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Die Vertreibung der Poltergeister

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Es war einmal ein altes Schloss, das dabei war, zu zerfallen. Menschen bewohnten es schon lange nicht mehr, nur einige Ratten und Mäuse rannten auf den leeren Fluren herum und suchten nach den letzten Krumen Essbarem. Früher war auf diesem Schloss eine Menge los gewesen. Bälle und prunkvolle Feste hatte es hier gegeben. Hier hatten Glanz und Gloria gelebt.

Als der letzte König gestorben war, hatte es aber keinen Erben gegeben, der den Thron hätte besteigen können, denn nach altem Brauch dürfen weibliche Nachkommen nicht auf den Thron. Und so wollte die einzige Tochter den Thron auch nicht und verließ das Schloss. Niemand wollte das Schloss haben, keiner wollte es kaufen und so beschloss man, es verfallen zu lassen. Das war, wie gesagt, schon viele Jahre her und langsam zerfiel das einst schöne und prächtige Bauwerk.

Eines Tages passierte etwas Ungewöhnliches auf dem Schloss. Eine Kutsche näherte sich und einige Reiter waren auch dabei. Auf einer der Kutschen wehte eine königliche Fahne. Im Schlosshof angekommen, stiegen einige Menschen aus der Kutsche und unter ihnen eine wunderhübsche Frau in einem langen, fließenden Gewand.

„Ach, das ist mein einstiges Zuhause“, sagte die Frau, die sich nach allen Seiten umsah. „Hier habe ich so viele Jahre meines Lebens verbracht. Kommt,“ sagte sie zu einigen der Dienerschaft, „wir wollen uns umsehen, was wir tun können, um dieses alte Gemäuer wieder in Schuss zu bringen.“

Und sie gingen in das Schloss hinein. Mit einer Hand wischte sich die Frau die Spinnweben aus dem Gesicht. „So schlimm sieht es doch gar nicht aus“, sagte die Frau. „Holt mir die Handwerker. Hier soll es wieder werden wie früher. Wir renovieren das Schloss von Grund auf – und bald wird es wieder in einem neuen Glanz erstrahlen.“ Und schon eilten die Diener los. Kurze Zeit später fing es überall im Schloss an zu hämmern und zu sägen. Viele fleißige Hände brachten zunächst das Untergeschoß so weit in Ordnung, dass man sich beruhigt dem oberen Geschoß zuwenden konnte.

Nachdem auch die brüchig gewordenen Treppen in Ordnung gebracht waren, machte die Frau sich auf, um in das obere Geschoß zu gelangen. Plötzlich krachte und polterte es aus dem oberen Stockwerk so sehr, dass alle erschrocken inne hielten. Nach Handwerkern klang das jedenfalls nicht. „Was das wohl sein mag“, sagte die Frau und ging mutig weiter, obwohl es schon wieder lärmte und krachte. Ihre Diener und die Handwerker folgten ihr zögernd und betraten nacheinander das obere Stockwerk.

„Hallo, ist hier jemand?“ fragte die Frau in die Stille hinein und plötzlich lärmte und krachte es direkt vor ihr. Da war eine große weiße Vase, die andauernd auf ein großes, silbernes Tablett aufschlug. Mitten in der Luft, ohne, dass jemand die Dinge festhielt. Klapp, klappklapp, klapp machte es.

„Wenn du einer der gefürchteten Poltergeister bist, so lass' dir gesagt sein, dass ich keine Angst vor dir habe", sprach die Frau. „Dem rechtmäßigen Eigentümer könnt ihr nämlich nichts antun, ihr Poltergeister – und das bin ich, die Prinzessin dieses Schlosses. Macht, dass ihr fortkommt, bevor meine Männer zu renovieren beginnen!“

Tablett und Vase schwebten aber noch immer mitten im Raum und machten Lärm. „Gut, wie du willst, Poltergeist. Männer: Fangt an zu renovieren!“ Und mit diesen Worten wurde das Klappern zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Die Männer rückten an mit ihrem Handwerkszeug und kümmerten sich nicht mehr darum, dass dort die Vase und das Tablett so schaurigen Lärm machten.

„Verschwinde“, rief die Frau noch einmal und schwenkte einen Eimer in der Hand, in dem eine suppige Flüssigkeit war. Lärmend und dröhnend zog der Poltergeist noch einmal durch die Flure, aber mit zunehmender Renovierung des Schlosses wurde ihm immer mulmiger und es blieb ihm nicht mehr viel Zeit für eine Entscheidung. Als die Renovierung sich dem Ende neigte, schwebte er mit Tablett und Vase noch einmal polternd um die Frau herum und gab es dann endlich auf. Klirrend fielen die Vase und das silberne Tablett zu Boden und eine kleine Wolke schwebte zum geöffneten Fenster hinaus.

„Hurra“, jubelten die Leute und ganz besonders die Frau, die aufgrund ihres Mutes die Poltergeister besiegt hatte.

Bald war die Renovierung des Schlosses abgeschlossen und die Freude war bei allen riesengroß. Zur Einweihung wurde ein großes Fest gefeiert und die Frau war nicht mehr nur eine Frau, sondern jetzt die Königin und damit die Herrscherin dieses Schlosses, was sie sich selbst zurück erobert hatte. Die Vase und das Tablett, das der Poltergeist zurückgelassen hatte, aber standen ständig in der Eingangshalle des Schlosses und es waren immer frische Blumen darin. Und jeder, der daran vorbei ging, erinnerte es daran, dass mal die Geister auf dem Schloss regiert hatten – aber jeder wusste, dass diese Zeit ein für alle Mal bis in alle Ewigkeit vorbei war, denn jetzt herrschte Frieden auf dem Schloss.


101 Diamanten

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