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Warum es gut für uns ist, Märchen zu schreiben

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Märchen geben uns individuelle Lösungen für unsere individuellen Probleme.

Einem selbstgeschriebenen Märchen kann eine bestimmte Fragestellung zugrunde liegen. Sie können zum Beispiel fragen, warum sie gerade Schwierigkeiten mit ihrem Partner haben und dazu dann ein Märchen schreiben, dass Ihnen auf symbolische Art und Weise die Lösung für ihr ganz spezielles Problem frei Haus liefern wird - ohne Kosten, ohne Therapeut und niemand außer ihnen wir je erfahren, wie sie auf diese kreative Lösung ihres Konfliktes gekommen sind.

Wir lassen unserer Phantasie wieder einmal freien Lauf.

Während Kinder noch sehr häufig in ihrer Traum- und Phantasiewelt leben, haben wir Erwachsenen uns diese Welt verboten und stattdessen unserem Verstand die Herrschaft überlassen. Es tut aber gelegentlich gut, einfach einmal in Träumen und Phantasien zu schwelgen, um Abstand von der vielleicht erdrückenden Dunkelheit des Alltags zu gewinnen. Märchen sind dafür einfach ideal, denn mit dem Schreiben eines Märchens verbinden Sie Entspannung mit Vergnügen und werden ganz nebenbei auch ein bisschen menschlicher und kreativer.

Mit dem Schreiben von Märchen schöpfen wir wieder Mut und Hoffnung auf positive Veränderungen.

Märchen haben immer ein gutes Ende. Wenn Sie ein Märchen schreiben, müssen sie sich also ein positives, von ihnen erwünschtes Ende ausdenken. Auch in scheinbar ausweglosen Situationen können sie so eine Lösung herbeiführen. Auch wenn ihr Verstand das dann vielleicht nicht akzeptieren kann oder will: diese symbolische Lösung ist auch die Lösung im Alltag.

Ein Märchen, das zu einem bestimmten Problem geschrieben wurde, kann ihnen also die Botschaft bringen, dass noch nicht alles verloren ist. Ihre Märchenfigur hat eine Lösung, einen Ausweg gefunden - warum sollten sie in ihrem Leben keine finden? Sie sind die Märchenfigur - nur mit dem Unterschied, dass ihnen ihr Verstand die Lösung komplizierter erscheinen lässt, als sie in Wirklichkeit ist. Schreiben Sie und sie gewinnen Vertrauen in Ihre Kräfte und die mögliche Lösung ist ihnen viel näher, als sie glauben.

Wir können lernen, wieder unsere Gefühle zuzulassen und zu zeigen.

Indem wir Märchen schreiben, können wir ungestraft unseren Emotionen freien Lauf lassen. Wir können fluchen, schimpfen, zornig sein, aber auch unsere Liebe und unsere Trauer ausdrücken, ohne dafür den anderen Menschen, den es vielleicht ebenfalls betrifft, die Dinge direkt ins Gesicht sagen zu müssen, was unsere Angst und unsere Scham auch vielleicht nicht zugelassen hätten. Aber einmal ausgedrückte bzw. niedergeschriebene Emotionen verlieren nach und nach an Gewicht und es wird immer leichter, das zu sagen, was wir eigentlich ausdrücken müssen, ohne um den heißen Brei herumzuschleichen.

Es tut einfach gut, einen Bösewicht zu beschreiben, der alle Menschen hasst und niedermachen will und seine oft wundersame Wandlung zu einem freundlichen, liebenswerten Menschen zu verfolgen. Genauso gut tut es, wenn ein Königssohn einer Königstochter endlich nach vielen Verirrungen seine Liebe gesteht und voller Inbrunst ein Liebesgeständnis zu Papier gebracht wird. In jedem von uns schlummern viele dieser Gefühle und sie auszudrücken, bedeutet, sich ein bisschen mehr damit identifizieren zu können, sie mehr zu einem akzeptierten Teil werden zu lassen, dessen wir uns nicht schämen müssen, denn alle Gefühle sind gleich gut und gleich menschlich.

