Читать книгу Die Pompejanischen Quittungstafeln des L. Caecilius Iucundus - Группа авторов - Страница 11
Iucundus
ОглавлениеDas zur Verfügung stehende Quellenmaterial liefert nicht wenige Informationen zu Iucundus, seiner Person, seiner gens, seiner familia und seinem Arbeitsalltag; sie lassen dennoch nur ungefähre Einschätzungen der wirtschaftlichen Bedeutung seiner Geschäfte, seiner Stellung in der pompejanischen Gesellschaft und seiner konkreten Lebensumstände zu.
Der Aussagekraft der nominell 153 Quittungstafeln sind schon in quantitativer Hinsicht deutlich Grenzen gesetzt.99 Von ihren ursprünglich beschriebenen etwa 600 Tafelseiten sind nur 342 erhalten, davon die meisten als Fragmente. In den 137 Auktionsquittungen findet sich nur siebenmal die Bezeichnung des versteigerten Objektes, nur in 36 Quittungen ist der erlöste Verkaufspreis sicher zu lesen, nur in einer Tafel ist der Käufer genannt. Hinzu kommt: Nicht erhalten sind die Rechnungsbücher des Iucundus, nicht erhalten sind die Unterlagen über die ihm aus den Auktionen erwachsenen Forderungen an die Käufer. Die Quittungen belegen fast ausnahmslos Zahlungen in einem Zeitraum von jeweils nur vier Jahren (Auktionen: 54–57, Pacht: 58–62 n. Chr.), geben also die geschäftliche Tätigkeit des Iucundus sehr wahrscheinlich nicht in ihrer Gesamtheit wieder. Beschränkt man sich auf die lesbaren Fragmente der Quittungstafeln, war Iucundus kein Bankier im heutigen Sinne, kein Player in einem überregionalen oder gar imperiumsweiten Handels- und Finanzmarkt, seine geschäftlichen Tätigkeiten beschränkten sich auf Pompeji und Pompejaner; in nur zwei Auktionstafeln treten Auswärtige als Geldempfänger bzw. Veräußerer auf.100 Die Erlöse der von Iucundus veranstalteten Auktionen, seine sich daraus ergebenden Provisionen, ebenso aber auch seine Zinseinkünfte, wenn er dem Käufer den Kaufpreis ganz oder teilweise vorstreckte, bewegten sich in überschaubaren Dimensionen. Auch die wenigen in den Tafeln genannten Versteigerungsobjekte hatten lokales Niveau: ein Maulesel, überflüssiges Hab und Gut, Sklaven, ererbte Gegenstände, Buchsbaumholz. Um einiges höher, aber dennoch überschaubar waren Iucundus’ Einkünfte aus der Tätigkeit als Pächter oder Steuerpächter im Auftrag der Stadt.101 So betrachtet, scheint Iucundus die typologisch geprägte Vorstellung, Pompeji sei eine Konsumentenstadt gewesen, zu bestätigen: bescheidener Güter- und Geldverkehr, kaum Teilhabe an produktiver Tätigkeit, kaum wirtschaftliche Orientierung nach draußen.
