Читать книгу Erntejagd - György Kristián Szitás - Страница 6
IV
ОглавлениеStefan Labahn saß auf der Veranda seiner Jagdhütte am Fuße der Ostkarpaten und trank in aller Ruhe seinen Kaffee, während es langsam heller wurde.
Der Freund seiner Schwester wollte heute Vormittag hier ankommen, damit sie, wenn sich Hans-Peter von der langen Fahrt, vom ungarischen Kecskemét in den rumänischen Kreis Harghita, etwas erholt hatte, miteinander auf Bockjagd gehen konnten. Deshalb sollte er auch seine Hündin Biene mitbringen, damit sie diese bei der Nachsuche4 unterstützen konnte. Biene hatte nicht viel von einer Wachhündin, dazu war der Beauceron besser geeignet, aber sie spürte mit ihrer feinen Nase jedes Wild auf, das die Jäger vielleicht nicht beim ersten Schuss erwischt hatten. Menschlich hielt Stefan nicht viel von Hans-Peter, den alle nur Peter nannten, aber er war ein guter Jäger. Allerdings war Stefan die Flinte, die Peter immer benutzte zu schwer. Wer ging schon mit einem Drilling5 auf die Pirsch? Stefan liebte es, mit seinen verschiedenen Gewehren bis ins Jagdrevier zu fahren und im Notfall das richtige Gewehr aus dem Auto zu holen. Er war auch einer der wenigen Jäger, die in Rumänien mit einem Ansitz arbeiteten. Peter ging - wie die Rumänen und Ungarn - auf die Pirsch. Und was noch ärgerlicher war - er hatte Erfolg damit. Wenn er die Trophäen sammeln würde, die er zusammen mit den Labahns schon erbeutet hatte, dann hätte er in seinem kleinen Tanya, das er mit Silvia beziehen wollte, keinen Platz mehr. Das war aber noch nicht das Schlimmste: Es kam vor, dass sich Peter das Fleisch geben ließ und weiterverarbeitete, während er die Felle und Geweihe den rumänischen Jagdhelfern überließ, die diese dann teuer an Touristen verkauften. Stefan Labahn verstand auch seine Schwester nicht: Sie hatte sich vor Jahren - mit Anfang Zwanzig - im Streit von ihrer Familie getrennt, weil sie „deren elitäres Gehabe“ nicht mehr aushalten konnte und hatte sich dann, dank Peter, ihrer Familie wieder angenähert - kurz bevor Jana Labahn, die zweite Frau ihres Vaters, bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen war. Wäre Peter nicht gewesen, hätte er am vergangenen Abend ins Nachbardorf gekonnt und hätte dort nochmal einen Drauf gemacht - er hätte sich eine junge Rumänin geschnappt, ihr etwas Geld gegeben und sich um diese Zeit noch mit ihr im Jagdhaus vergnügt. Wegen Peter war das unmöglich, denn der musste in einer halben Stunde hier sein. Labahn ließ seine Blicke den hohen Berg, der zu seinem Jagdrevier gehörte, hinaufgleiten und entdeckte auf halber Höhe ein Quad. „Was zum Kuckuck hat denn der da oben verloren?“ empörte er sich lauthals und trank mit einem Zug den Kaffee leer, dann war er mit einem Satz im Haus verschwunden, stellte die Tasse auf der Spüle ab und griff nach seiner Petersoli-Bockbüchse. Jetzt war keine Zeit zu verlieren, wollte er diesen Wilderer noch einholen. Er bezahlte nicht dem örtlichen Jagdaufseher jeden Monat eine Stange Geld dafür, dass er hier seinen Jagdgästen die stattlichsten Rehböcke und Hirsche präsentieren konnte, damit ihm nun dieser Wilddieb eine prächtige Trophäe abjagen würde. In zwei Tagen hatte sich wieder eine Gruppe reicher Amerikaner angemeldet, denen er, für knapp fünfzehnhundert Euro pro Woche, ein einmaliges Jagderlebnis bieten wollte. Stefan schnappte sich die Schlüssel seines Mercedes-G und sprang mit der geladenen Büchse ins Auto. Der Motor sprang sofort an und er gab Gas.
