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Samstag, 20. August 2050: Friesenhaus auf Fitnesskur

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06.00 Uhr. Aus den Lautsprechern des Nachttischs erklingt leise Mozarts kleine Nachtmusik. Die Melodie schleicht sich in Jan Janssens Träume, während das Schlafzimmer langsam in rötliches, dann in helleres Licht getaucht wird. Jan hat die Zimmerdecke mit einer hauchdünnen Schicht organischer Leuchtdioden überziehen lassen, die ihm pünktlich zur Weckzeit einen gefühlten Sonnenaufgang bescheren. Jan blinzelt kurz und dreht sich noch einmal um. Doch nicht nur die zunehmende Helligkeit stört seinen Schlummer, sondern auch das Streichorchester meint es ernst. Unerbittlich steigert sich die Lautstärke der Musik mit einer unüberhörbaren Botschaft: aufstehen! Jan gähnt und reibt sich die Augen. Die andere Hälfte des Doppelbettes ist verlassen, stellt er fest, Hanna ist bereits aufgestanden. Sie ist eine echte Frühaufsteherin – ganz im Gegensatz zu Jan. Er klatscht kurz in die Hände, die Streicher verstummen. Dann überlegt er es sich noch einmal anders, schnippt mit den Fingern und sagt: „Beatles“. Aus den Lautsprechern schallt ein aktueller Remix von „Good Day Sunshine“. Den Hit aus dem Jahr 1966 kennt Jan in- und auswendig, es ist ein Lieblingssong seines Vaters Martin Janssen – allerdings nur in der Ursprungsversion. Martin blieb sogar seinen Beatles- und Rolling-Stones-Schallplatten noch lange treu, als die Plattenspieler andernorts CD-Playern und USB-Sticks wichen. Für Jan sind die Hits als Kindheitserinnerungen fest verbunden mit seinem Elternhaus, das er vor Jahren übernommen und grundlegend modernisiert hat.

Während er ins Bad schlurft, sinniert Jan darüber, warum wohl gerade die Beatles bei Jugendlichen aktuell wieder so angesagt sind. Schließlich stammen die Hits aus dem vergangenen Jahrhundert, sind also schon fast klassische Musik … Aus dem Spiegel schaut ihm ein verschlafener Mann entgegen, gut 60, unrasiert, die Haare zerzaust. „Kriech doch noch mal unter die Decke, nur ein Viertelstündchen …“, scheint sein Spiegelbild ihm anzuraten. Jan hadert kurz mit sich, bis sein Blick auf das Display am rechten Spiegelrand fällt: „Schulwechsel Keno, Beginn: 10 Uhr“, leuchtet es dort kurz und knapp. Sein Enkelsohn Keno besucht ab heute die weiterführende Zweitschule. Im Geiste sieht er den elfjährigen Blondschopf vor sich. Sein Spiegelbild beginnt, breit zu lächeln, und sieht jetzt tatsächlich fast wach aus. Jan freut sich darüber, dass sein Sohn Joost und seine Schwiegertochter Frauke ihrem Kind ebenfalls einen alten ostfriesischen Namen gegeben haben. Regionaltypisches liegt 2050 voll im Trend – von traditionellen Namen bis zu regionalen Gerichten und Bräuchen. Jan findet diese anhaltende „Retrowelle“ einerseits gut, andererseits verwunderlich, da doch zumindest virtuell jedem die ganze Welt nahezu grenzenlos offensteht. Aber vielleicht ist eben das der tiefere Grund für die Rückbesinnung auf – im wahrsten Sinne des Wortes – Naheliegendes.

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