Wir können auf diese Weise unsere Ängste und / oder Aggressionen, aber auch Trauer und Wut abbauen und verarbeiten.

Ich glaube, niemand von uns hat es gern, wenn er von einem anderen Menschen eine emotionale Dusche verabreicht bekommt. Passiert das aber doch, stehen wir anschließend wie begossene Pudel dumm herum und das Ende vom Lied ist dann nur, dass wir uns ein Stückchen weiter in unser Schneckenhaus verkriechen.

Das muss aber nicht sein. Wir können unsere Verletztheit zu Papier bringen und damit unseren emotionalen Stau, der uns früher oder später krank machen würde, begegnen. Wir können lernen, den Hintergrund der Emotionen zu erfahren und uns für uns entscheiden lernen, so dass wir die Situation mit nicht ganz so viel emotionalem Müll im Herzen neu anpacken und regeln können.

In der Regel sind Ängste nur Herausforderungen an uns, etwas anders zumachen. Wut zeigt uns, dass wir selbstsicherer werden können und Trauer zeigt uns, dass wir in das Hier und Jetzt zurückkehren müssen. Emotionen in Märchen zu verarbeiten ist meiner Ansicht nach eine der einfachsten und dennoch wirkungsvollsten Methoden der Selbst-therapie.

Wir können Seiten von uns freilegen, die sonst vielleicht nicht zum Zuge kommen.

Wenn sie ein völlig aggressionsgehemmter Mensch sind, kann es für sie vielleicht sinnvoll sein, einmal als brummiger, machtliebender König im Märchen zu erscheinen. Wenn Sie im normalen Leben ein gewaltiger Brummbär sind, kann es vielleicht aufregend für sie sein, sich im Märchen einmal in einen kleinen, zarten Schmetterling zu verwandeln und das Leben aus seiner Sicht zu sehen. Märchen können uns mit allen nur erdenklichen Teilen in uns bekannt machen und so unser Leben unendlich bereichern.

Märchenschreiben kann uns entspannen.

Märchenschreiben ist keine harte Arbeit, es ist auch kein Muss, sondern eine liebevolle Einladung zur kreativen Entspannung mit nützlichem Nebeneffekt. Es ist für ihre emotionale Stabilität Tausend Mal besser und entspannender, eine Stunde Märchen zu schreiben, als eine Stunde fern zu sehen. Fernsehen bringt uns zusätzliche Eindrücke, die unser Gehirn verarbeiten muss. Während des Märchenschreibens haben sie aber Gelegenheit, die im Laufe des Lebens gemachten Erfahrungen ins rechte Licht zurück. Allein dadurch erfahren sie Entspannung.

Wir fühlen uns nach dem Märchenschreiben lebendiger, froher und gelöster.

Sie kennen vielleicht das befreiende Gefühl, wenn sie Aufgabe bewältigt, ein lange währendes Problem endlich gelöst haben. Dieses Gefühl stellt sich auch sehr häufig nach dem Schreiben eines Märchens ein. Sie haben etwas geleistet, das aber keine harte Arbeit war, sondern „nur“ ein entspannendes Stündchen.

Sie sind vielleicht über ihren eigenen Schatten gesprungen, haben im Märchen gekämpft oder Erkenntnisse gewonnen - und sind jetzt reicher an Erfahrungen als zuvor! Dadurch fühlen sie sich freier, entspannter, werden froher und lebendiger. Und mit jedem Märchen ein Stückchen mehr.

Wir geben unserer Kreativität mehr Ausdruck.

Märchenschreiben befreit und entlastet unser Inneres und dadurch können wir uns selbst mehr Raum geben, aus der selbst geschaffenen Enge der Angst heraustreten und uns und unseres eigentlichen Wesenskern mehr Ausdruck verleihen. Das ist der Weg in die Kreativität, wo sich neue Möglichkeiten und Wege für uns eröffnen, die uns vielleicht sonst verschlossen geblieben wären.

Märchen können uns in unsere eigene Tiefe führen - zu uns selbst!

