Читать книгу Fünf nach Zwölf - Eine Momentaufnahme - Götz Grothus - Страница 9
Kapitel 1Apokalyptische Vorboten
ОглавлениеPlastik- und Atommüll, Meeresverschmutzung, Artensterben, Klimawandel und nun auch noch die Corona-Pandemie haben mittlerweile die äußersten Winkel des Planeten erreicht, und deren massive lebensbedrohliche Folgen rücken mehr und mehr in den Fokus und in die Nähe aller Menschen. Aufgrund des immens guten Informationsstandes und des für die meisten sehr guten Informationszuganges wissen immer mehr Menschen um die Entwicklung ihres Lebensumfeldes und verdrängen trotzdem die Konsequenzen, erscheinen gelähmt im Handeln. Und zu viele Wissenschaftler, Journalisten und Politiker tun dazu ihr Übriges: vernebeln, beruhigen, vertrösten und verschieben.
Allein die autistisch veranlagte Greta Thunberg spricht schonungslos das unverantwortliche globale Politikversagen entgegen wissenschaftlich fundiertem Wissen an. Es geht um nichts Geringeres als unsere Zivilisation, respektive Zivilgesellschaft, und deren über kurz oder lang drohendes, unnötig frühes und menschengemachtes Ende, schlicht durch Entzug der Lebensgrundlagen. Und es geht um das Spannungsfeld zwischen Jung und Alt, die jeweiligen (Un-)Verantwortlichkeiten und die (un-)ausgesprochenen Schuldzuweisungen.
Doch was ist mit den „klassischen“ Themen Hungersnot, Krieg und Seuche? Sind das nicht die menschheitsbedrohenden Gefahren, mit denen wir uns schon Jahrtausende erfolgreich herumgeschlagen und aufgrund derer wir uns sogar die Apokalyptischen Reiter ausgedacht haben? Stimmt, aber Hungersnöte, Kämpfe und Seuchen gibt es nicht erst seit dem Erscheinen des Menschen und haben zu allen Zeiten sämtliche Spezies in Wasser, Luft und auf dem Land getroffen, mit der Konsequenz, dass in den letzten 500 Millionen Jahren in mehreren Wellen über 99% aller jemals auf diesem Planeten vorhandenen Flora und Fauna für alle Zeiten verschwunden sind. Diese „Klassischen Drei“ alleine würden aber nicht für das nun drohende und vergleichsweise rasche Verschwinden eines Großteils der Menschheit ausreichen.
Für den Niedergang unserer in großen Teilen humanen Zivilisation werden, neben sehr unwahrscheinlichen Gründen wie der Besuch von Außerirdischen, die oben am Anfang des Kapitels genannten Gründe mit unterschiedlichen Anteilen verantwortlich sein. Das Erreichen des drohenden Endes wird vermutlich, wenn es schlecht läuft, in einigen Jahrzehnten, wenn es gut läuft, in wenigen Jahrhunderten sein.
Wie das im Einzelnen aussehen könnte, wird dem Zuschauer in sehenswerten Filmen gezeigt:
Zum Thema Pandemie: „Outbreak“ (1995), „12 Monkeys“ (1995) und „Contagion“ (2011).
Zum Thema Wetterkatastrophe: „Twister“ (1996).
Zum Thema Klimawandel: „The Day after Tomorrow“ (2004) und “Al Gore - Eine unbequeme Wahrheit” (2007).
Zum Thema „Überbevölkerung und soziale Verwerfungen“: „Geburten verboten (Z.P.G.)“ (1972), „Die Klapperschlange“ (1981) und „What Happened to Monday“ (2017).
Daneben gibt es auch menschheitsgefährdende Ereignisse, die zwar denkbar, aber sehr unwahrscheinlich sind, und daher im Bereich des Genres Science-Fiction angesiedelt sind. Sie sorgen für großes Unbehagen und sind doch schön anzuschauen:
Zum Thema Außerirdische: „Independence Day“ (1996), „Deep Impact“ (1998) und „Armageddon“ (1998).