###
Der Mann auf dem Quad hatte Stefan Labahn gesehen, als er mit Vollgas die Schotterpiste entlang jagte, die - zum Teil durch Bäume und Büsche verdeckt - zu einem der Ansitze führte, die der junge Deutsche gern nutzte, um einen besseren Überblick zu haben oder den verwöhnten Stadtjägern einen stattlichen Hirsch vor die Büchse zu stellen. Der klassische, rumänische Jäger ging lieber auf die Pirsch, lockte vielleicht mit einem gekonnten Ruf einen Hirsch oder ein Reh an, bewegte sich aber selbst lautlos durch die Vegetation. Erst das machte einen echten Jäger aus.
Der Quadfahrer beobachtete einen Moment den schweren Geländewagen, der sich den Abhang hinauf quälte, war aber nicht weiter beunruhigt und lenkte sein Gefährt dann weiter seinem Ziel zu, das etwas oberhalb des verhassten Ansitzes lag.
Dort angekommen deckte er das Quad mit einer graugrünen Plane ab, damit es in diesem Gelände nicht weiter auffiel und versteckte sich hinter ein paar Felsbrocken, die er vor einiger Zeit schon, hier aufgeschichtet hatte. Auf seinem Rücken trug er einen größeren Rucksack, dem er jetzt eine Armbrust entnahm, deren Visier er kurz überprüfte. Dann zog er zwei Armbrustbolzen aus dem Rucksack heraus und steckte diese in die Zollstocktasche seiner olivgrünen Arbeitshose.
Er hob den Kopf und lauschte, aber das Motorengeräusch des Mercedes war noch ein gutes Stück entfernt.
Der Armbrustschütze nahm ein paar kräftige Luftzüge und fixierte die Armbrust mit seinem Fuß, dann nahm er die Sehne der Armbrust in die behandschuhten Hände und zog sie nach oben. Mit einem leisen Klick rastete die Sehne in der vorgesehenen Position ein. Die Armbrust wurde angehoben und einer der beiden Bolzen eingelegt. Wenn nichts dazwischenkommen würde, sollte dieser eine Bolzen genügen. Der zweite Bolzen war für nur zur Sicherheit.
Für einen Moment dachte der Armbrustschütze an den Grund seines Hierseins, dann legte er sich, die Armbrust im Anschlag, auf die Felsen und wartete. Mit seiner graugrünen Jagdkleidung verschmolz er mit dem Untergrund und wäre er beim Militär gewesen, hätte er eine Karriere bei den Scharfschützen machen können. Aber er war nie im Kriegseinsatz gewesen und diese Sache hier war sehr privater Natur.
Der junge Deutsche raste mit seinem Mercedes-G heran, sprang aus dem Wagen und kletterte rasch auf den Ansitz.
In der vermeintlichen Deckung sollte er den Wilddieb ausmachen können, weit konnte der noch nicht sein. Aus dem Holster, das er am Gürtel trug, zog er sein hochwertiges Fernglas hervor und musterte das Umfeld. Er ließ den Blick schweifen, als würde er einen Rehbock suchen, die er von diesem Punkt aus schon geschossen hatte. Dann blieb sein Auge an einem Punkt hängen, der etwa sechzig Meter von ihm entfernt lag.
Ein metallisches Glitzern hatte ihn stutzig gemacht.
„Was ist das?“ dachte er bei sich, dann hörte er ein Sirren und spürte einen stechenden Schmerz in seiner Brust. Für einen Moment hörte er sein Herz überlaut klopfen, dann schwanden ihm die Sinne.
Der Armbrustschütze nahm sein Fernglas zur Hand und lächelte zufrieden als er das Ergebnis sah.
Er setzte das Fernglas ab, fischte sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer der örtlichen Polizei:
„Ich habe einen Mord zu melden!“ verkündete er auf gebrochenem rumänisch.
Im Hintergrund hörte er den schnellen Atem des rumänischen Beamten, doch er redete weiter, bevor dieser antworten konnte:
„Stefan Labahn wurde in seinem Jagdrevier, auf seinem Ansitz mit einer Armbrust erschossen.“
Dann legte der Armbrustschütze auf, verräumte seine Waffe, bestieg sein Quad und fuhr, so schnell es der Weg erlaubte zu seinem Ausgangspunkt zurück.