Märchen bleiben niemals an der Oberfläche des Seins, sondern dringen bis in die tiefsten und dunkelsten Schichten unseres Wesens vor. Sie zeigen uns tief in uns einen oftmals verborgenen Schatz, den wir mit an die Oberfläche bringen können - es sind die Schätze des wahren Gefühls, der Einheit, der Weisheit und Geborgenheit und des Urvertrauens in den immerwährenden Prozess des Lebens.

Die eigene Tiefe zu entdecken kann uns zu einem weisen und aufrichtigen Menschen machen, der wir nie geworden wären, wenn wir nur die Spiegelbilder der Oberfläche betrachten würden. Um uns selbst auf den Grund zu gehen, bedarf es eines Tauchkurses in die Tiefen-schichten unseres Bewusstseins, die mit Märchen auf sanfte und harmonische Weise zu erreichen sind. Märchen helfen uns, gefahrlos ins Unbewusste abzutauchen, um erfrischt und um einen gewaltigen Schatz reicher wieder aufzutauchen!

Wir aktivieren unsere rechte Gehirnhälfte, die normalerweise von uns weniger genutzt wird.

Die Unterteilung in eine linke und eine rechte Gehirnhälfte kommt mehr aus dem esoterischen Gedankengut. Hier wird gesagt, dass die rechte Gehirnhälfte für das schöpferische Denken, die Kreativität und unsere Intuition zuständig ist, also notwendig zum Märchenschreiben.

Die linke Gehirnhälfte ist zuständig für rationales, analytisches Denken und wird von uns überwiegend genutzt. Das Schreiben eines Märchens weckt die schlummernden Kräfte der rechten Gehirnhälfte und macht sie für uns nutzbar.

Märchen helfen uns, Probleme zu lösen, bei denen wir aus dem logischen Denken heraus keine befriedigende Lösung gefunden haben.

Wie oft haben sie schon tagelang über ein bestimmtes Thema nachgedacht, immer wieder gegrübelt und sind daran fast verzweifelt? Wie oft haben sich ihre Gedanken in einem Teufelskreis gedreht, aus dem ein entrinnen schier unmöglich schien? Sie haben in diesen Fällen zur Problemlösung vergessen, die rechte Gehirnhälfte in den Lösungsprozess mit einzubeziehen. Das entrinnen aus diesem Teufels-kreis ist durch das Schreiben eines Märchens möglich. Und auch dann, wenn der Verstand über die im Märchen vorgeschlagene Lösung noch so unzufrieden sein wird, es ist das Einfachste, dem aufgezeigten Weg zu folgen und sehr schnell eine Veränderung der Lebensumstände zu erzielen.

Wir können an uns neue Talente entdecken und freisetzen.

Das bezieht sich nicht allein auf ihre sehr wahrscheinlich vorhandene Fähigkeit und ihr Talent, Märchen zu schreiben. Es ist auch möglich, dass sie entdecken, dass sie doch ein guter Vater sind, doch eine gute Hausfrau sein können oder vielleicht zu etwas größerem geboren sind, als in einem jämmerlichen Büro tagtäglich zu versauern.

Märchen führen uns zu unseren tiefsten Wünschen und Bedürfnissen, aber auch zu unseren wahren Aufgaben, vielleicht zu unserer Berufung, die unserem Leben einen wahrhaften, erfüllenden Sinn geben würde.

Märchen machen uns unsere Stärken und Schwächen bewusst und zeigen uns, wie wir am besten mit ihnen leben können, vielleicht auch, wie wir unsere Schwächen in eine nur uns eigene Stärke verwandeln können, wenn wir in der Lage sind, über uns selbst hinauszuwachsen.

Mit dem Schreiben von Märchen weicht unsere Befangenheit dem wahren Gefühl.

Hinter all‘ den Emotionen, die wir während des Schreibens zu Papier bringen, liegt immer das wahre Gefühl. Auch, wenn es so scheint, dass unser Leben vorwiegend aus Angst besteht, zeigt uns das Märchen, dass hinter der Angst eigentlich die Liebe zu uns selbst steht und es keinen Grund für Befangenheit, Schüchternheit oder Selbstzweifel gibt.