Zum Thema Supervulkane: „Volcano“ (1997) und „Dante´s Peak“ (1997).
Zum Thema „Super-Sonneneruption und die Folgen für die Erde“: „2012“ (2009).
Hier die apokalyptischen Reiter-Begleiter von Hungersnot, Krieg und Seuche - alles hängt mit allem zusammen:
-Weltweite Extremwetterereignisse. Die wichtigste Ursache ist der menschenverursachte Anteil am Klimawandel (wissenschaftlich anerkannt sind derzeit ca. 75%).
-Ungewöhnlich große Hungersnöte. Die wichtigsten Ursachen sind zunehmende Klimazonenverschiebungen und Versteppungen, mehr Extremwetterereignisse, Überbevölkerung und (Bürger-)Kriege.
-Flüchtlingsbewegungen. Die Ursachen sind Umweltverschmutzung, Hungersnöte und (Bürger-)Kriege.
-Abschottungen von Staaten und Kontinenten durch neue Grenzzäune (USA - Mexiko) und durch Grenzschließungen (Europa gegen u.a. Nordafrika). Die Ursachen sind massive Flüchtlingsbewegungen.
-Ungerechte Kapitalverteilung. Die Ursachen sind in weiten Teilen der Erde sehr weit auseinanderklaffende Vermögens- und Einkommensscheren und eine ungerechte Bildungschancenverteilung. Weitere Ursachen sind die rücksichtslose Ausbeutung von Bodenschätzen, die irreparable Zerstörung von Naturlandschaften, die Korruption bei der Vergabe von Förderrechten, das Abschöpfen von Rohstoffen ohne Ausgleich an die Bevölkerung vor Ort, nicht regulierter Kapitalismus, Steuerflucht.
-Finanzkrisen. Die Ursachen sind Gier und Dummheit.
-Globale Umweltverschmutzung von Land, Wasser und Luft. Die Ursachen sind der Eintrag von riesigen Mengen Chemie-, Kunststoff- und Plastikabfällen auf Deponien und in die Ozeane. Ca. 13 Millionen Tonnen Plastik landen jedes Jahr im Meer, allein in Deutschland landet dieselbe Menge Lebensmittel im Müll, weltweit sogar ca. 1,3 Milliarden Tonnen!
-Immenser Energieverbrauch im Privatbereich mit den damit einhergehenden Emissionen von diversen, auch klimarelevanten Abgasen (CO2, Stick- und Schwefeloxide) und Wärme. Eine Ursache ist die Verbrennung zu vieler fossiler Energieträger: Ca. 80% der gesamten Energieerzeugung basiert im Jahr 2020 auf der Verbrennung fossiler Rohstoffe (pro Jahr wird davon weltweit die Menge verbrannt, die vor langer Zeit in einer Million Jahren gebildet wurde). Weitere Ursachen sind die unnötig großen Produktionsmengen von Waren für unseren Konsum, die schlechten Isolierungen von Wohnraum und die zunehmende Anzahl der wegen der Erderwärmung zur Kühlung installierten Klimaanlagen in allen stickigen Ballungszentren dieser Welt.
-Urwald- und Brandrodungen. Die Ursache ist hauptsächlich der immense Bedarf an neuen Flächen für die intensive Landwirtschaft (Palmöl-, Futtermittel- und Fleischproduktion). Allein in Brasilien ist in den letzten 50 Jahren eine Waldfläche von der Größe Frankreichs und Deutschlands zusammen verschwunden.
-Artensterben in einem rasanten Tempo mit dramatischen Folgen für die einzelnen Ökosysteme und am Ende für die gesamte Menschheit. Eine Ursache ist die zunehmende Inbesitznahme von Naturlandschaften für den Bau von Städten, Industrieanlagen, Infrastrukturprojekten und Gewerbegebieten unter gleichzeitiger Versiegelung von Flächen. Hinzu kommt die konventionelle Landwirtschaft mit ihren Monokulturen auf größtenteils mit Breitbandherbiziden verseuchten und stark überdüngten Äckern, ohne Grünstreifen als Lebensräume für Vögel und Insekten.