Einige Details der Tafeln, aber auch der Blick auf andere Quellen erlauben jedoch den Versuch, seiner Rolle in Gesellschaft und Wirtschaft größere Wertschätzung beizumessen: Männer der pompejanischen Oberschicht bis hinauf in höchste Kreise, dazu führende und reiche Freigelassene fungierten in den Quittungstafeln als Veräußerer bzw. als Zeugen.102 Sein weitläufiges Wohnhaus an der Via Vesuvio nahe den Stabianer Thermen, mit Marmor, Mosaik und Wandgemälden respektabel ausgestattet, lässt keinen unbedeutenden Bewohner vermuten. Nicht ganz auszuschließen ist, dass Iucundus Pächter des fundus Audianus war, vielleicht auch eines Walkerbetriebs in der Stadt. Wahlinschriften für L. Caecilius Capella aus flavischer Zeit103 signalisieren das Bemühen eines Mitglieds der gens Caecilia, als duovir in die Führungsschicht der Stadt aufzusteigen. Vielleicht zu wagemutig, immerhin aber erwägenswert ist die Behauptung Della Cortes, L. Caecilius Iucundus sei auch Eigentümer der vorstädtischen Villa della Pisanella gewesen, einer villa rustica, in der 1895 der bekannte Silberschatz von Boscoreale und mehr als tausend aurei entdeckt wurden.104
Auch über die Lebensspanne des Iucundus und über seine verwandtschaftliche bzw. rechtliche Einordnung in die pompejanische gens Caecilia105 sind genaue Aussagen nicht möglich. Iucundus’ letztes Lebenszeichen ist Tafel 151, ausgestellt wenige Tage vor der Erdbebenkatastrophe vom 5. Februar 62 n. Chr. Zu diesem Zeitpunkt dürfte Iucundus mindestens 50 Jahre alt gewesen sein, eine Vermutung, die sich auf Tafel 002, das früheste Lebenszeichen, stützen kann: Sie zeigt ihn als Auktionator im November 27 n. Chr. Bloße Spekulation sind Annahmen, er könne beim Erdbeben 62 n. Chr. oder beim Vesuvausbruch 79 n. Chr. zu Tode gekommen sein.
Die Ansicht Mommsens, die beiden im Tablinum des Hauses reg. V 1, 26 gefundenen bronzenen Hermen mit der Aufschrift GENIO L(uci) NOSTRI | FELIX L(ibertus) stellten Iucundus dar, gilt durch De Franciscis, der sie auf Grund stilistischer Beobachtungen als Arbeiten der augusteischen Zeit erkannte, als widerlegt.106 Von einiger Plausibilität hingegen sind die Annahmen, bei dem dargestellten Lucius handele es sich um den patronus des Freigelassenen L. Caecilius Felix, argentarius in Tafel 001, und Iucundus sei – als Sohn oder Neffe oder gar Freigelassener – Erbe und Geschäftsnachfolger des Felix gewesen. Ob Felix identisch ist mit dem gleichnamigen minister Augusti des Jahres 1 n. Chr. (CIL X 891) ist umstritten.107 Unsicher ist auch die Annahme, Quintus und Sextus Caecilius Iucundus, in den Jahren unmittelbar vor Ausbruch des Vesuvs Bewohner des Hauses reg. V 1, 27, seien Söhne des Iucundus gewesen.108 Einige Freigelassene der gens Caecilia bzw. deren Nachkommen erscheinen in den Quittungstafeln unter den Zeugen, einer auch als Veräußerer.109
Als Mitwirkende bei Zahlungsvorgängen sind nur wenige Sklaven namentlich genannt: Philadelphus (Sklave des L. Caecilius Felix, Tafel 001), Menippus (Tafel 031, unsichere Lesung) und Dionysius (Tafel 123), der, wie Andreau annimmt, stellvertretend für Iucundus, seinen Herrn, eine Auszahlung vorgenommen habe.110 Unsicher geblieben ist bisher, an welcher Stelle in Pompeji Iucundus seine Auktionen abhielt, wo er dem Veräußerer den Versteigerungserlös aushändigte und diesen Vorgang durch Zeugen bestätigen ließ. Andreau bringt als Ort der Versteigerungen eine der tabernae an der Nordostseite des Macellum ins Gespräch und hält einen Geschäftsraum östlich des Forum für möglich.111
In der Gesamtbetrachtung des heute zur Verfügung stehenden Quellenmaterials erscheint L. Caecilius Iucundus als stadtbekannter, gut vernetzter, wendiger und gleichzeitig vertrauenswürdiger Auktionator und im städtischen Auftrag tätiger Steuerpächter, versiert in finanziellen Dingen und in der Abfassung rechtssicherer Quittungen sowie akkurat in der Führung seiner Geschäftspapiere und seines Archivs. Als Angehöriger einer Freigelassenen-Linie der gens Caecilia, durch seine Tätigkeiten und Eigenschaften zu Ansehen und Wohlstand gekommen, pflegte er Umgang mit allen Schichten der pompejanischen Bevölkerung bis hin zu Männern der politischen Elite. Selbst hat er, soweit erkennbar, kein politisches Amt angestrebt bzw. bekleidet.112 Andreau rechnet ihn etwas unscharf zur „deuxième couche“ de la societé pompéienne113. Etienne urteilt: „Weil sein Fall für die Forschung einmalig war, wurde er zu einer bedeutenderen Persönlichkeit, als er es in Wirklichkeit war“114. Beide Feststellungen können aber dem Betrachter pompejanischer Geschichte weder Gewissheit noch Freude schmälern, in Iucundus einem Pompejaner so nah begegnen zu können wie keinem anderen.
