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„Wenn Du jetzt keinen Mist baust, mach ich auch keinen“
ОглавлениеAuch beim improvisierten Elchtest auf freier Fläche wird schnell klar, dass die beiden lascheren Einstellungen mehr Nach- als Vorteile bieten. Schnelle Lenkradbewegungen kann der Koreaner so nur mühsam umsetzen. Er kippt natürlich nicht, aber schaukelt und fordert vehement die Hilfe der Fahrassistenten ein. Die Sportlenkung hingegen macht sogar auf Schnee eine gute Figur, ergänzt sich blendend mit der wohlig spät eingreifenden Traktionskontrolle. Da ist sogar ein perfektes „S“ im Preis inbegriffen.
Der Cee'd in seinem Element: Wasser, Aggregatzustand gefroren. Auf Schnee ist der Koreaner eine Bank, fährt sicher und präzise, gräbt, gleitet und rutscht wie man es erwartet. Der Frontantrieb spielt immer mit, die gut eingestellte Traktionskontrolle lässt das Heck nicht im Regen stehen. Auch wenn letzte ausgeschaltet ist, wird der Wagen nicht unbeherrschbar. Das ist einfach top.
Quelle: Sebastian Schaal
Was der Cee’d also wirklich gut kann, ist einem das Gefühl von Sicherheit und Kontrolle vermitteln. Er sagt „wenn Du jetzt keinen Mist baust, mach ich auch keinen.“ Und verbindet das Ganze mit einer Stufe von Fahrkomfort, die sicherlich am oberen Ende der Kompaktklassenskala liegt. Die Variante bietet furchtbar viele Extras, die kein Mensch zum Autofahren braucht. Aber es sind solche Extras, die das Autofahren um einiges angenehmer machen können. Diese Entscheidung ist letztlich jedem selbst überlassen.
So zum Beispiel die Rückfahrkamera, die zwar unter winterlicher Verschmutzung leidet, aber gerade im Stockdunklen großartige Dienste leistet. Oder gar der Einpark-Assistent, der auch kleine Lücken erkennt und perfekt ansteuert. Überall stimmen die Details, von der Grundausstattung bis hin zum Luxusaccessoire, von der Lenkradgröße bis zum Audiosystem. Man merkt, dass sich hier einige Leute einfach von vorne bis hinten Gedanken gemacht haben. Kurzum: Der günstige Golf wirkt einfach nicht billig.
Im Winter werden die Teilledersitze durch eine Heizung erträglich. Sie fügen sich perfekt ins Interieur. Die verschiedensten Einstellungsmöglichkeiten (vor, zurück, oben, unten, kippen, neigen, Lendenwirbel stützen) machen es wirklich jedem Recht. Auch das Lenkrad ist höhenverstellbar.
Quelle: Sebastian Schaal
Dazu zählt auch die Frontscheibe, die zu einem regelrechten Horizont angewachsen ist. Die Erkenntnis kommt erst spät, aber sie kommt: da der Dachhimmel nicht im Blickfeld des Fahrers ist, wirkt der Wagen ungleich übersichtlicher, offener als andere Modelle. Gerade nachts hat das seine Vorteile.
Und dann diese Optik. Damit verspricht der Cee’d effektiv mehr, als er halten kann. Aber er sieht schlichtweg gut aus. Der böse Blick, die Fledermausnase, die zum Heck hin nach oben schwingende Linie – das hat Klasse.
Natürlich ist der Cee’d ein Konsensautomobil. Er will es jedem potenziellen Käufer Recht machen, Männer, Frauen, Singles, Familien und Sportler anziehen. Genau, was der Golf will. Die Kompaktklasse ist nun einmal der Tummelplatz der Autos ohne Eigenschaften. Da fehlt der Mut, Dinge falsch zu machen, mal etwas zu riskieren. Und das ist vielleicht das einzige, was man dem Wagen vorwerfen kann.
Fazit: Liebe mich. Um jeden Preis. Der Kia Cee’d kommt mit einer unterwürfigen Grundhaltung daher, wie ich sie bei kaum einem Auto bisher erlebt habe. Er verneigt sich beim reinkommen, weist höflich darauf hin, wenn etwas leider nicht machbar ist und ist darüber hinaus bemüht, einem jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Ich komme mit devoter Grundhaltung nicht sonderlich gut klar, das alte Prinzip, ob man nun Hunde oder Katzen mag. Ich bevorzuge in der Regel Vehikel mit eigenem Charakter, mit Ecken, Kanten und Herausforderungen.
Auch, wenn sich im Outfit des Brandstifters ein kleiner Biedermann verbirgt: Wenn man die kleinen Macken des Wagens akzeptiert, ist der Cee'd ein Gefährt, dass Spaß und Komfort verbindet. Für Sportler ist er natürlich nichts. Aber als Golf-Konkurrent im Verhältnis von Preis-Leistung und Qualität eine echte Ansage.
Quelle: Sebastian Schaal
Der Cee’d lässt mich ein Stück weit zum Hundefreund werden. Ich habe seine Zuverlässigkeit, seine treue und Berechenbarkeit schätzen gelernt. Dass er ausgerechnet seine Krallen zeigt, wenn man ihm beibringen will, sich wie ein Sportler zu verhalten, ist mehr Anreiz denn Ärgernis. Der Kia ist ein grundsolides Auto, was niemandem wehtut und dem wahrscheinlich auch nicht zehn Jahre später jemand wehmütig hinterher trauert.
Aber er kann Herrchen oder Frauchen auch einfach nicht enttäuschen, hat sieben Service und Garantie inklusive und kostet weniger als vergleichbare Modelle. Als Golf-Jäger hat der Kia mehr als nur eine Duftmarke gesetzt. Und wenn über eine Neuanschaffung in der Kompaktklasse nachgedacht wird, wäre es fahrlässig, den Cee’d nicht mit in die Überlegungen einzubeziehen.
Heckwertig liegt der Wagen voll im Soll. 380 Liter Nutzvolumen sind zwar eher an der unteren Grenze in der Klasse, die geteilten Rückbänke geben aber Spielraum. Allerdings: reisen vier Personen, wird es allmählich knapp.
Quelle: Sebastian Schaal