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Die Schatztruhe der Wichtelmänner

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Es war einmal ein kleiner Zwerg, der im dunklen Wald wohnte. Da war sein Zuhause und dort fühlte er sich wohl. Er hatte sich in einem uralten, riesigen Baum seine Höhle gebaut und ganz nach seinen Vorstellungen zurechtgemacht. Die anderen Zwerge, die rundherum wohnten, mochten den kleinen Zwerg sehr gern und er sie. Mal ging er die anderen Zwerge besuchen und mal bekam er Besuch. So waren sie alle glücklich und zufrieden.

Trotzdem fehlte unserem kleinen Zwerg ganz tief drin in seinem Inneren noch etwas. Das konnte doch nicht alles sein! Da musste doch noch mehr Inhalt in seinem Leben sein! Jeden Tag hielt er danach Ausschau, wenn er sich nach den Früchten des Feldes umsah, aber gefunden hatte er es noch nicht. Unser kleiner Zwerg wusste von einem Nachbarzwerg, dass dieser einen Zauberspiegel besaß, vor den man sich setzen konnte – und wenn man offen war für die Geheimnisse, die dieser Spiegel preisgeben konnte, so vermochte man eine ganze Menge über sich und den Lauf der Welt zu erfahren.

Eines Tages hielt der kleine Zwerg es nicht mehr aus und machte sich, da er ohnehin nichts Besseres zu tun hatte, auf den Weg zu dem Nachbarn mit dem Zauberspiegel. Er klopfte zaghaft an und ihm wurde aufgetan.

„Komm' herein, kleiner Zwerg. Ich habe dich bereits erwartet. Du bist herzlich willkommen!“ sprach der alte Zwerg, von dem man sich erzählte, das er ein weiser Zwerg war, der in das Geheimnis des Spiegels und in das Geheimnis des Lebens eingeweiht war und deshalb allwissend war. Und man erzählte sich weiter, dass er anderen gern die Möglichkeit gab, sich auch dieses Zauberspiegels zu bedienen. Unser kleiner Zwerg war noch etwas überrascht über diese Begrüßung, fühlte sich aber von der tiefen Wärme, die der alte Zwerg ausstrahlte, sofort in seinen Bann gezogen.

„Trete näher und erzähle mir deine Sorgen“, sagte der alte Zwerg und drückte ihn sanft aber nachdrücklich in eine Ecke des Raumes, die ganz dicht mit weichem Moos bewachsen war. Kaum saß unser Zwerg, fühlte er sich von einer angenehmen Wärme durchströmt und ein klein wenig schläfrig, denn dieses weiche Bett aus Moos lud zu einem Nickerchen ein.

„Ja, ähem, das ist so“, fing der kleine Zwerg zu sprechen an, „ich glaube, ich suche etwas, was ich noch nicht habe. Ich denke mir, dass das noch nicht alles gewesen sein kann in diesem Leben. Jeden Tag gehe ich auf Nahrungssuche, einfach nur, um satt zu werden. Ich habe viele Bekannte, die ich besuche und die mich besuchen, aber dennoch fehlt mir etwas. Ja, und ich würde gern deinen Zauberspiegel benutzen, um zu erfahren, wo ich das, was ich suche, finden kann. Deshalb bin ich zu dir gekommen.“

„Ja, deshalb kommen alle Zwerge zu mir. Gut, dein Wunsch soll in Erfüllung gehen. Warte hier auf mich!“ sprach der weise, alte Zwerg und verschwand. Einige Augenblicke später kehrte er zurück und schob einen riesengroßen Spiegel auf Rollen vor sich her. Sein Rand war reichhaltig verziert und glitzerte in allen möglichen Farben. Hier und da lugten einige wertvolle Diamanten und andere Edelsteine aus der Verzierung.

Der weise Zwerg stellte den Zauberspiegel direkt vor den kleinen Zwerg und bedeutete ihm, dass er geradewegs hineinsehen sollte. „Ich verlasse jetzt diesen Raum. Stelle dem Spiegel deine Frage und wenn du es wünschst, wird dir der Spiegel seine Antwort preisgeben. Wenn du genug erfahren hast, rufst du mich", drehte sich um und schloss die Tür hinter sich. Jetzt war der kleine Zwerg mit dem Zauberspiegel allein. So schmiegte er sich wohlig in das weiche Moos und blickte einen Augenblick stumm in den Spiegel hinein. Ganz langsam veränderte sich die Farbe in dem Spiegel von durchsichtig über rosa und hellblau, wurde dann grau und grün, bis auf einmal alle Farben ineinander verschwammen und ein Bild entstand.

Da stand plötzlich der kleine Zwerg im Wald! Noch konnte er es nicht ganz begreifen, denn er saß ja auch noch in der Hütte des alten, weisen Zwergen und vorsichtshalber tastete er seinen Körper ab, ob er überhaupt noch da war. Er war noch da.

„Keine Angst!“ stand da plötzlich in goldenen Buchstaben oberhalb des Bildes, welches den kleinen Zwerg im Wald zeigte.

