Читать книгу TinaRainford - Группа авторов - Страница 11
ОглавлениеMeinen allerersten Flug hatte ich überstanden und in Köln am Flughafen wartete schon ein Wagen der Firma "Elektrola" auf mich - eine große Limousine mit einem Chauffeur, der mich zu den Studios im Maarweg brachte. Dort empfing mich der damalige Chef, Nils Nobach, und zeigte mir den großen Aufnahmeraum, in dem ich mir recht winzig und verloren vorkam. Irritiert war ich vor allem, weil der große Chef, Herr Nobach, am Mischpult eingeschlafen war. Das war nicht gerade ermutigend für mich. Aber die Arbeit klappte. Schon damals war ich schnell und sicher im Einsingen, und so gingen die Aufnahmen zügig voran.
Jedenfalls kam ich mir vor wie eine große Dame, zumal ich auch im Dom-Hotel, dem besten Haus am Platze, untergebracht war. Man hatte wirklich keine Kosten und Mühe gescheut. Nur wusste ich gar nicht, wie man sich in so einem großen und feinen Haus verhält. Die Angst, etwas falsch zu machen, war so groß, dass ich beschloss, auf dem Zimmer zu frühstücken. Ich habe mir fast alles bestellt, was das Haus zu bieten hatte, ohne es auch nur annähernd verzehren zu können. Mit der großen Limousine wurde ich auch wieder zum Flughafen gebracht und heim ging`s nach Berlin.
Nun hatte also meine erste Platte aufgenommen und träumte davon, ebenso wie Drafi schon bald in den Hitparaden aufzutauchen. Ungeduldig wartete ich, bis die ersehnte "Erste" endlich kam und war furchtbar enttäuscht. Auf dem Cover war ein tolles Fotomodell zu sehen, und die Sängerin hieß Peggy Peters. Die Stimme war allerdings meine eigene. Wutentbrannt fuhr ich zu Gazes Büro, wo man mir nun versicherte, ich sei von heute an nur noch Peggy Peters, und die Sache mit dem fremden Mädchen auf dem Cover wäre ganz normal und würde des öfteren so gehandhabt. Schließlich würde das ja niemand bemerken, da man mich noch nicht kennen würde. Nun ja, jetzt war ich also Peggy Peters und bestand als erstes darauf, dass bei der nächsten Single ein Bild von mir persönlich auf der Hülle zu finden war.
Meine Eltern konnte ich überzeugen, die Lehre im Friseursalon aufzugeben, zumal mir Heino Gaze angeboten hatte, bei ihm Gesangsunterricht zu nehmen und die restliche Zeit Fräulein Engel im Büro zu helfen.
Tagsüber arbeitete also Peggy Peters nun im Büro von Heino Gaze oder übte sich im Gesang. Abends war dann meine große Zeit, und ich stand mit meinen eigenen Musikern auf den Berliner Bühnen der Beatclubs.
Die Gesangsstunden bei Heino Gaze waren Lehrstunden der Extraklasse. Er arbeitete nur mit Leuten, von denen er wirklich überzeugt war - ein Grund für mich, stolz zu sein. Von meinen damaligen Kollegen haben alle Karriere gemacht, immer noch blendend im Geschäft sind Reinhard Mey und Katja Ebstein. Bei Heino Gaze habe ich meinen Beruf gründlich gelernt, ich sang für ihn seine Kompositionen als Demos ein, die er anschließend bei Plattenfirmen für andere Interpreten anbot. Meine Spezialität als 16-jährige waren übrigens frivole Chansons. Die habe ich wirklich gern gesungen, ohne eigentlich zu verstehen, was ich sang.
Denn bis zu diesem Zeitpunkt gab es weder die Liebe, geschweige denn irgendetwas Frivoles in meinem Leben.
Das sollte sich nun aber ändern, als ich den langen Uli kennen lernte. Fast zwei Meter groß und rothaarig. Uli spielte in meiner Band mit und zeichnete sich eigentlich dadurch aus, dass er auf meine naiven Annäherungsversuche überhaupt nicht reagierte. Das schien mich jedenfalls besonders gereizt zu haben, und so setzte ich alles darauf an, dass Uli der erste Mann in meinem Leben sein sollte. Nach monatelangem vergeblichem Mühen und unter Aufbietung aller mir zur Verfügung stehenden Verführungskünste hatte ich es eines Abends dann doch geschafft. Nun war ich endlich "im Club" und fühlte mich wohl als feste Freundin. Uli blieb aber immer etwas unterkühlt und fast distanziert.
