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Märchen sind nicht nur für Kinder gut

Haben Sie als Kind Märchen auch so geliebt? Wenn ja: Wann und warum ist Ihnen diese Liebe zu Märchen dann abhanden kommen? Bitte seien Sie doch einmal so freundlich, dass aufzuschreiben:

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Finden Sie diese Entscheidung von einst heute noch immer gut und richtig?

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Weil: __________________________________________

Wenn Sie mit „Ja“ geantwortet haben, sollten sie ihre Entscheidung vielleicht einmal überdenken, außerdem frage ich mich natürlich, warum sie dann dieses Buch in Händen halten. Wenn Sie mit „Nein“ geantwortet haben, sind sie auf dem richtigen Weg, ihre Kreativität (wieder) zu entdecken. Dafür bedanke ich mich bei ihnen - und sie sollten es auch tun.

Sicher geht es ihnen wie so vielen Menschen: irgendwann hatten sie vielleicht den Eindruck, dass Märchen kindisch sind und sie wollten doch schließlich auch erwachsen sein oder zumindest so wirken... Und Erwachsene lesen bestenfalls ihren Kindern Märchen zum Einschlafen vor. Schade, denn Märchen sprechen uns auf der Seelenebene an. Diese Ebene ist aber durch unsere Ratio, unseren Intellekt oder unseren Verstand nur sehr schwer zu erschließen, wenn nicht gar unmöglich. Oder schaffen Sie es, sich Vertrauen, Liebe, Dankbarkeit, Offenheit und Wärme einzureden, wenn sie sie nicht fühlen. Fühlen können sie dieses aber nur, wenn ihr Herz offen ist und das Herz - der Sitz der Liebe - ist eng mit der Seelenebene verbunden.

Es gab immer wieder Leute, die mich auslachten, wenn ich erzählte, dass ich am liebsten Märchen und keine Belletristik lese. Noch mehr belächelt wurde ich, als ich erzählte, dass ich meine eigenen Märchen schrieb. Aber viele Menschen waren auch ein wenig neidisch - und besuchten bei mir ein Märchenschreibseminar, um sich dieses Potential selbst zu erschließen. Und sie entdeckten, dass es neben dem Verstand eine ganze weitere Dimension zu entdecken gab, die es wert war, entdeckt zu werden, weil sie viel vielfältiger und reicher war, als der Intellekt es jemals sein kann.

Märchen sind auch für sie als Erwachsener gut, denn sei bringen sie zurück in das unendlich große Reich ihrer Phantasie, ihrer Kreativität.

Das innere Kind

Tief in mir, da lebt ein Kind,

doch meistens bin ich dafür blind.

Und dann möchte ich ganz hilflos weinen,

nur weil die Alten immer meinen,

man hat es sich ja so gewählt,

dass das Kind im Alter nicht mehr zählt.

Drum lass ich es versteckt

und fühl’ mich ganz bedeckt

mit kummervollen Sorgen

um das Gestern und das Morgen.

Aber lass’ ich es erklingen,

könnte ich vor Freude singen

und dann bin ich wieder froh.

Nun, das Leben ist wohl so.

Menschen sind keine Marionetten

Es war einmal eine Königstochter, die in einem schönen, aber schon etwas altem Schloss inmitten einer Oase in der Wüste lebte. Die ständige Sonne hatte das Schloss brüchig werden lassen und hier und da fielen ein paar Ziegel vom Dach und Risse in den Wänden machten sich bemerkbar. Die Königstochter störte das nicht, sie liebte dieses Schloss über alles und wollte niemals von hier fort.