###
Walter Pupescu, Prinzipal-Inspektor der Polizei6 und Leiter der Abteilung für Gewaltverbrechen in Miercurea Ciuc, blickte sich suchend in der großzügig ausgestatteten Jagdhütte um, zu der er vor etwa einer halben Stunde gerufen wurde. Direkt nach der rätselhaften Mordmeldung, waren zwei seiner Unterinspektoren7 in das Jagdrevier des Herrn Labahn gefahren, um zu klären, was hinter dem Anruf steckte. Stefan Labahn und seine Jagdhütte waren allgemein bekannt. Es gab wilde Gerüchte über Orgien, die hier gefeiert wurden und es hatte mehrere Anzeigen gegeben. Wegen sexueller Belästigung. Doch ehe nähere Ermittlungen eingeleitet werden konnten, waren diese Anzeigen wieder zurückgenommen worden. Die beiden Unterinspektoren hatten Stefan Labahn nicht an dessen Jagdhütte angetroffen, aber den teuren Geländewagen entdeckt, der auf halber Höhe des Berges stand, von dem man einen guten Überblick über das Jagdrevier des Deutschen hatte. Sie hatten ihrem Dienstwagen einiges zugemutet, um zu dem Auto zu kommen und hatten dann über Funk Alarm gegeben. Die Spurensicherung hatte bisher nicht viel mehr ermitteln können, als das, was der Anrufer bereits erklärt hatte - nämlich, dass der dreißigjährige Deutsche von einem Armbrustbolzen tödlich getroffen worden war. Mit Hilfe von Lasern konnte der Standort des Schützen ermittelt werden. In der Nähe dieses Punktes waren die Spuren eines ATV8 entdeckt worden. Das konnte darauf hindeuten, dass der Schütze mit einem solchen Fahrzeug dorthin gefahren war. In der Garage von Labahns Jagdhütte wurde aber auch so ein Fahrzeug gefunden. Waren die Spuren älteren Datums und stimmten Sie mit dem ATV des Deutschen überein? Da Labahn die Schlüssel der Jagdhütte bei sich gehabt hatte, war es kein Problem gewesen das Haus und die Garage zu öffnen. Der Abschleppdienst war beauftragt, um das ATV in die Werkstatt der Spurensicherung zu transportieren, damit die Reifenspuren miteinander verglichen werden konnten. Bucur Marcarescu, der Inspektor9 von Pupescu, kam aus dem oberen Stockwerk, in dem sich die Schlafräume befanden, herunter in die Wohnküche gelaufen: „Herr Hauptinspektor,“ meldete er, „dort oben scheint nichts verdächtig zu sein. Es existieren mehrere Gästezimmer und ein etwas größerer Schlafraum, der auch als Büro genutzt wird. Der größere Schlafraum wurde von einer Person genutzt. Die Gästezimmer sind darauf vorbereitet mehrere Gäste unterzubringen, aber das muss nichts heißen. Im Bürobereich wurden verschiedene Geschäftsunterlagen aufgefunden, die jedoch alle in deutscher Sprache geführt werden.“ Marcarescu blickte seinen Hauptinspektor verlegen an: „Diese Unterlagen müssten Sie durchsehen, da von uns niemand diese Sprache sprechen oder gar lesen kann.“ „Herzlichen Glückwunsch!“ brummte Pupescu, „Könnt Ihr mir das einpacken und ins Büro schaffen? Hier vor Ort will ich mir das nicht durchsehen, da brauche ich Ruhe.“ „Vorab, habe ich dies heruntergebracht, es scheint sich um einen Terminkalender zu handeln. Für den heutigen Tag ist der Eintrag H-P+B,S? enthalten. Für die kommenden Tage wurden verschiedene englische Namen eingetragen und speziell für übermorgen der Name Onu.“ Marcarescu gab dem Hauptinspektor das Buch, das dieser aufschlug und sich die aktuelle Seite ansah. „Onu?“ fragte der Hauptinspektor, mehr sich selbst, als seinen Mitarbeiter und stierte durchs Fenster: „Der Name kommt mir bekannt vor.“ „Mir auch!“ bestätigte der Inspektor: „Wenn mich nicht alles täuscht gab es mal hier eine Valea Onu, die nach einer schweren Vergewaltigung in eine Heilanstalt eingeliefert wurde und sich dort das Leben nahm. Ihr Vater war zu diesem Zeitpunkt Jagdhelfer in diesem Revier. Es gab Gerüchte, aber nichts Konkretes.“ „Gerüchte aber nichts Konkretes gibt es in Bezug auf Herrn Labahn öfter.“ Der Hauptinspektor schaute wütend zum Fenster hinaus und morste mit dem Terminkalender gegen die Fensterbank, als ein PKW-Motor zu hören war, der sich der Jagdhütte näherte.