1 Giornale (Druckversion): Relazione officiale dei lavori eseguiti da luglio a dicembre 1875. col. 251.
2 Mau Bullettino 1876, 161: Brief vom 20.07.1875 aus Pompeji an Wilhelm Henzen, Direktor des Archäologischen Instituts Rom; supra septentrionalem partem peristylii Zangemeister 275.
3 Dazu gehören: Inschrift auf einer Amphore, gefunden in Haus V 1, 25 (CIL IV 5788); Inschrift auf dem Schaft einer Herme, gefunden im Atrium des Hauses V 1, 26 (CIL X 860); Wahlinschrift an Haus V 1, 27 (CIL IV 3428); Wahlinschrift an Haus V 1, 26 (CIL IV 3433); zu den Wahlinschriften auch CIL IV Suppl 4.1. Berlin 2011. S. 1356f.
4 Zangemeister 277; nach Camodeca aus Buchsbaumholz gefertigt (Camodeca, G.: Gli archivi privati di tabulae ceratae e di papiri documentari. In: Vesuviana 1, 2009. S. 17).
5 Zangemeister 275/277. Unterschiedliche Erklärungen hat die Karbonisierung des Holzes gefunden. Zangemeister wollte nicht entscheiden, ob sie, wie man in seiner Zeit weithin glaubte, durch Feuer eingetreten sei oder, wie Ruggiero S. 26 meinte, durch Feuchtigkeit, die dann eine Fäulnisbildung bewirkt habe. Nach heutigem Kenntnisstand wurden die Täfelchen durch die starke Hitze der pyroklastischen Wellen karbonisiert (z.B. Gröschler 31f.).
6 Zangemeister 275.
7 Zangemeister 275 würdigt die Leistung des Vincentio Corazza, seinerzeit im Museum zuständig für das Aufrollen und Entziffern von Papyri.
8 In der Fachliteratur werden unterschiedliche Maximal- und Durchschnittsgrößen genannt. Vertrauenswürdig sind nur Größenangaben von Autoren, die die Täfelchen selbst in Augenschein genommen und vermessen haben. Die Größenangaben Zangemeisters sind in Anhang 4 genannt.
9 Tafeln 001, 004, 050, 064, 122/23, 124?, 125?, 138, 139, 140, unklar bei 044, 121, 126, 127, 135.
10 Die Tafeln über Pachtzahlungen stammen mit Ausnahme von Tafel 138 aus den Jahren 58–62 n. Chr.
11 Vielleicht Vater oder Onkel des L. Caecilius Iucundus. – Über den Grund, warum die beiden frühen Tafeln Eingang in die Sammlung der späteren Tafeln gefunden haben, kann nur spekuliert werden (vielleicht als Erinnerungsstücke oder in der Folge des Erdbebens 62 n. Chr. u.a.m.).
12 Der Wortlaut von vier Tafeln lässt es zu, Iucundus bzw. Felix nicht als Auktionator, sondern als bloßen Mittelsmann bei einem Verkauf zu verstehen: ob mulum venditum (001), ob mancipia duo veterana (049), vielleicht auch ob mancipia (062), pro mancipiis (074).
