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b) Fachaufsicht

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Die Fachaufsicht – in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen Sonderaufsicht genannt – hat die Aufgabe, die Gemeinden bei der Erfüllung der ihnen übertragenen staatlichen Aufgaben bzw. der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung zu überwachen. Dabei geht der Aufgabendualismus von einem grundsätzlich unbegrenzten Weisungsrecht aus, wohingegen der Aufgabenmonismus ein aufgabenspezifisch statuiertes Weisungsrecht verlangt[301]. Die Fach- oder Sonderaufsicht verfolgt demnach den Zweck, die Gemeinde im übertragenen Aufgabenbereich in die allgemeine Staatsverwaltung einzubinden und die Letztverantwortung für die Aufgabenerfüllung dem Staat zu erhalten[302]. Kraft seiner fortbestehenden Grundzuständigkeit hat der Staat als Auftraggeber das Recht der fachlichen Lenkung[303]. Im Gegensatz zur Kommunalaufsicht steht dem Staat im Rahmen der Fachaufsicht deshalb auch die Zweckmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Erfüllung der staatlichen Aufgaben durch die Kommunen zu[304]. Grundsätzlich bleibt die organisatorische und personelle Gestaltung des Verwaltungsbetriebs der eigenverantwortlichen Entscheidung der Kommune überlassen[305].

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Die Kommunalordnungen enthalten nur rudimentäre und durchweg auf andere Rechtsgrundlagen verweisende Aussagen darüber, wie und von welcher Behörde die Fachaufsicht auszuüben ist[306]. Das hat seinen Grund darin, dass je nach spezieller gesetzlicher Regelung die Fachaufsicht bei unterschiedlichen Behörden liegt[307].

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Das charakteristische Aufsichtsmittel der Fachaufsicht ist die Weisung. Mit dem Instrument der Weisung können sowohl das künftige Verhalten gelenkt als auch bereits erfolgte Maßnahmen korrigiert und aufgehoben werden. Das Weisungsrecht umfasst die Befugnis, den Kommunen im Voraus für die Behandlung von Einzelfällen oder bestimmter Fallgruppen Anordnungen oder Richtlinien zu erteilen[308] und/oder nachträglich die Aufhebung oder Änderung kommunaler Beschlüsse zu verlangen[309]. Um das Recht, Weisungen zu erteilen, rechtstatsächlich zu unterfüttern, hat die Fachaufsichtsbehörde ein umfassendes Informationsrecht, welches in den meisten Gemeindeordnungen ausdrücklich garantiert wird[310]. Außer dem Weisungs- und dem Informationsrecht stehen den Fachaufsichtsbehörden grundsätzlich keine weitergehenden Befugnisse zur Erzwingung ihrer Weisungen zu[311]. Ausnahmsweise wird ihnen ein Selbsteintrittsrecht (vgl. §§ 18 Abs. 1 i.V.m. 16 Abs. 3 LVwG SH) oder das Recht, zur Ersetzung einer rechtswidrigen gemeindlichen Entscheidung verliehen (vgl. § 36 Abs. 2 S. 3 BauGB). Da jedoch auch fachaufsichtliche Weisungen ggf. der zwangsweisen Durchsetzung bedürfen, können – und müssen – sich die Fachaufsichtsbehörden der Amtshilfe der Kommunalaufsichtsbehörden bedienen[312].

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Rechtsschutz der Gemeinden gegen fachaufsichtliche Maßnahmen ist nicht von vornherein ausgeschlossen, weil das Merkmal der „Streitigkeit“ im Sinne der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO grundsätzlich alle streitbefangenen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisse nichtverfassungsrechtlicher Art erfasst. Der Streit einer Gemeinde mit einer Behörde der Fachaufsicht ist nach Maßgabe des öffentlichen Rechts zu beurteilen und auch nichtverfassungsrechtlicher Art ist, weil es sich bei den Gemeinden um Verwaltungsträger handelt[313]. Die in Rede stehende Handlungsform hat keine Bedeutung mehr für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, sondern entscheidet erst und nur über die Art und Weise des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Die statthafte Klageart richtet sich mithin nach der Qualifizierung der Weisung. Spricht man ihr – mangels Außenwirkung[314] – die Natur eines Verwaltungsakts ab[315], scheidet die Anfechtungsklage aus und kann allein die allgemeine Leistungsklage statthaft sein[316]. Eine Außenwirkung und damit die Möglichkeit der Anfechtungsklage nimmt die Rechtsprechung aber ausnahmsweise dann an, wenn eine Maßnahme der Fachaufsicht Auswirkungen auf den durch das Selbstverwaltungsrecht geschützten eigenen Wirkungskreis entfaltet[317].

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Unabhängig von der Klageart setzt die Klagebefugnis die Geltendmachung der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte voraus. In Ländern, die einem monistischen Aufgabenmodell folgen, stellt schon die Statuierung des Weisungsrechts an sich einen – abstrakt gerechtfertigten – Eingriff in den gemeindlichen Wirkungskreis dar, so dass die Gemeinde auf der Basis ihrer Selbstverwaltungsgarantie gerichtlich überprüfen lassen kann, ob sich die konkrete Aufsichtsmaßnahme im Rahmen der Weisungsbefugnisse hält oder gesetzlich nicht gedeckt die Selbstverwaltungsgarantie beeinträchtigt[318]. Demgegenüber scheidet eine landesrechtliche Aufgabenverteilung nach dem dualistischen Aufgabenmodell die Rechtssphären voneinander. Da die Weisung die Fremdaufgaben betrifft, muss die Gemeinde im Einzelfall substantiiert dartun, dass sie dadurch gleichwohl in gemeindeeigenen Rechte verletzt wird, etwa weil die Weisung das organisatorische Gefüge der Gemeindeverwaltung stört[319]. Jenseits dessen wird einer gemeindlichen Klage selbst dann der Erfolg versagt bleiben, wenn die fachaufsichtliche Maßnahme schlicht rechtswidrig oder unzweckmäßig ist[320].

Zehntes Kapitel Kommunalrecht§ 64 Kommunalverfassung › C. Die Binnenorganisation der Gemeinden

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