Wenn wir in der Auflistung den Hunger nicht doppelt zählen, dann kommen wir auf insgesamt 12 apokalyptische Vorboten.
Bevor wir in den übernächsten Kapiteln einen Rundgang auf einer „coronageschüttelten“ Erde starten, schauen wir noch kurz auf die „Logik der Begrenzung“. Sie ist es, die noch immer nicht genügend in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Um die eigentliche Dramatik dieses Erkenntnisdefizits zu verdeutlichen, soll aus dem Epilog „Lebensboden“ des oben aufgeführten Buches von Florian Schwinn „Rettet den Boden“ zitiert werden:
„Das absurdeste Paradoxon unserer Zeit ist sicher die seltsame Diskrepanz zwischen unserem Wissen und unserem Handeln. Noch nie in der Geschichte der Menschheit verfügten wir über so viel Wissen, und noch nie haben wir uns dermaßen irrational konträr zu unserem Wissen verhalten. (…)
In einem ganz und gar heutigen Buch will uns der Sozialpsychologe Harald Welzer eigentlich die machbare Utopie einer selbstbestimmten offenen Gesellschaft vorstellen, also einen positiven Blick in die Zukunft öffnen. Für dieses Buch habe er sich immer wieder selbst disziplinieren müssen, um nicht in die übliche negative Sichtweise zu verfallen, sagte er in einem Interview. Und kommt dennoch nicht drum herum, wenn er ganz unvermeidlich feststellen muss, welches unser grundsätzliches Problem ist:
‚Alles, was die unglaublichen zivilisatorischen Fortschritte möglich gemacht hat, (…) basiert auf der Vorstellung, dass die Naturressourcen, aus denen wir Autos, Häuser, Nahrungsmittel, Kleider, Alexanderplätze und Raketen machen, unbegrenzt vorhanden sind. Diese Vorstellung ist sogar so irre, dass die meisten Ökonomen und Politiker glauben, dass die Materialmenge, die für die Verwandlung in Produkte jeder Art nötig ist, immer noch anwachsen kann, genauso wie die Menge der Energie, die für die Umwandlung gebraucht wird. Das widerspricht (…) so ziemlich allem, was wir über das Universum wissen.´(…)
‚Nichts könnte falscher sein: Wir leben in einer Gesellschaft, in der Wissen gelehrt und Unwissen praktiziert wird, ja, in der Tag für Tag gelernt wird, wie man systematisch ignorieren kann, was man weiß.‘ “
Es folgen in dem oben genannten Epilog noch Ausführungen zu unserer „machiavellischen Intelligenz“, die durch „persönliche und berufliche Konstellationen, Karriereaussichten und Gewinnreize“ angefeuert wird, aber auch zu unserer großen empathischen Fähigkeit zur Hilfe im weniger anonymen Umfeld. Der Bogen zur Freud´schen Theorie eines tief im Inneren des Menschen verankerten Triebes zum „Leblosen“ erscheint allerdings etwas zu weit gespannt, da dieses selbstzerstörerische Moment nur wenigen Menschen innewohnt und eine universale Autoaggression im Sinne der Zerstörung der eigenen Lebensgrundlagen eher unwahrscheinlich erscheint.
Bleibt an dieser Stelle schon vorwegzunehmen, dass es sehr wohl gelingen kann, die beiden Fragestellungen (die Frage der für die o.g. Verwandlung benötigten Materialmenge und die Frage der für die o.g. Umwandlung benötigten Menge der Energie) für einen sehr langen Zeitraum durchaus positiv aufzulösen, wenn wir uns die Inhalte der Kapitel 8 (Energie) und 11 (Material) ernsthaft zu Herzen nehmen und vor allem zeitnah mit der Lösung der Probleme beginnen!