13 Nicht wenige Quittungen weichen in Einzelheiten vom beschriebenen Schema ab.
14 Sicher nicht von Iucundus geschrieben sind die Innenschriften der Tafeln 001, 057, 071, 122/23 und 124, Zangemeister 418.
15 Bei Diptychen stehen Zeugenliste und Kurzfassung des Urkundeninhalts auf der hinteren Deckelseite (Seite 4, Tinte auf Holz).
16 Abweichende Aufschrift Tafel 151: solutio.
17 Tafeln 062.6, 141.1, 142.6, 143.6, 144.1, 145.6, 146.6, 148.6.
18 Mommsen Hermes 89.
19 Mau unternahm eine vollständige Revision der Tafeln; sie blieb unediert.
20 Zangemeister 276 Anm. 2 nennt die beteiligten Papyrologen und die CIL-Nummern der Tafeln.
21 Zangemeister 276: liberalitate numquam non satis laudanda.
22 Erman ZRG 1899, 173.
23 Erman ZRG 1899, 173f. schrieb von wahrer Benediktinerarbeit, grenzenloser Schwierigkeit der Entzifferung und höchst überraschenden Neuergebnissen; Arangio-Ruiz 401: accuratissimam lectionem exhibuit; Andreau 15: Son édition du texte, en effet, a été jugée satisfaisante par tous; Mouritsen 11: Mommsen’ s, Zangemeister’ s, Schöne’s and Mau’s publication of Pompeian inscriptions in CIL is characterized by great precision, consistency and insight into the source material and remains an enduring monument of the high level of German classical scholarship in the 19th century.
24 Z. B. zu Tafel 045: Camodeca Nuceria 390.
25 Andreau 15: L’édition du Corpus étant donc utilisée par tous comme texte de base, je l’ai adoptée, sans tenter une nouvelle lecture globale, qui, de toute façon, ne pouvait pas apporter plus que la correction de quelques erreurs de détail.
26 Auskunft Prof. Guzzo/Soprintendenza per i Beni Archeologici di Napoli e Pompei, September 2009.
27 Stand 2009.
28 De Petra 3.
29 Overbeck/Mau 489.
30 Mommsen Hermes 89–91.
31 Bruns ZRG 1878, 362.
32 Mau Führer 1896, 517.
33 Auswahlbiographie bei Wolf 15f.
34 Mommsen Hermes 89.
35 Anhang 2 gibt einen tabellarischen Überblick über die Diskussion der strittigsten Themen (Autoren, Thesen, Fundstellen).
36 Brunner 44ff.
37 Tafeln 001, 005, 049.
38 Kaser 232.
39 Von dem dixit-scripsi-Schema weichen eine Reihe von Auktionsquittungen sowie alle Pachtquittungen ab. So formuliert auch die Innenschrift der Tafeln 006, 020, 021, 023, 024, 030, 033, 045, 058, 141, 142, 143, 144, 145, 147, 150, 151 aus der Sicht des Gläubigers mit scripsi. In einer Auktionsquittung erscheint in der Außenschrift, formuliert aus der Sicht des Iucundus, ein dixit(Tafel 005). Bei einer Vielzahl von Tafeln ist, bedingt durch den schlechten Erhaltungszustand, die Zuordnung zu einem dieser Schemata nicht möglich.