Das Wichtigste für mich war aber erst einmal die Karriere und mein Leben als Peggy Peters. Mit dem Titel "Keine Schule mehr" hatten wir wohl die richtige Wahl getroffen, er lief zwar bei einigen Rundfunkanstalten, wurde aber z.B. vom Bayerischen Rundfunk auf den Index gesetzt. Zur gleichen Zeit kam nämlich "Ich geh noch zur Schule" von der ebenfalls aus Berlin stammenden Sängerin Manuela auf den Markt, der das Schülerleben verherrlichte. Manuela hatte mit "Schuld war nur der Bossa Nova" einen Riesenhit gelandet und galt als erfolgreichste Sängerin des Jahres. Da konnte ich noch so überzeugend "Keine Schule mehr, wie schön das wär..." trällern - gegen so viel positive Einstellung zum Schulbesuch kam ich mit meinem Erstlingswerk einfach nicht an. Außerdem war Manuela einfach zu süß mit ihrem kurzen Röckchen und den Stiefelchen. Sie verkörperte den Typ Teenager, auf den man damals Mitte der 60er Jahre gewartet hatte. Allerdings hätte ihr eine Gesangsausbildung bei Heino Gaze nicht geschadet, ihr Stimmchen war recht dünn, aber sie strotzte vor Selbstbewusstsein. Sogar Drafi wurde von seiner Plattenfirma dazu verdonnert, mit ihr Duett zu singen. "Die goldene Zeit ist vorbei" hieß ihr gemeinsamer Titel und schaffte es selbstverständlich auch in die Hitparaden und auf das Titelblatt der BRAVO, während ich noch weitere wenig erfolgreiche Titel aufnehmen musste wie "Java Boy", "Aus" oder "Ich setze alles auf eine Karte". "Nimm dich acht vor bösen Buben" wurde von Hans Blum komponiert, der die Aufnahmen im Studio betreute und zu dem sich ein ganz herzliches Verhältnis entwickelte. Ganz so schlecht müssen diese Lieder aber nicht gewesen sein, immerhin laufen sie heute noch manchmal im Radio, nach vierzig Jahren.
Doch wer weiß schon, was aus der kleinen Peggy Peters wurde?
Die lernte jedenfalls fleißig weiter ihre Lieder und Interpretationen bei Heino Gaze, der trotz der nicht übermäßigen Erfolge der ersten Singles weiterhin fest an sie glaubte. Genau wie auch Heinos Frau Sonja, die eigentlich Senta hieß und aus Russland stammte. Dort wurde sie zur Ballerina ausgebildet und später an eine amerikanische Tanztruppe verkauft. Irgendwie hatte Heino sie bei einem ihrer Gastspiele kennen gelernt und flugs geheiratet. Sonja war eine dominante, rötlich-blonde Frau, sehr groß und sehr schlank, die ihre Figur meistens in maßgeschneiderten Herrenanzügen zur Geltung brachte. Sonja verfügte über einen ausgezeichneten stilistischen Geschmack, und auch ich wurde von ihr "neu erfunden". Der Job einer Stylistin wäre absolut ihr Ding gewesen.
Zu dieser Zeit versprachen neu eingesungene Hits für Billigverkäufe erfolgreich zu sein. Immerhin kam ich so zu meinem ersten Fernsehauftritt mit dem Titel "Wenn ich ein Junge wär" von der damals gleichaltrigen Italienerin Rita Pavone. Es gab also eine eigene Version von mir, die dem Fernsehen angeboten wurde, und tatsächlich bissen sie auch an, wahrscheinlich, weil die Originalsängerin zu dem Zeitpunkt verhindert war. So durfte ich nach München fliegen. natürlich ganz von Sonja Gaze durchgestylt, in einer Karottenhose - so wie auch Rita Pavone sie trug - und mit dunklem, kurz geschnittenen Haar. Das wurde allerdings eine Woche später auf hellblond getrimmt, weil dunkel nicht zu mir passte. Das Sonja-Gaze-Hellblond ist auch heute noch meine Haarfarbe.
Jedenfalls hatte ich nun meine ersten Fernsehauftritt, zwar mit einem fremden Titel - dafür aber mit einem netten jungen Mann als Partner namens Ted Herold, der mich am Ende meines Liedes auf dem Moped mitnehmen sollte. Der gute Ted wusste allerdings nicht, wie er mit dem Moped umgehen sollte. Ich musste ihm zeigen, wie das funktioniert - schließlich war ich immer von Jungs mit ihren Mopeds umgeben. "Wenn ich ein Junge wär,... mit einem Motorrad, ... dann wäre ich bekannt, bald in der ganzen Stadt". - So weit war es bei mir nicht, aber es ging voran.