###
Auf einem Weg, der eigentlich eher ein Trampelpfad war, auf halben Höhe zwischen dem Jagdhaus des Stefan Labahn und dem Ort, an dem er den Tod gefunden hatte, verdeckt von Büschen und Bäumen, stand ein kräftiger, großgewachsener Mann in Arbeitskleidung und beobachtete die Tätigkeiten der Polizei in der Nähe des Jagdhauses, als er den Wagen erkannte, der auf das Haus zufuhr, lächelte er, hatte aber keinen Grund seinen derzeitigen Standort aufzugeben.
###
Hans-Peter Vogel bog gerade um die letzte Kurve, die zum Jagdhaus seines Schwagers führte, als ein uniformierter, rumänischer Polizist vor sein Auto sprang.
Ein grobes „Stop! Oprete-te imediat!“10 zwang ihn zum Stehen und obwohl er, durch den Lärm des Motors, nicht viel verstanden hatte, ließ der Polizist mit seiner Waffe im Anschlag kaum einen anderen Schluss zu, als dass er stehen bleiben sollte. Vogel schaltete den Motor ab und öffnete das Fenster, die Hündin kam aus dem Kofferraum geklettert und setzte sich auf den Beifahrersitz, den Polizisten freudig anlächelnd. Oder kam die Freude durch die Streicheleinheit, die ihr Vogel zukommen lies? „Darf ich aussteigen?“ fragte Vogel den Polizisten auf deutsch, doch dieser machte ein verlegenes Gesicht. Dann probierte er es auf englisch, aber die Reaktion war dieselbe. Erst als er ein „Pot să cobor?“11 hervorbrachte, machte der Polizist ein interessierteres Gesicht das er mit einem: „Da! Cu plăcere!“12 und einer auffordernden Handbewegung quittierte. Vogel nahm also die Leine des Hundes, stieg von dem Hund gefolgt aus dem Auto aus und begleitete den Polizisten zum Jagdhaus seines Schwagers. Dort angekommen trat ein höherrangiger Polizist, in Zivil, aus dem Haus heraus und sprach ihn auf deutsch an - er hatte wohl die deutschen Kennzeichen des Wagens erkannt: „Wer sind Sie, was wollen Sie hier?“ „Mein Name ist Hans-Peter Vogel, ich bin hier mit dem Bruder meiner Verlobten zur Jagd verabredet, Stefan Labahn. Er wollte auf Bockjagd gehen und mein Hund hier sollte uns bei der Nachsuche helfen. Ist etwas passiert? Hatte Stefan einen Unfall?“ „Als Unfall würde ich das nicht bezeichnen,“ antwortete ihm der Polizist vielsagend. „Er wurde erschossen.“ „Erschossen? Ein Jagdunfall?“ wollte Vogel wissen, während er die Veranda betrat. „Nein! Mord! Es sei denn man geht seit Neuestem mit der Armbrust auf die Jagd nach Schalenwild13 .“ „Armbrust? Schalenwild? Nein, Schalenwild wird mit einer Büchse gejagt. Die Jagd mit Bogen oder Armbrust ist doch in Rumänien verboten.“ „Ihr Schwager wurde mit einer Armbrust ’erlegt’. Auf seinem Ansitz! Und wir bekamen einen Anruf in gebrochenem rumänisch.“ Hans-Peter Vogel wurde es schwindelig und er brachte gerade noch ein: „Darf ich mich setzen?“ heraus. Ein anderer Polizist in Zivil schob ihm einen Stuhl hin und er ließ sich auf diesen fallen. Nach einer Weile stöhnte er: „Entschuldigen Sie, aber es war eine lange Fahrt. Ich bin in der Nacht im ungarischen Szentkirály aufgebrochen und habe nicht allzu viele Pausen gemacht.“ „Was machen Sie in Szentkirály?“ „Ich lebe dort mit Stefans Schwester, meiner Verlobten und arbeite von dort aus in meinem eigenen Unternehmen.