40 Gröschler, P.: Stichwort Urkunden VI, Römisches Recht. In: Der neue Pauly 12/1. Stuttgart 2002. Sp. 1045.
41 Gaius 3, 169: Acceptilatio autem est velut imaginaria solutio. Nam quod ex verborum obligatione tibi debeam, id si velis mihi remittere, poterit sic fieri, ut patiaris haec verba me dicere „Quod tibi ego promisi, habesne acceptum?“ et tu respondeas „Habeo“/Die acceptilatio aber ist gewissermaßen eine symbolische Erfüllung. Denn wenn du mir erlassen willst, was ich dir aus einer mündlichen Verpflichtung schulde, wird das so geschehen können, dass du mich diese Worte sprechen lässt: „Hast du erhalten, was ich dir versprochen habe?“ Und du antwortest: „Ja, ich habe.“
42 Bruns 365: „Hätten die Tafeln wirklich die Vornahme der Acceptilation beweisen sollen, so hätten sie ja gerade das, was sie beweisen sollten, nämlich die Frage und Antwort, gar nicht enthalten, es also eben nicht beweisen können.“ Zusammenfassend Simon 9; vgl. Anhang 2.1.
43 Gaius III, 92: Verbis obligatio fit ex interrogatione et responsione: Dari spondes? – Spondeo/Eine mündliche Verpflichtung kommt durch Frage und Antwort zustande: Gelobst du, … zu geben? – Ich gelobe.
Die stipulatio war formgebundener Verbalvertrag, ein einseitiges mündliches Leistungsversprechen. Die Form war einfach: Erforderlich war die Anwesenheit beider Parteien, Frage des Versprechenempfängers (stipulator) und Antwort des Versprechenden mussten mündlich ausgetauscht werden, einander unmittelbar folgen und sich inhaltlich decken. Das Verb des Fragesatzes … spondes? musste in der Antwort des sich Verpflichtenden mit spondeo wiederkehren (nach Kaser 538ff.).
44 Vgl. Anhang 2.3.
45 Tafel 058; Zangemeister 422.
46 Tafeln 017, 025, 026, 027, 028, 032, 035, 038, 040, 046.
47 Mommsen Hermes 108.
48 Thielmann 212.
49 Simon 12: „Der Aussteller quittiert [in der Außenschrift] also über die ‚aus dem Geschäft der Tafeln‘ hervorgehende Forderung, das heißt gewiß nichts anderes als über die Stipulation der Käufer an Iucundus“.
50 Wolf TPN 82, 120.
51 Mommsen Hermes 98f., 113.
52 Günther 133ff.
53 Tacitus Ann. 1, 78, 2 und 2, 42, 4.
54 Sueton Caligula 16, 3.
55 Mommsen 98f.: Wenn also die Auktionsgebühren in dieser Weise [d.h. zusammen mit dem Auktionserlös] von dem Käufer eingezogen wurden, ist es dennoch formell vielmehr der Eigenthümer, in dessen Auftrag die Auction stattfindet, welcher die Unkosten der Auction trägt. Denn …. [es] wird diesem die gesammte Kaufsumme mit Einschluss der Auctionskosten vom Auctionator gut geschrieben und demnach der Kostenbetrag von dem Auctionator mit dem Verkäufer, nicht mit dem Käufer verrechnet.
56 Zangemeister 423.
57 Thielmann 137, 139, 217ff.
58 Andreau 82: La plupart du temps … mercede minus … indique que l’argentarius a retenu sa commission sur le montant de la vente avant d’en verser le prix au dominus auctionis.
59 Andreau 83.
60 Thielmann 220; Andreau 86.
61 Aus den Textresten der Quittungen 148, 149, 150, 152 und 153 gehen die Pacht- bzw. Steuerobjekte nicht hervor.
62 Weiß 62ff.; seine 2004 vorgelegte Untersuchung informiert eingehend und umfassend über Tätigkeitsfelder, Befugnisse und sozialen Status der servi publici im Römischen Reich. – In den Tafeln 138 und 147 siegelten beide duoviri; eine nachträgliche Adsignation zeigt Tafel 142; in Tafel 148 siegelte offenbar allein der städtische Sklave.