Eines Tages spielte die Königstochter mit ihrer Marionette im Garten. Sie hatte sonst niemanden zum Spielen, denn es wohnten hier ja keine weiteren Kinder, und so musste sie sich mit ihren Puppen und ihrer Marionette begnügen. An diesem Tag war sie besonders traurig darüber, dass sonst niemand da war und unterhielt sich mit ihrer Marionette über bessere Zeiten. Sie sehnte sich nach Spielkameraden, nach Lachen und danach, glücklich zu sein. Und als sie sich so unterhielt, bewegte plötzlich die Marionette ganz sacht die Lippen und sagte: „Heute ist er erste Tag, an dem du mich nicht nur als deine Marionette ansiehst, sondern versuchst, mich als richtigen Menschen zu betrachten. So soll dir nach deinem Wunsche geschehen. Rolle dein Springseil zu einer Kugel zusammen, halte es ganz lange in der geschlossenen Hand und sprich deinen wahrhaftigen Wunsch so oft du kannst. So soll dein Wunsch in Erfüllung gehen.“

Die Königstochter war sehr erstaunt und dachte, geträumt zu haben, denn plötzlich war die Marionette wieder stumm. Aber Recht hatte sie gehabt. Sie hatte niemals den wahren Wunsch nach Freunden gehabt, sie wollte immer Spielbälle in den Händen haben, sie wollte ihre Spielkameraden dann benutzen können, wann es ihr passte und sie wollte sie wieder verschwinden lassen, wenn sie keine Lust mehr hatte. Mit Menschen konnte man so sicherlich nicht umgehen, aber mit Marionetten und Puppen schon. Vielleicht sollte sie erst das erkennen, damit sie für eine wahre Freundschaft mit einem Menschen bereit war? Die Königstochter tat, wie ihr die Marionette geraten hatte. Sie rollte ihr Springseil zu einer Kugel zusammen und presste es fest in der Hand. Dazu dachte sie angestrengt an ihren Wunsch, einen wahren Freund zu haben.

Sie saß dort so versunken im Garten, dass sie gar nicht merkte, wie ein Pferd mit einer Reiterin und einem kleinen Jungen in den Hof geritten kamen. Das Pferd kam nur mühsam voran und die Reiterin konnte kaum die Augen offen halten. Der Junge schlief schon längst in ihren Armen. Ein Diener des Schlosses kam um Hilfe rufend aus dem Schloss gestürzt und es dauerte nicht lange, da halfen einige Diener der Reiterin und ihrem Kind vom Pferd. Da erst entdeckte die Königstochter die Fremden und betrachtete sie aus der Ferne. Oh, das wäre doch ein schöner Spielkamerad für mich, dachte sie. Und die Frau sieht doch sehr nett aus. Vielleicht können die hier bei uns im Schloss bleiben? Ich werde meinen Vater, den König, fragen, dachte sie und lief sogleich zu ihm und berichtete die Neuigkeiten.

Am Abend hatten sich die Reiterin und der Junge etwas von den Strapazen erholt und man begegnete sich beim Abendessen im großen Saal. Die Frau berichtete, wie sie mit ihrem Sohn vor den Räubern geflohen sei und sich retten konnte. Und der König freute sich über die Gesellschaft und da die Frau und ihr Sohn keine Heimat hatten, nahmen sie das Angebot gern an und blieben auf dem Schloss. Die Frau sollte nach ihrer vollständigen Genesung in der Küche des Schlosses arbeiten und da sich die Königstochter und der Sohn der Reiterin schon ein wenig bekannt gemacht hatten, sollte er als Spielkamerad für die Königstochter am Hofe bleiben.

An diesem Abend lag die Königstochter noch lange wach und überlegte, ob Wünsche manchmal wirklich so schnell Wirklichkeit werden konnten. Denn jetzt hatte sie ihren lang ersehnten Spielkameraden auf wundersame Weise erhalten und sie nahm sich vor, ihn nicht als Marionette, sondern als gleichwertigen Menschen zu behandeln. Und der Sohn der Reiterin und die Königstochter wurden Freunde.

Sie spielten und lachten, erzählten sich viele Geheimnisse, entdeckten die Wunder der Natur und waren immer ehrlich miteinander. Sie wurden wahre Freunde, so wie es sie nur selten auf Erden gibt. Und das lag einzig und allein daran, dass sie sich als wahre Menschen behandelten. Und die Freundschaft währte bis zu ihrem Tod.

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