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I. Begriff, Entstehung und Typen von Sonderabgaben

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Sonderabgaben stellen eine prätorische Rechtsschöpfung des Bundesverfassungsgerichts dar. In Anknüpfung an Vorarbeiten von Peter Selmer[532], Reinhard Mußgnug[533] und Karl Heinrich Friauf[534] arbeitet das Bundesverfassungsgericht im Urteil zur Ausbildungsplatzförderungsabgabe[535] eine Begrifflichkeit heraus, die bis in die jüngsten Entscheidungen zu vergleichbaren Problemen fortwirkt[536]. Charakteristika der Sonderabgaben liegen namentlich darin, dass sie einem von der Allgemeinheit der Steuerzahler gesonderten Personenkreis auferlegt werden und in einen Fonds fließen, mithin in aller Regel haushaltsflüchtig sind.

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Sonderabgaben lassen sich als eigenständiger, verfassungsrechtlicher Abgabentyp einordnen. Sie sind nicht lediglich Auffangbecken für finanzverfassungsrechtlich anderweitig nicht qualifizierbare Abgaben[537]. Dies stellt das Bundesverfassungsgericht in der (ersten) Entscheidung zum Absatzfondsgesetz[538] klar. Die Sonderabgabe ist idealtypisch von anderen Abgabenarten abgrenzbar, auch wenn die finanzverfassungsrechtliche Qualifizierung von Abgaben in der Rechtsanwendung oft Schwierigkeiten bereitet. Mangels staatlicher Gegenleistung handelt es sich jedenfalls nicht um eine Vorzugslast. Von der Steuer unterscheidet sich die Sonderabgabe dadurch, dass ihr Belastungsgrund nicht das Leistungsfähigkeitsprinzip, sondern die Gruppenverantwortlichkeit für einen speziellen Finanzierungszweck ist. Weiterhin sind die Elemente der Zweckbindung und Fondsverwaltung der Steuer fremd[539]. Im Gegensatz zu den Sozialversicherungsbeiträgen handelt es sich nicht um eine Abgabe mit spezifischem Bezug zur Sachmaterie „Sozialversicherung“ im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG.

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Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet zwischen Sonderabgaben mit Finanzierungszweck, bei denen die Finanzierungsfunktion Haupt- oder Nebenzweck sein kann, und sog. Ausgleichsabgaben eigener Art, welche keinen Finanzierungszweck verfolgen[540]. Innerhalb der Sonderabgaben unterscheidet das Gericht zwischen Ausgleichs-Finanzierungsabgaben als „Sonderabgaben im engeren Sinn“ und Ausgleichsabgaben ohne Finanzierungszweck, also Sonderabgaben mit Lenkungsfunktion[541]. Hierbei wird man mit Rainer Wernsmann differenzieren müssen: Die Tatsache allein, dass überhaupt ein Abgabenaufkommen erzielt wird, führt nicht zu einer Finanzierungssonderabgabe, denn die Verhaltenslenkung ist praktisch immer mit einem Abgabenaufkommen zumindest in der Anfangsphase verbunden (dies gälte selbst für die sog. Erdrosselungssteuern). Derartige Abgaben ließen sich am ehesten mit Bußgeldern und Geldstrafen sowie Säumniszuschlägen vergleichen, deren Funktion ebenfalls nicht in der Einnahmeerzielung, sondern in der Sanktionierung unerwünschten Verhaltens liegt. Sollen demgegenüber neben etwaigen Lenkungszwecken auch zweckgebundene Einnahmen, etwa zur Speisung eines Fonds, erzielt werden, handelt es sich um Finanzierungssonderabgaben[542]. Die Rechtfertigungsanforderungen sind je nach Sonderabgaben-Typus unterschiedlich streng[543].

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