63 Iucundus als Steuerpächter: Zangemeister 426f. (fundus Audianus); Arangio-Ruiz 418; Etienne 151; Weiß 63 (in Tafel 151 stellvertretend für den Steuerpächter M. Fabius Agathinus); Berry 220 (Weideland). Iucundus als Pächter/Bewirtschafter eines Pachtobjekts: Mommsen Hermes 124 (fundus Audianus); Liebenam 315 Anm. 1; Mau 415; Moeller 153f. Iucundus in beiden Funktionen: Beard 245 (Steuerpächter für Weideland und Marktstand, Pächter/Bewirtschafter des fundus Audianus und der Walkerei(en); Andreau 69f. hält beide Funktionen für möglich, fügt aber unscharf hinzu, Iucundus sei mehr Steuerpächter als Pächter gewesen.
64 Mommsen Hermes 123ff. – Plinius ep. 7, 18 und CIL X 5853 (Inschrift aus Ferentinum in Latium).
65 Weitere Erklärungen z.B.: Huschke 176 und 209 ergänzte zu [vectigal] avitum et patritum, sah also darin eine der Stadt als Eigentümerin geschuldete Steuer auf ein Landgut, das für 100 oder mehr Jahre ohne Dazwischenkunft eines manceps in fester Summe ausgegeben war und vom Großvater auf Kind und Kindeskinder überging – ähnlich Etienne 177: Es handle sich um eine der Stadt geschuldete Steuer für das Nutzungsrecht eines auf Lebzeiten gemieteten ager vectigalis – anders Kniep Societas 401ff., der in avitum ein Verzeichnis sah, in das der Stadt geschenkte, dann verpachtete Grundstücke eingetragen waren, die auf Söhne und Enkel übergingen und deren Pachterlöse zu festgelegten Zwecken zu verwenden waren.
66 Gröschler Urkunden 58.
67 Zu diesem Anspruch Jongman 16f. polemisch: Historiography cannot and should not be the endless succession of each generation’s own story telling – ancient historians have a proud tradition to uphold, a tradition of meticulous care with their few remaining sources – the widespread sentiment that anything written in Greek or Latin is somehow privileged, exempt from normal canons of evaluation – progress is possible through rigorous techniques of evaluation of the data …, not always easily intelligible to ancient historians.
68 Day, Carrington u.a.m.
69 Della Corte, Andreau, Castrén, Mouritsen, Franklin u.a.m.
70 So Broekaert, W.: Financial experts in a spider web. A social network analysis of the archives of Caecilius Iucundus and the Sulpicii. In: Klio 95 (2013). S. 471–510.
71 Beard 241ff.
72 Della Cortes Arbeiten werden vielfach als methodisch unzulänglich kritisiert; Mouritsen Elections 121: Castrén’s method is purely prosopographical and not onomastic; Jongman 244: it would have been absurd to rely on the onomastic evidence alone.
73 Andreau 23: Les conclusions d’ensemble ne peuvent naître que de ces rigoureuses études de detail. – Andreau 195: Il faut répéter que les recherches …, qui promettent d’être fécondes, sont à leur debuts. – Horstkotte 706: [Die Fragmente …] haben gar nicht genug Substanz, um daran einen schlüssigen Gedankengang mit einem entsprechenden Erkenntnisgewinn im Ergebnis auszubilden … Da bleibt A[ndreau] nichts übrig, als eine völlig spekulative ‚Analyseebene‘ zu betreten …
74 Um zu ermitteln, ob der pompejanische Weinexport im 1. Jh. n. Chr. den gleichen Umfang hatte wie zuvor, versuchte Jongman zu errechnen, wieviel landwirtschaftliche Fläche im pompejanischen Umland nötig war, um die Pompejaner mit Nahrung zu versorgen, und festzustellen, wieviel Fläche daneben noch dem Weinanbau zur Verfügung stand. Seinen Berechnungen legte er Annahmen zugrunde, die allesamt spekulativ sind: durchschnittlicher Nahrungsbedarf eines Pompejaners, Zahl der Einwohner Pompejis, durchschnittlicher Ertrag an Getreide pro landwirtschaftlicher Einheit (Jongman 63–154).
