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II

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Das Telefon klingelte schrill und viel zu laut. István László drehte sich brummig zu dem nervenden Geräusch um. Es war fünf Uhr morgens, zumindest verkündeten dies die Leuchtziffern des alten, mechanischen Weckers, den er als Jugendlicher selbst repariert hatte. Als junger Beamter hatte er sich einmal einen modernen Radiowecker zugelegt, aber dieser hatte den wütenden Wurf an die Wand nicht überlebt, als er vor einigen Jahren zu seinem ersten Mord gerufen wurde.

Seitdem tat der alte mechanische Wecker diesen Dienst, wenn ihn nicht gerade das Diensthandy um den Schlaf brachte, bei dem er sich auch schon einmal überlegt hatte, es an die Wand zu werfen - vor circa zehn Sekunden - aber seine Hand tastete nach dem Telefon.

Das Telefon klingelte weiter und Istváns Frau Agy murmelte verschlafen: „Wer kann das sein?“

„Am Sonntag? Um diese Zeit?“ fragte István genauso verschlafen zurück, „Muss es sich um Mord handeln. Sonst begehe ich einen.“

Wieder das schrille Klingeln des Telefons.

István László drückte auf die grüne Taste seines Diensthandys und brummte verschlafen hinein:

„Major der Kriminalpolizei László István?“

„Major?“ fragte die engagierte, junge Stimme seines Leutnants.

„Ja!“ Die Stimme des Majors war müde und ärgerlich, während die Müdigkeit langsam - sehr langsam - durch den Ärger verdrängt wurde.

„Es tut mir leid, dass wir Sie um diese Zeit wecken müssen.“

„Schon gut, mir tut‘s auch leid!“

Agy drehte sich zur Seite und stülpte ein Kissen über ihre Ohren.

„Wir haben hier zwei Leichen, eine junge Frau aus Deutschland und ein aktenkundiger Ukrainer. In der Nähe eines Hauses, das einem Deutschen gehört. Von dem Hausbesitzer haben wir keine Spur.“

Die Stimme zögerte, aber István war bereits aus dem Schlafzimmer gegangen.

„Können Sie kommen?“ Der junge Leutnant wirkte unsicher.

„Ist in Ordnung, ich komme.“ An Schlafen war jetzt sowieso nicht mehr zu denken. „Können Sie mir einen Wagen schicken?“

„Ja kann ich! Funktioniert Ihr Lada nicht mehr?“ Die Stimme des jungen Leutnants klang amüsiert.

Der alte Dienstlada, Modell Niva, des Major der Kriminalpolizei, Standort Kecskemét, István László war weithin bekannt. László stand seit längerer Zeit schon ein modernerer, schnellerer, bequemerer Wagen zu, doch László hatte den Wagen liebgewonnen. Freilich, für eine Verfolgungsjagd auf einer der Landstraßen, war er vollkommen ungeeignet, aber bei László kam es öfters mal vor, dass er zu einem Bauernhof oder auf ein Feld fahren musste, um seine Ermittlungen durchzuführen und so hatte er gegenüber seinen Vorgesetzten durchgesetzt, dass er den Niva behalten durfte, bis dieser auseinanderfiel. Auch Robert Andras, der Leiter der Polizeiwerkstatt, mochte den alten Wagen und so blieb der Dienstlada immer voll in Schuss.

„Nein, aber ich bin erst vor einer Stunde ins Bett gekommen und einer der fünf Schnäpse mit meinem Schwiegervater war wohl einer zu viel.“ László versuchte wach zu bleiben, während er ins Telefon brummte.

„Der Fahrer ist unterwegs, kann ich Ihnen schon ein paar Informationen mit auf den Weg geben?“ war der Leutnant zu hören.

„Bloß nicht!“ warnte ihn der Major. „Ich versuche unter der Dusche wach zu werden und mich auf der Fahrt noch etwas zu erholen.“

„Gut wir warten auf Sie!“ Der Leutnant kannte solche Momente von eigenen Familienfeiern.

István hörte den Satz schon nicht mehr und drückte die rote Taste, wenn er in einer Stunde an dieser Adresse sein wollte, müsste er sich verdammt beeilen.

Auch sonntags Früh im spätsommerlichen Szentkirály, beziehungsweise an der Einfahrt zu dem Tanya.

Er ging auf leisen Sohlen zurück ins Schlafzimmer und verabschiedete sich bei seiner Frau mit einem Kuss auf die Backe:

„Tut mir leid, dass ich los muss. Aber die haben am Ortsrand von Szentkirály zwei Leichen gefunden.“

Das Gesicht seiner Frau gab den Widerwillen unverblümt wieder.

„Eigentlich hatte ich mich auf ein gemütliches Frühstück mit Dir gefreut“, brummte sie verschlafen. „Und davor oder auch dabei könnten wir noch etwas kuscheln.“

„Nur kuscheln?“ fragte er lausbübisch.

„Seit wann ist es bei uns nur beim Kuscheln geblieben?“ fragte sie neckisch zurück.

„Tut mir leid!“ versicherte er.

„Mir auch. Ich liebe Dich! Pass auf Dich auf!“

„Zu Befehl Frau Major!“ István stand stramm und grüßte militärisch.

Agy lachte: „Nun verschwinde schon, sonst laufen Dir noch die Leichen davon!“

„Ich liebe Dich!“ flüsterte István und beugte sich zu seiner Frau herunter, um sie nochmals zu küssen. Diesmal auf den Mund. Und seine Frau erwiderte den Kuss genussvoll.

István verschwand unter der Dusche und stellte sie so kalt wie möglich ein, um bald wach zu werden.

Nach etwa zehn Minuten in dem Dienstwagen, der ihn viel zu pünktlich abholte, merkte er, dass er sich die kalte Dusche hätte sparen können, denn er war eingeschlafen.

Erntejagd

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