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Der Bedeutung des Fundes vom 3. und 5. Juli 1875 im Haus des L. Caecilius Iucundus waren sich die für die Ausgrabungen in Pompeji Verantwortlichen alsbald bewusst. Bereits knapp ein Jahr später legte Giulio De Petra, als Nachfolger Giuseppe Fiorellis seit Mai 1875 Direktor des Museo Nazionale, eine erste Textedition von 127 Quittungstafeln vor, die er zusammen mit Wissenschaftlern des Museums erarbeitet hatte. Theodor Mommsen, zu dieser Zeit bereits als einer der führenden Altertumswissenschaftler etabliert und seit 1876 ausländisches Mitglied der altehrwürdigen Accademia dei Lincei in Rom, lobte die Leistung De Petras als im Wesentlichen zuverlässig, fügte aber hinzu, die editio prima einer Kursivschrift mache stets weitere Bearbeitung nötig.18 Daran beteiligte sich Mommsen selbst, als er 1877, nachdem er die Tafeln selbst in Augenschein genommen hatte, seinem Hermes-Aufsatz Texte von 20 Quittungstafeln anfügte, in die er von August Mau zwischenzeitlich vorgenommene Berichtigungen der Lesung De Petras aufnahm.19 De Petra ergänzte 1879 seine Erstedition mit 22 meist fragmentarisch erhaltenen Quittungstexten.

Der Arbeit an einer umfassenden und gründlichen Neuedition im Rahmen des Corpus Inscriptionum Latinarum unterzog sich auf Anregung Mommsens und im Gedankenaustausch mit ihm, wie Vorwort, Konjekturen und Anmerkungen belegen, Karl Zangemeister, zu dieser Zeit Professor für klassische Philologie und Oberbibliothekar an der Universität Heidelberg. Er hatte in den 1860er Jahren als Mitarbeiter des CIL bereits mehrjährige Aufenthalte in Italien verbracht. Seine 20 Jahre währende mühevolle cura secunda mündete 1898 unter Einbeziehung weiterer vier Fragmente in die Edition von 153 Quittungstafeln. Bei seinen Vorarbeiten in Neapel konnte er auf die Unterstützung durch De Petra und Papyrologen des Museums bauen. Sie stellten ihm die von ihnen bereits gefertigten Abzeichnungen zur Verfügung und gestatteten ihm, diese gemäß seiner Lesung zu korrigieren.20 Auf Vermittlung Mommsens erlaubte De Petra im Zusammenwirken mit dem königlichen Ministerium in Rom Zangemeister sogar, 31 Tafeln im November 1877 über die Alpen mit nach Heidelberg zu nehmen21, wo er sich größere Ruhe für Arbeiten an besonders schwer zu entziffernden Tafeln erhoffte. Die Hoffnung trog allerdings, die Lichtverhältnisse nördlich der Alpen ließen anders als unter neapolitanischer Sonne ein sicheres Entdecken und Lesen von Buchstaben nicht zu. Im April 1878 brachte er die Tafeln nach Neapel zurück. Ein weiterer Arbeitsaufenthalt in Neapel folgte 1885. Zuvor und danach erledigte er den größten Teil der Editionsarbeiten bis hin zur Drucklegung neben seiner Bibliothekstätigkeit in Heidelberg.22

Die Edition Zangemeisters erfuhr und erfährt immer noch höchstes Lob von allen Seiten.23 Sie präsentiert genaueste Abzeichnungen von 62 Tafeln und brachte zahlreiche und wesentliche Verbesserungen und Ergänzungen zur Textedition De Petras. Sie ist noch heute unverzichtbare Grundlage jeder wissenschaftlichen Beschäftigung mit den Quittungstafeln des Iucundus.

Karl Georg Bruns hatte die Textgestaltung von 19 Tafeln, die er bereits 1879 in die 4. Auflage seiner Sammlung Fontes Iuris Romani aufnahm, noch an der Edition De Petras und den Berichtigungen von Mau und Mommsen orientieren müssen. In die 7. Auflage dieser Quellensammlung, von Otto Gradenwitz, Jurist und Papyrologe, bearbeitet und 1909 ediert, flossen dann Ergebnisse der Arbeiten Zangemeisters ein. Ebenso wie Bruns/Gradenwitz beschränkte sich Vincenzo Arangio-Ruiz, einer der führenden italienischen Rechtshistoriker des letzten Jahrhunderts, 1943 auf eine Teiledition: Er nahm Texte von 20 Quittungstafeln mit kritischem Apparat in die Quellensammlung Fontes Iuris Romani Antejustiniani auf. Seine Lesevarianten weichen nur geringfügig und in keinem Fall substantiell von Zangemeisters Edition ab. Hinzu gekommen sind im Rahmen wissenschaftlicher Veröffentlichungen textkritische Untersuchungen zu einzelnen Tafeln.24

Lob für die Leistung Zangemeisters mag auch darin gesehen werden, dass nach Arangio-Ruiz niemand mehr eine kritische Gesamt- oder Teiledition unternommen hat. Jean Andreau verzichtete in seiner umfangreichen Untersuchung zu den Quittungstafeln auf eine eigenständige Textedition der im Anhang seines Werkes dargebotenen 31 Quittungstexte und folgte den Editionen von Zangemeister und Arangio-Ruiz.25

Auch derzeit ist, soweit erkennbar, eine Neuedition, zu erarbeiten etwa mit den Möglichkeiten moderner Infrarot-Technik, nicht in Sicht.26 Angesichts der vielen von Zangemeister selbst aufgezeigten unsicher zu lesenden Textstellen wäre eine neue Gesamtedition prinzipiell sinnvoll. Fast anderthalb Jahrhunderte nach dem Auffinden der Wachstafeln stellt sich freilich die Frage, ob ihr Erhaltungszustand eine gründliche Neubearbeitung zulässt. Abzuschätzen wäre auch, ob dabei Erkenntnisse, die wesentlich über die Lesarten Zangemeisters hinausgehen, noch zu erwarten sind. So lagern die Täfelchen mit den handschriftlichen Aufzeichnungen des L. Caecilius Iucundus bzw. seines Schreibers sowie seiner Geschäftspartner und zweier städtischer Sklaven, einzigartig authentische Quellen, im Archäologischen Nationalmuseum Neapel, einzeln in kleinen Holzkisten verschlossen aufbewahrt, abgestellt in der numismatischen Abteilung des Museums.27 Nur hin und wieder werden einzelne besonders gut erhaltene Täfelchen aus dem neapolitanischen Fundus auf Pompeji gewidmeten Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Pompejanischen Quittungstafeln des L. Caecilius Iucundus

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