Folgen wir getreulich unserem inneren Führer, ist kein Platz für Angst oder Ungewissheit, sondern nur die Gewissheit, das zu schaffen, was wir wollen und die uns aufgetragene Aufgabe in diesem Leben ganz sicher zu meistern.

Wir können durch Märchen unseren Kindern wieder näher kommen.

Wenn Sie ihren Kindern ihre selbstgeschriebenen Märchen oder Kurzgeschichten vorlesen, erleben die Kinder einen Teil von ihnen, von ihren Sorgen und Ängsten und lernen sie auf der symbolhaften Ebene besser verstehen. So können sie wahre Gefühle vermitteln und überbringen und werden eher verstanden, als wenn sie versuchen, einem Kind mit Worten oder Fakten versuchen etwas klarzumachen.

Ihre Kinder werden es Ihnen danken. Ich hatte einmal einen Mann in einem meiner Seminare, der nach Besuch des Seminars seinem achtjährigen Sohn, mit dem er sonst vielerlei Probleme hatte, Märchen erzählte. Nach ein paar Wochen waren die beiden ein unzertrennliches Team!

Mit dem Märchenschreiben ist eine therapeutische Wirkung verbunden.

Märchenschreiben geht nicht spurlos an uns vorbei. Wir sagten, dass wir in unsere eigene Tiefe finden, zu unserer inneren Weisheit zurück kehren können - und indem wir dieses Potential wieder zulassen, helfen wir uns selbst. Wir integrieren Teile von uns, die wir nicht sehen oder nicht wahr haben wollten - das ist Therapie. Märchenschreiben ist also eine Selbsttherapie, bei der sie noch nicht einmal einen Therapeuten brauchten. Ihr bester Therapeut sind sie selbst, denn niemand außer Ihnen kann jemals so viel über ihr Inneres sagen, wie sie selbst.

Ich möchte an dieser Stelle noch einen kurzen Auszug aus dem Buch von Verena Kast mit Ihnen teilen, der sehr schön beschreibt, warum Märchen so einen heilenden Einfluss auf uns haben:

„.... Indem wir ein Märchen schreiben, lassen wir unserer Phantasie freien Lauf, bringen sie aber auch in eine Form. Wünsche, Ängste nehmen so sehr viel deutliche Gestalt an, als wir es in einem Alltagsgespräch etwa zu­lassen würden. Wir schreiben eine Imagination nieder, die je nachdem, wie sehr wir uns mit der einen oder mit der anderen Figur identifizieren, uns näher oder ferner sein kann. Durch die Aufgabe, ein Märchen zu schreiben, ist die allgemeine Märchenstruktur vorgegeben: Es ist vorgegeben, dass wir von einer bedrohlichen Situation ausgehen, dass wunderbare Wendungen sich ereignen, die nicht realen Möglichkeiten entsprechen müssen, und es ist vorgegeben, dass diese Wendungen letztlich zu einem guten Ausgang führen.

Diese vorgegebene Struktur bewirkt, dass wir uns eher zutrauen, uns dem Fluss der Phantasie zu überlassen, dass wir weniger Angst haben, als wenn wir uns auf keine Struktur beziehen könnten; das aber wiederum führt dazu, dass wir die Phantasien freier fließen lassen, uns einerseits lebendiger fühlen, andererseits Schichten von uns freilegen, die wir sonst nicht so leicht zum Zuge kommen lassen. Wir lassen uns - und das scheint mir das Wichtigste am Märchenschreiben - in eine Welt hinein frei, in der phantastische Veränder­ungen möglich sind, wir lassen uns frei im Blick auf unsere Utopien, unser Grundpotential an Hoffnung auf Veränderung. Das bedeutet aber, dass das Selbstbild, das Weltbild und das Bild der eigenen Situation sich wieder öffnen können, dass die Befangenheit dem Gefühl weicht, etwas gestalten zu können, etwas bewirken zu können.

Damit ist eine therapeutische Wirkung verbunden. ....“ ( [1] )

[1] Auszug aus dem Buch: „Märchen als Therapie“ von Verena Kast, Walter Verlag, 1989, S. 74

Märchen helfen heilen

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