“ „Ach so!“ kam von dem Polizisten zurück. „Welche Art von Unternehmen haben Sie und weshalb hat Ihr Fahrzeug noch ein deutsches Kennzeichen?“ Vogel lächelte den Polizisten ruhig an: „Ich entwickle Software für Rechtsanwälte und Notare. Meine Kunden sitzen in West- und Osteuropa - auch in Rumänien. Zur Betreuung meiner Kunden in Deutschland habe ich auch noch ein Büro in Nürnberg. Auf diese Adresse läuft das Fahrzeug.“ „Können Sie rumänisch?“ fragte der Polizist. „So gut, wie es mir meine zweite Frau beigebracht hat,“ gestand Vogel auf rumänisch. Pupescus Augen leuchteten: „Sie haben den hiesigen Akzent. Von wo stammte Ihr Frau?“ „Von hier.“ Vogel sah den Polizisten direkt an. „Das heißt Sie kennen sich hier aus?“ Vogel winkte ab: „Einigermaßen, ich war zwei- oder dreimal mit meiner Frau hier zu Verwandtschaftsbesuchen und dann noch drei- oder viermal mit meiner Verlobten. Aber wir waren mehr in der Natur unterwegs, als in der Stadt.“ „Frau? Verlobte?“ Der Polizist ließ die Frage im Raum hängen, ohne wirklich eine Frage gestellt zu haben und Vogel lächelte ihn bitter an: „Diese Frage musste ja kommen. Ich verlor meine erste Frau und unsere Kinder durch einen Unfall, bei dem ich selbst schwer verletzt wurde. Im Krankenhaus lernte ich meine zweite Frau und meine Verlobte kennen. Meine zweite Frau - wie gesagt eine Rumänin - arbeitete im Krankenhaus in der Radiologie. Als wir zwei Jahre verheiratet waren, erkrankte sie unheilbar an Krebs…“ Vogel schluckte und seine Stimme wurde traurig… „Etwa weitere zwei Jahre später traf ich meine Verlobte - die Schwester Stefan Labahns - wieder. Und wir sind zusammen.“ Walter Pupescu nickte dankend. „Können Sie sich hier in der Nähe ein Hotelzimmer nehmen oder vielleicht bei der Verwandtschaft Ihrer zweiten Frau übernachten und sich bis auf Weiteres zu unserer Verfügung halten?“ Vogel winkte ab und schüttelte den Kopf: „Etwas schwierig mit Hund, hier hätte er seine Hütte und einen Zwinger und verschiedene Dinge in dem Haus gehören meiner Verlobten und mir. Teilweise haben wir das Haus gemeinsam mit Stefan bewohnt. Oder würde ich Sie hier stören?“ Walter Pupescu überlegte einen Moment und sah Hans-Peter Vogel fragend an: „Machen Sie so etwas öfter, dass sie mit ihrem Schwager zur Jagd gehen?“ „Wie es sich ergibt, ich habe selbst in Szentkirály eine Jagd gepachtet. Stefan hat mich hauptsächlich dann um Hilfe gebeten, wenn er Jagdgäste hier hatte. Wenn ich es richtig weiß, dann sollten morgen oder übermorgen Amerikaner kommen. Er wollte wohl heute nochmal eine Revierbegehung machen, damit die kapitalen Exemplare in den nächsten Tagen dort hinkommen, wo er seine Jagdgäste hinführen wollte.“ „Also pro Amerikaner ein Zwölfender?“ fragte der Hauptinspektor lächelnd. „So ungefähr!“ Vogel grinste. „Wo waren Sie gegen sieben Uhr?“ Der Hauptinspektor wurde wieder sachlicher. „Auf der Höhe von Sibiu14 , ich bin ziemlich gut durchgekommen. Ist das wohl die Tatzeit?“ Vogel sah den Hauptinspektor fragend an. „Sagt Ihnen der Name Onu etwas?