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3.1 Garizim und Ebal

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Die Berge Garizim und Ebal bei Sichem (Mittelpalästina, ca. 30 km nördlich von Jerusalem) werden in Dtn 11,29 als Orte der Segens- und Fluchverkündigung ausgewählt (→ Segen). Dtn 27,1–13 präzisieren die genaue Aufstellung des Volkes nach Stämmen geordnet. Auf dem Berg Garizim sollen Stelen („große Steine“) mit dem Text der göttlichen Weisungen aufgestellt werden (Dtn 27,4.8); auch soll dort ein Altar gebaut werden (Dtn 27,5–7). Die Ausführung aller dieser Anordnungen wird in Jos 8,30–35 erzählt. Wieder ist ein Berg, nun der Garizim, Ort der Offenbarung Gottes, doch jetzt erfolgt diese Offenbarung in Form des Vortrags der verschrifteten Weisung (Tora) durch Josua. So schildert es die idealtypische Geschichtsdarstellung der Bibel. In der Ereignisgeschichte Israels spielt insbesondere der Berg Garizim eine entscheidende Rolle für die Ausdifferenzierung des antiken Judentums (zum Folgenden vgl. ZANGENBERG 2007).

In persischer Zeit (ca. Ende des 6. bis Anfang des 5. Jh.s v. Chr.) kam es zu einer Kontroverse zwischen den aus dem Exil zurückgekehrten Juden in Jerusalem, die diese Stadt als einzig legitimen Kultort ansahen, und den „Israeliten“, die sich als Nachfahren der nach der assyrischen Eroberung 722 v. Chr. verbliebenen Nordreich-Israeliten sahen und als Proto-Samaritaner bezeichnet werden können. Letztere lebten in Samarien, dem Sitz des persischen Statthalters, und wollten sich am Tempelbau beteiligen, da sie die JHWH-Verehrung der Jerusalemer teilten. Diese wiederum lehnten dieses Ansinnen ab, weil sie die Leute in Samarien der Religionsvermischung verdächtigten. Archäologische Untersuchungen am Berg Garizim bestätigen die Anwesenheit einer Reihe von verschiedenen ethnischen Gruppierungen und entsprechender Religionen. Dass es in der Folgezeit zur Entwicklung der „Samaritaner“ als eigener religiöser Gruppe kam, ist wohl einem Streit innerhalb der Priesterschaft Jerusalems gegen Ende des 4. Jh.s v. Chr. zuzuschreiben: Ein Bruder des Hohepriesters hatte eine Tochter des persischen Satrapen geheiratet (Josephus, Antiquitates XI,302f.) und damit gegen die Ehevorschriften für Angehörige der hohepriesterlichen Familie verstoßen. Als er großen Anfeindungen ausgesetzt war, erhielt er von seinem Schwiegervater die Erlaubnis, ein eigenes Heiligtum nach Jerusalemer Vorbild auf dem Berg Garizim zu errichten (Josephus, Antiquitates XI,306–312). Mit dem Heiligtumsbau auf dem Garizim wird die Trennung von Jerusalem manifest; spätestens von da an kann man von der Religionsgemeinschaft der Samaritaner sprechen. In der Pentateuchfassung der Samaritaner finden sich Textvarianten, die den Berg Garizim als den von JHWH ausgewählten Kultort bestätigen sollen. Es ist jedoch unangebracht, von einem „Bruch“ zu sprechen, da noch über lange Zeit eine enge gedankengeschichtliche Verbindung zwischen den Samaritanern und ihren jüdischen Brüdern in Jerusalem bestand. Es geht also nicht um ein „Schisma“, sondern um eine graduelle Entfremdung, an deren Ende zwei selbständige Gruppen standen. Im 3. Jh. v. Chr. wird die Siedlung um das Heiligtum ausgebaut, wie archäologische Befunde ausweisen. Das Heiligtum, das möglicherweise kein Gebäude war, sondern aus einem offenen Opferaltar bestand, wurde von Seiten der Jerusalemer als Konkurrenzheiligtum aufgefasst. Gegen Ende des 2. Jh.s v. Chr. expandierten die Hasmonäer in Jerusalem nach Samarien hin, um die Konkurrenten unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Hasmonäer Johannes Hyrkan kann 128 v. Chr. die Stadt Samaria zerstören; das Ende des Heiligtums und der Stadt auf dem Garizim kam wohl gegen 111 v. Chr., beide werden niedergebrannt. Danach blieb der Gipfel des Garizim unbebaut, doch die Religionsausübung durch die Samaritaner blieb. Bis heute feiern die Samaritaner dort ihr Pessachfest unter freiem Himmel.

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