75 Die Typisierung der antiken Stadt als Konsumentenstadt geht auf den Nationalökonom Karl Bücher (1847–1930) zurück. Weber verstand ihn als Idealtyp, der nicht an einzelne Epochen gebunden sei. Vgl. B. Wagner-Hasel, Hundert Jahre Gelehrtenstreit über den Charakter der antiken Wirtschaft. In: Historische Anthropologie. Kultur, Gesellschaft Alltag. 17.2 (2009), S. 178–201.
76 Finley sah auch veränderliche Faktoren: Pachten und Steuern, die außerhalb des städtischen Territoriums erhoben wurden, städtische und ländliche Produktion für den Export, Transporte zu Wasser und besonders übers Meer; für Pompeji sah er diese Faktoren nicht ausgeprägt (Finley 149, 152).
77 Jongman 170: It is my contention that Pompeii was not such a [Weberian] ‘producer city’ – Jongman Loss of innocence 513: In my view, the Pompeian economic does not show signs of economic development or growth.
78 Nach Jongman 505 bevorzugt das archäologische Interesse die großen villae, übersieht dabei aber die kleineren Höfe, die vielleicht eine größere Rolle im Wirtschaftsprozess gespielt hätten.
79 Dickmann 86f.: Pompeji war weder eine reine Konsumenten- noch eine in erster Linie durch Güterproduktion bestimmte Stadt. – Beard 211: Pompeji zeigt Merkmale sowohl des ‚primitiven‘ [statischen] wie auch des ‚modernen‘ [dynamischen] Wirtschaftsmodells. – Die nachfolgende Zusammenfassung orientiert sich weitgehend an Dickmann 78–88. – Siehe auch Anlage 3.
80 Jongman Loss of innocence 514.
81 Der Umfang von Getreide- und Weinproduktion und -export ist umstritten. Jongman Loss of Innocence 504: There is no a priori reason to reject the possibility of major exports of wine, but in that case we must accept that Pompeii needed to import part of its own staple food, and more so, the more is exported wine.
82 Vgl. Plinius Nat. hist. 31, 94 zu garum (Fischsoße) und Cato Agr. 22 u. 135 zu trapetum (Ölpresse).
83 Jashemski 104.
84 Mouritsen Elections 112ff.; weitergehende Differenzierung in: Mouritsen Status 101–106.
85 Castréns Anhaltspunkte 105ff.: Als pompejanische duoviri quinquennales waren 40 n. Chr. Kaiser Caligula und M. Lucretius Epidius Flaccus gewählt, daneben fungierte M. Holconius Macer im Ausnahmeamt eines praefectus iure dicundo; Namen von Amtsträgern der Jahre 41–52 n. Chr. sind nicht bekannt. – Mouritsen 117.
86 Franklin 195: Among the established families, we can discern a wide variety of pattern, from success and reappearance to failure and disappearance.
87 Mouritsen Freedman 226.
88 Näheres in den Erläuterungen zu Tafel 016.
89 Andreau 168ff.
90 Dahlheim, W.: Geschichte der römischen Kaiserzeit. München 32003. S. 185.
91 Andreau 126 tableau 10; 305.
92 Jongman 234, 268.
93 Mouritsen Status 97 u. 99.
94 Unter den Zeugen befanden sich (mit Siegelring ausgestattet?) auch eine Frau (Tafel 024), zwei Sklaven (006, 062) und ein Nicht-Italiker (100).
95 Erstmals Erman ZRG 1899, 190, ausführlich Andreau 86ff. u 179f., zuletzt Broekaert a.a.O. 503.
96 Jongman 272.
97 Broekaert a.a.O. 492.
98 Mouritsen Elections 123: These personal bonds between persons of different or identical social level seem to have played a very important rôle in the maintenance of social stability …
99 Jongman Loss of innocence 504: What is excavated or collected is only a sample of what ever survived … an interpretation of archaeological data what is lost may be more important than what survived.
