Читать книгу Handbuch des Verwaltungsrechts - Группа авторов - Страница 41
1. Der Hofrat als Herrschaftsorgan auf der Zentralebene
Оглавление24
Der Hofrat: Entstehung, Zusammensetzung
Die zentrale Regierungs- und Verwaltungsinstitution der deutschen Territorien waren ursprünglich die als Kollegium formierten „Hofräte“, die sich ausgangs des Mittelalters um die Person des Fürsten zu bilden und in der Folge allmählich institutionell zu verfestigen begannen zu einem regelmäßig zusammentretenden Gremium mit kontinuierlichem Mitgliederbestand, reguliertem Verfahren und erkennbarem institutionellem Eigengewicht gegenüber dem persönlichen Regiment des Fürsten.[47] Sie waren zu Beginn der Neuzeit regelmäßig die oberste, unmittelbar dem Fürsten zugeordnete Regierungs- und Verwaltungsinstanz, organisiert nicht nach dem Ressortprinzip, sondern nach dem für die vormodernen Verwaltungsgremien typischen Kollegialprinzip, bei dem sämtliche Mitglieder des Gremiums für alle Sachentscheidungen zuständig waren und gemeinsam in allen Angelegenheiten entschieden. Zunächst stammten die Räte nahezu ausschließlich aus dem Prälaten- und Ritterstand;[48] mit dem Beginn der Neuzeit finden sich zunehmend auch bürgerliche Vertreter im Rat, denen die juristische Qualifikation den Zugang in das höchste Regierungsorgan eröffnet hat. Der regelmäßige persönliche Vorsitz des Landesherrn im Rat trat im Laufe des 16. Jahrhunderts zurück; statt seiner führte seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Kanzler oder der Hofmeister den Vorsitz. Im 18. Jahrhundert trat dann an dessen Stelle der Hofratspräsident.
25
Hofrat: Zuständigkeit
Der Rat erledigte im Prinzip die gesamten Regierungs- und Administrationsaufgaben, soweit sie nicht vom Fürsten persönlich wahrgenommen wurden. Er hatte demzufolge keinen abgrenzbaren Zuständigkeitsbereich im modernen Sinne, vielmehr stand er dem Fürsten ganz generell bei der Regierung und der Ausübung seiner landesherrlichen Rechte und Befugnisse zur Seite und regierte selbst, wo das persönliche Regiment des Landesherrn – etwa im Falle der Abwesenheit oder fürstlichen Desinteresses – endete.
26
Hofrat als Justizinstanz
Das aber bedeutet: Die Funktion der Räte war – ganz in Entsprechung zum Grundcharakter der Politik dieser Zeit – weitgehend jurisdiktionell bestimmt. Ihr Tätigkeitsprofil hob sich nur schwach von demjenigen eines territorialen Obergerichts ab. Das ergibt sich schon daraus, dass das „Regieren“ auch im 16. Jahrhundert noch sehr stark bestimmt war von der Sorge um eine funktionierende Justiz, der Wahrung und Sicherung des Rechts und der Ausübung jurisdiktioneller Funktionen und Kompetenzen. Demgemäß waren die Räte in der Regel zugleich auch ein zentraler Teil der Justizorganisation: Sie fungierten häufig als oberste territoriale Gerichtsinstanzen vor allem auch der Strafrechtspflege, aber auch in Zivilsachen, den „bürgerlichen“ Rechtsstreitigkeiten.[49] Von den Gerichten unterschieden sich die Räte in erster Linie dadurch, dass sie neben den Justizsachen auch für die Policeysachen zuständig waren, denn in den Räten wurden die Policeyordnungen konzipiert und beraten und deren Bekanntmachung und Durchsetzung durch die Verwaltungsinstitutionen vor Ort überwacht. Die beiden Funktionen – diejenige der Rechtsprechung einerseits und der Gesetzgebung einschließlich der Durchsetzungs- und Sanktionierungsfunktion andererseits – blieben bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auch innerhalb des jeweiligen Hofrates ungeschieden.[50]
27
Geheimer Rat
Der stark justizielle Grundzug dieser ältesten Spitzenbehörden hat sich im 17. und 18. Jahrhundert im Zuge der allmählichen Ausdifferenzierung des Behördeninstrumentariums durch Ausgliederung einzelner Zuständigkeiten aus dem Hofrat und Gründung spezieller Verwaltungsgremien sogar noch verstärkt. Vor allem dort, wo es im 17. Jahrhundert zur Einrichtung „Geheimer Räte“ kam, die dann die Rolle des obersten politischen Organs und Gesetzgebungsgremiums übernahmen,[51] blieb dem Hofrat lediglich die Funktion des obersten fürstlichen Gerichts.[52] Umgekehrt waren die „Geheimen Räte“ schon viel weniger für die Rechtsprechung in Parteihändeln, sondern in erster Linie für die „Geheimen Sachen“ zuständig; das waren vor allem Angelegenheiten der Außen-, Militär- und Finanzpolitik.[53]