“ statt der Antwort kam die nächste Frage, offenbar hatte der Hauptinspektor mit den privaten Fragen nur ablenken wollen. „Ciprian Onu?“ fragte Vogel. „Der Mann war einer der Jagdhelfer meines Schwagers. Weshalb?“ „Was meinen Sie mit war?“ Vogel war sichtlich genervt, dass keine seiner Fragen auch nur ansatzweise beantwortet wurde und atmete hörbar ein. „Mein Schwager hat ihn seit ein paar Jahren nicht mehr als Helfer geholt. Weshalb weiß ich nicht. Ich bin gern mit ihm auf die Pirsch gegangen. Man konnte viel von ihm lernen.“ Ein jüngerer Polizist in Uniform betrat aufgeregt die Veranda und gab zackig seine Meldung ab. Der Hauptinspektor dachte einen Moment nach, dann fragte er: „Sie heißen Hans-Peter Vogel? Und Ihre Freundin heißt Silvia Labahn?“ „Ja!“ gab Vogel zögernd zurück. „Das sagte ich doch!“ „Dann habe ich eine unschöne Nachricht für Sie. Wir haben gerade von unseren ungarischen Kollegen, über Europol, eine Meldung bekommen, nach dem ein gewisser Hans-Peter Vogel gesucht wird, weil seine Freundin Silvia Labahn umgebracht wurde.“ „Wie bitte?“ entfuhr es Vogel und er stand senkrecht auf, dabei vergessend, dass er sich hätte erholen sollen, denn es zog ihm die Beine weg. Einer der Polizisten stütze ihn und er ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. „Silvia ist tot?“ fragte er entgeistert nach. „So lautete die Meldung. Allem Anschein nach wurde sie gegen 2:00 Uhr von vier Männern überfallen.“ „Kurz vor Zwei Uhr bin ich über die rumänische Grenze gefahren, das können sie bei Ihren Kollegen nachfragen.“ Vogel zwang sich sichtlich zur Ruhe: „Weiß man wie es passiert ist?“ Der rumänische Beamte hob beschwichtigend die Hand: „Sie stehen in keinster Weise unter Verdacht, es ging nur grundsätzlich darum festzustellen, wo Sie sich aufhalten. Allem Anschein nach waren es Ukrainer, einem davon hat sie ein Schwert in den Leib gerammt. Sie selbst wurde mit einer Schrotflinte erschossen. Mehr weiß ich derzeit auch nicht. Die ungarischen Kollegen fahnden auch nach drei Ukrainern.“ Vogel atmete tief durch: „Warum?“ fragte er, „sie hat doch nie jemand etwas zu Leide getan!“ Vogel ließ den Kopf in seine Hände fallen und raufte sich die kurzen Haare. Der Hauptinspektor blickte ihn ruhig an: „Wenn Sie wollen können Sie sich vorläufig hier einrichten, aber wir und die ungarischen Kollegen werden wahrscheinlich noch ein paar Fragen haben. Im Übrigen werden wir einen Teil der Geschäftsunterlagen mitnehmen und durchsehen, vielleicht finden wir hier eine Spur. Oder haben Sie dagegen etwas einzuwenden?“ „Nein, nehmen Sie mit was sie brauchen. Ich halte mich zu Ihrer Verfügung,“ brummte Vogel abwesend durch seine Hände hindurch. Tränen rannen über seine Wangen. Walter Pupescu verabschiedete sich von ihm, indem er Vogel wortlos die Karte mit seiner Telefonnummer gab und winkte seine Kollegen zusammen. Hier würden sie bezüglich des Todes von Stefan Labahn nicht mehr viel erfahren können. Vogel blieb noch eine Weile stumm sitzen, dann löste er den Karabiner der Hundeleine, so dass der Hund sich frei bewegen konnte, aber dieser trauerte mit seinem Herrn und verkroch sich unter dem kleinen Tisch, der auf der Veranda stand.