100 Tafeln 045 u. 100: P. Alfenus Varus aus Nuceria und Ptolemeus Masylli filius Alexandrinus als Anbieter von Leintuch.
101 Andreau 62: … on serait amené à penser à un revenue annuel de quelques milliers de sesterces, 5 à 10.000 environ, peut-être un peu plus, – ce qui correspondrait à un capital de plus de 100.000 sesterces … Mais la plupart des familles de l’ordo possèdent déjà … 150.000 à 200.000 sesterces de capital.
102 Unter ihnen auch Cn. Alleius Nigidius Maius, quinquennalis 55/56 n. Chr., flamen Caesaris Augusti, princeps coloniae (Tafeln 016 u. 077) sowie amtierende bzw. ehemalige duoviri und aediles; M. Fabius Eupor, princeps libertinorum, war siebenmal Zeuge (Tafeln 037, 071, 092, 097, 117, 120), der reiche Weinhändler P. Cornelius Tages fünfmal (Tafeln 067, 076, 101, 113, 115).
103 CIL IV 105, 530, 588, 590, 3473, 3479, 3548, 3657 (duov. cand. 76 oder 77 oder 78 n. Chr.) – Franklin 178: probably a relation of L. Caecilius Iucundus.
104 Della Corte 433–437 – Carrington 113 sieht in L. Caecilius Aphrodisius, einem der drei Verwalter des Landgutes, einen Freigelassenen aus der familia des Iucundus; L. Brittius Eros, Mitverwalter, fungierte als Zeuge in einer der Tafeln des Iucundus (Tafel 096) – abwägende Beurteilung der Indizien bei Andreau 31–33.
105 Erstmals für Pompeji inschriftlich belegt ist die gens Caecilia mit einem Q. Caecilius als quaest. (oder quattuorv.) cand. wohl nach dem Bundesgenossenkrieg, vielleicht noch vor der Koloniegründung (CIL IV 24, 29, 30, 36) – Castrén 144f., Franklin 177.
106 Mommsen CIL X 860 – Eine der Hermen heute im Archäologischen Nationalmuseum Neapel (inv. 110663), die andere gilt als gestohlen – De Franciscis, A.: Il ritratto Romano a Pompei. Neapel 1951. S. 33f. Seine Ansicht, Felix sei Vater des Iucundus gewesen, ist nicht unumstritten.
107 Übersicht über die Kontroversen: Andreau 29–31.
108 Wahlinschrift CIL IV 3433: CEIVM · SECVNDVM | IIVIR · Q · S · CAECILI · IVCVNDI · ROGAM; Zangemeister 277 und Castrén 145 halten Quintus und Sextus für Söhne, Franklin 178 Anm. 96 sieht in ihnen eher Sklaven des Iucundus.
109 L. [Cae]cilius Communis 9. Zeuge in Tafel 082 – L. Caecilius Hermes 6. Zeuge in 018, Veräußerer in 051, 8. Zeuge in 069 – Q. Caecilius Attalus 3. Zeuge in 007, 6. Zeuge in 048, 9. Zeuge in 093 – A. Caecilius Philologus 2. Zeuge in 040 – Q. Caecilius Saturninus 4. Zeuge in 073 – Caecilius Chryseros 8. Zeuge in 111.
110 Andreau 44.
111 Andreau 77 und 187ff.
112 Caroline E. Dexter äußert, soweit erkennbar, einzig in der Fachliteratur und ohne epigraphische Belege die Vermutung, Iucundus könne auch Mitglied des ordo geworden sein. Sie stützt ihre Hypothese mit Hinweisen auf die Lex Iulia Municipalis 45 v. Chr. (vgl. Cicero, Ep. ad fam. 6, 18, 1) und Iucundus’ Aufstieg vom Auktionator zum Steuerpächter und Pächter städtischer Besitzungen nach 57 n. Chr. (Dexter 200 u. 238).
113 Andreau 42.
114 Etienne 176f.