„Es ist aber merkwürdig für mich“, sagte der kleine Zwerg. Die Buchstaben verschwanden und die Worte „Das macht nichts!“ erschienen auf dem Spiegel.

Einen Augenblick besah sich der kleine Zwerg das Bild, das sich ihm bot. „Ja“, sagte er, „das bin ich. Da sitze ich auf einem Stein vor meiner Höhle und warte auf die Dinge, die da kommen werden.“

„Richtig“ stand dann auf dem Zauberspiegel. „Du wartest.“

Und plötzlich tat sich etwas auf dem Spiegel. Der kleine Zwerg im Zauberspiegel sprang von seinem Stein herunter und marschierte durch den Wald. „Was soll das?“ fragte der kleine Zwerg, der in der Hütte des weisen Zwerges im Moos saß und ganz verzückt den Zauberspiegel betrachtete.

„Abwarten“ erschien in silbernen Buchstaben. Und so sah der kleine Zwerg sich selbst im Spiegel durch den Wald gehen. Er ging eine Weile und kam dann zu einer Gruppe von Wichtelmännern, die hemmungslos weinten und klagten. Alle saßen um eine riesengroße Kiste herum und sahen überhaupt nicht glücklich aus.

„Was habt ihr denn, warum klagt und jammert ihr?“ fragte der kleine Zwerg im Bild auf dem Zauberspiegel und der kleine Zwerg draußen in der Hütte war ganz gespannt, was wohl noch passieren möge.

„Ojemine“, klagten die Wichtelmänner. „Es ist so fürchterlich! Unser Oberwicht ist von uns gegangen und hat uns diese Kiste hinterlassen. Er hat gesagt, dass wir sie nicht nutzen können, aber das eines Tages jemand kommen würde, der uns zeigt, wie wir diese Kiste nutzen können – und auf den warten wir nun schon seit einer halben Ewigkeit! Wir haben die Hoffnung bald aufgegeben, dass dieser jemand noch kommt und deshalb sind wir so traurig. Denn so werden wir das Geheimnis wohl nie lüften können!“

„Ja, das ist wirklich traurig“, meinte der kleine Zwerg und ließ sich fast von dieser Stimmung anstecken. Er setzte sich einen Augenblick auf einen bemoosten Baumstamm und sah versonnen vor sich hin.

„Wenn ich mir die Kiste genauer anschaue“, sagte der kleine Zwerg, „sieht sie beinahe aus wie eine Schatztruhe. Holt doch 'mal etwas, damit wir sie putzen können!“ Und sofort sprangen einige Wichtelmänner auf, holten Putzmaterial heran und alle waren eifrig damit beschäftigt, die Truhe zu putzen. Und ein Raunen ging durch die Reihen der Wichtelmänner, denn die Truhe erstrahlte in einem ganz neuen Glanz.

„Das ist ja geradezu phantastisch!“ rief der kleine Zwerg freudig. „Mir scheint, das ist tatsächlich eine riesengroße Schatztruhe!“ und ging mehrmals drum herum, um sie genauer zu betrachten. Auf einmal sah er einen kleinen Hebel, zog an ihm und der Deckel der Truhe sprang auf! Ein goldenes Licht strömte aus der Kiste und ergoss sich auf alle anwesenden Wichtelmänner und unseren kleinen Zwerg.

„Hurra, hurra, ein Goldschatz und so viele Diamanten und Edelsteine!“ riefen die Wichtelmänner im Chor. „Wir danken dem Erlöser“ sangen sie und tanzten im Reigen um die Schatztruhe herum.

Der kleine Zwerg sah noch immer wie gebannt auf das goldene Licht und war sprachlos vor Erstaunen. Die Wichtelmänner nahmen jetzt die Diamanten und das viele Gold aus der Truhe und verteilten es um sich herum, so dass alles im neuen Glanz erstrahlte. Einer der Wichtelmänner kam mit einer etwas kleineren Kiste, füllte aus der riesigen Schatztruhe etwas hinein und brachte sie dem kleinen Zwerg. „Vielen Dank für alles! Du hast uns von einem bösen Fluch erlöst und als Gegenleistung möchten wir unseren Schatz mit dir teilen.“

Der kleine Zwerg wollte etwas erwidern, aber durch eine eindeutige Handbewegung des Wichtelmannes ließ er es lieber bleiben und nahm freudig die kleine Schatztruhe entgegen. Und so sprachlos wie der kleine Zwerg in dem Film im Zauberspiegel war auch der kleine Zwerg, der immer noch vor dem Spiegel saß und wie gebannt hinein starrte. Das Bild im Spiegel verschwand und die Worte „Jetzt weißt du, wie du dein Problem lösen kannst“ erschienen.

Völlig verwirrt stand der kleine Zwerg auf und verließ die Hütte. Draußen regnete es, aber das bemerkte unser kleiner Zwerg nicht. Er ging langsam nach Hause und mit jedem Schritt, den er tat, wurde ihm klarer, was er jetzt zu tun hatte.


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