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cc) Pflichten

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Den Rechten steht eine Vielzahl von Pflichten gegenüber. Damit „versuchen die Gemeindeordnungen, das für die Selbstverwaltung erwünschte, aber auch prekäre Element eines Entscheidens in geringer Distanz zum Sachvorgang rechtsstaatlich auszubalancieren“[356]. Die Gemeindevertreter müssen ihr Amt uneigennützig und verantwortungsbewusst ausführen[357]. Weitergehende Pflichten der Gemeindevertreter sind insbesondere die Verschwiegenheitspflicht, die Bindung an die Befangenheitsvorschriften und die Treuepflicht[358].

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Die Gemeindevertreter sind über alle Angelegenheiten zur Verschwiegenheit verpflichtet, deren Geheimhaltung gesetzlich vorgeschrieben, besonders angeordnet oder ihrer Natur nach erforderlich ist[359]. Sie dürfen die Kenntnis von geheim zuhaltenden Angelegenheiten nicht unbefugt verwerten[360]. Zu beachten ist, dass die Verschwiegenheitsverpflichtung auch nach Beendigung der ehrenamtlichen Tätigkeit fortbesteht[361]. Sie dient der Erhaltung und der Störungsfreiheit einer öffentlichen, hier kommunalen Verwaltung[362].

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Zweck der Befangenheitsvorschriften[363] ist es, allzu intensive Interessenverflechtungen zu vermeiden und eine ordnungsgemäße Verwaltungsführung zu gewährleisten. Die Schwierigkeit liegt darin, die Grenzlinie tatbestandlich zu bestimmen. Der Gemeindevertreter darf nach den einschlägigen Vorschriften weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst, seinen Familienangehörigen oder einer von ihm kraft Gesetzes oder kraft Vollmacht vertretenen natürlichen oder juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann[364]. Der Begriff des Vor- oder Nachteils ist weit auszulegen, da entsprechend dem Zweck der Vorschrift schon der böse Schein einer Interessenverflechtung verhindert werden soll[365]. Zu verlangen ist danach ein individuelles Sonderinteresse des Gemeindevertreters bzw. einer gesetzlich als ihm nahestehenden Person am Verhandlungsgegenstand[366]. Es reicht bereits die bloße Möglichkeit eines Vor- oder Nachteils aus, weil die Kommunalgesetze nur verlangen, dass die Mitwirkung zu einem Vor- oder Nachteil führen kann. Einschränkend stellen die Gemeindeordnungen darauf ab, dass der Vor- oder Nachteil „unmittelbar“ sein muss. Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat dieses Erfordernis legal definiert, wonach ein Vor- oder Nachteil unmittelbar ist, wenn die Entscheidung eine natürliche oder juristische Person direkt berührt[367]. Nach der niedersächsischen Gemeindeordnung (§ 26 Abs. 1 S. 3) gilt nur derjenige Vor- oder Nachteil als unmittelbar, der sich aus der Entscheidung ergibt, ohne dass weitere Ereignisse eintreten oder Maßnahmen getroffen werden müssen. Die Befangenheitsvorschriften gelten nicht, wenn die Entscheidung nur die gemeinsamen Interessen einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe berührt und bei Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit[368]. Teilweise gilt das Mitwirkungsverbot nicht für die Beratung und Entscheidung über Rechtsnormen[369], womit dann auch die gesamte Bauleitplanung vom Anwendungsbereich ausgenommen wird.

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Rechtsfolge des Mitwirkungsverbotes ist, dass der Gemeindevertreter seine Befangenheit mitzuteilen und den Sitzungsraum zu verlassen hat[370]. Im Streitfall entscheidet die Gemeindevertretung[371]. Nimmt ein eigentlich ausgeschlossenes Gemeinderatsmitglied dennoch an der Sitzung teil, erklären manche Gemeindeordnungen den Beschluss unabhängig vom Stimmenverhältnis für rechtswidrig[372], andere nur dann, wenn der Verstoß für das Abstimmungsergebnis entscheidend war[373]. Kommt eine Satzung unter Verstoß gegen die Befangenheitsvorschriften zustande, kann dieser Verfahrensmangel über die Heilungsvorschrift für Satzungen unbeachtlich werden, wenn er nicht rechtzeitig, d.h. regelmäßig innerhalb eines Jahres, gerügt wird[374]. Im Übrigen statuieren die Befangenheitsvorschriften häufig allgemeine Fehlerfolgenregelungen[375].

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Wird ein tatsächlich nicht Befangener ausgeschlossen, führt dieser Verfahrensfehler bei schlichten Ratsbeschlüssen nach allgemeinen Grundsätzen zur Rechtswidrigkeit und damit im Regelfall zur Unwirksamkeit des Ratsbeschlusses[376]. Nach dem Telos der Befangenheitsvorschriften gilt dies grundsätzlich unabhängig von der Kausalität der Mitwirkung des Ausgeschlossenen für das Zustandekommen des Beschlusses, zumal der Betroffene im Rahmen der Beratung die Entscheidung weiterer Ratsmitglieder beeinflussen kann[377].

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Die Gemeindevertreter haben eine besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde[378]. Mit dieser Treuepflicht ist verbunden, dass sie Ansprüche anderer gegen die Gemeinde nicht geltend machen dürfen, es sei denn, dass sie als gesetzliche Vertreter handeln[379]. Teilweise gilt das sog. kommunale Vertretungsverbot nur insoweit, als die vertretenen Ansprüche mit der ehrenamtlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen[380]. Ob die Voraussetzungen des Vertretungsverbots vorliegen, stellt grundsätzlich der Gemeinderat fest[381]. Durch das Vertretungsverbot soll vermieden werden, dass Gemeindevertreter ihren Einfluss im Gemeinderat ausnutzen, um die Interessen des Dritten zu fördern, und sich damit nicht mehr allein am öffentlichen Wohl orientieren[382]. Das Bundesverfassungsgericht hat die kommunalrechtlichen Vertretungsverbote, die vornehmlich Rechtsanwälte, Architekten und steuerberatende Berufe betreffen, als mit der Berufsfreiheit vereinbar angesehen[383].

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