen Grundbestand von Andersheit (↗ Fremde) sich im Formbild (↗ Raumbild) eine Vielheit von Punkten selbstaufhebend zur Linie zusammenschließen. Die Linie ist ein Synthesisprodukt von Auseinandersein und Nichtauseinandersein. Aufgrund der Kontamination mit der für die Punktualität typischen disjunktiven Zerspannung zwischen Identität und ↗ Differenz wiederholt sich analog die Negation für die Linie: Die Linie ist somit vollendete Negation der Negation und führt zu einer Selbstentgrenzung (↗ Grenze), die eine ‚Dehnung‘ (↗ Ausdehnung) der Linie zur Fläche ermöglicht. Durch diese Form dialektischer Andersheit etabliert sich die Fläche gegenüber den Grenzgebilden Punkt und Linie als autonome Raumfigur (↗ Figuralität). Hinwiederum sieht Hegel in der Fläche ein Negationsmoment gegen ihr Ebenenhaftes (↗ Ebene), welches sich in dem Vermögen bekundet, als umschließende ↗ Oberfläche ein dreidimensionales Volumen zu definieren. Bereits bei Aristoteles (384–322 v. Chr.) findet sich in Peri psychés die zu Hegel vorlaufende Annahme, dass „die bewegte Linie eine Fläche hervorbing[t], und der Punkt eine Linie“ (409a). Entgegen Hegels D. vertritt Edmund Husserl (1859–1938) den umgekehrten Weg einer ↗ Reduktion, wonach der Punkt nicht die primäre Form der Raumbetrachtung ist, sondern das Produkt (↗ Produktion) einer Abstraktion von Raum (Husserl 1983). Im Rekurs auf einen Kommentar Martin Heideggers (1889–1976) zu Hegel in Sein und Zeit von 1927, in dem eine an die D. des Raums anschließende, geometrische (↗ Geometrie) ↗ Verräumlichung der Zeit durch Hegel kritisiert wird (§ 82a), führt Jacques Derrida (1930–2004) den Nachweis, dass auch noch Heideggers Vorstellung des Seins (↗ In-sein) als ↗ Anwesenheit eine vergleichbare räumliche ↗ Logik aufweist (Derrida 1999) und in der hegelianischen D. des Raums verbleibt, gegen welche die ↗ Spur zu denken sei.

Literatur: Wandschneider 1975.

Derrida, Jacques (21999): Ousia und Gramme, in: ders.: Randgänge der Philosophie, Wien, 57–92 [frz. 1968].

Husserl, Edmund (1983): Philosophische Versuche über den Raum, in: ders.: Studien zur Arithmetik und Geometrie, Den Haag, 261–310.

Wandschneider, Dieter (1975): Räumliche Extension, in: Hegel-Studien 10, 255–273.

Werner Csech

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