Читать книгу Planetenroman 87 + 88: Sohn der Sonne / Zwischen den Wirklichkeiten - H. G. Francis - Страница 10

3.

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Tarish'a'tkur hatte nicht übertrieben. Die Küsten des Meeres, an dem die Stadt Uzkelkap lag, waren tatsächlich traumhaft schön. Sie hatten das Meer weit östlich der Stadt erreicht und flogen nun die Küste ab, der untergehenden Sonne entgegen. Kennon saß auf dem Beifahrersitz und blickte auf die von farbenprächtig leuchtenden Laub- und Kristallwäldern überwucherten Halbinseln hinab, die weit ins Meer ragten.

Mittlerweile hatte Kennon sich beruhigt. Tarish'a'tkur hatte ihm klargemacht, dass Ronald Tekener einen Grund gehabt haben musste, der nichts mit ihm zu tun haben musste.

Vielleicht hat ihn jemand gezwungen, so zu reden, hatte sie ihm zu bedenken gegeben. Du musst ihm vertrauen. Wenn er der Freund ist, den du in ihm siehst, dann wird er dich nicht verraten.

Der Galaktische Spieler hatte gesagt, dass er nicht nach Traak kommen würde. Er musste also allein mit der Situation fertig werden. Immerhin hatte Tekener ihm einen wichtigen Hinweis gegeben. Die Stadt Uzkelkap. Hier war ein Anknüpfungspunkt. Dazu kam der rätselhafte Hinweis auf den Namen seiner Eltern. Tekener wusste ebenso gut wie er, dass er ihn nicht kannte. Vielleicht aber meinte er gar nicht wirklich diesen Namen, sondern nur den Geburtsort oder den Namen des Internats? Vielleicht den Namen oder den Spitznamen des Internatsleiters?

Ich muss die Dinge auf mich zukommen lassen, mahnte sich Kennon zur Ruhe und Geduld. Ich werde früh genug erkennen, was Tek gemeint hat, und dann sehen wir weiter.

Die Tikalerin legte ihre Hand auf seinen Arm und zeigte dann nach vorn, wo direkt aus dem rötlich schimmernden Meer schlanke Säulen aus dem Meer aufzusteigen schienen.

»Die Onderathortürme der Traaker«, erläuterte sie. »Es sind die Türme, in denen sich die Seelen der Verstorbenen einfinden, um mit ihren Freunden und Verwandten zu sprechen, die noch im Diesseits leben müssen.«

Jetzt erkannte er, dass die Säulen auf kleinen Felsinseln errichtet worden waren, die der Küste vorgelagert waren. In einer weit ausgeschwungenen Bucht lag die Stadt Uzkelkap, in der es kein einziges Gebäude gab, das mehr als etwa anderthalb Meter aus dem Boden ragte.

»Auf den Dächern der meisten Häuser sind Gärten eingerichtet worden«, berichtete die Tikalerin. »Deshalb sieht man fast nur die schmalen Frontseiten.«

»Man könnte meinen, die weißen Tasten eines riesigen Musikinstruments wären über die ganze Bucht verteilt«, entgegnete er. »Man erkennt wirklich nur die weißen Streifen der Wände. Aber warum sind die Häuser nicht höher?«

»Nach dem Glauben der hier lebenden Traaker darf kein von ihnen selbst errichtetes Gebäude höher als der Kopf eines Traakers sein«, erläuterte sie. »Deshalb werden die Häuser eben in den Boden versenkt.«

»Eine friedliche Landschaft«, bemerkte er.

»Aber keine friedlichen Traaker«, ergänzte sie. »Die Stadt Uzkelkap ist bekannt für ihre gewaltsamen Auseinandersetzungen. Nirgendwo auf Traak gibt es so viele Morde wie hier.«

»Und doch wird die Stadt von Fremden frequentiert?«

»Ja, die meisten Raumfahrer kommen hierher. Unter den Häusern befinden sich mehrere ausgedehnte Höhlen, in denen es mehr Vergnügungsstätten aller Art gibt als in manch anderen Sonnensystemen zusammengenommen.«

»Dann steht uns ja noch allerhand bevor. Wirst du bei mir bleiben?«

»Ich weiche nicht mehr von deiner Seite. Ich habe dir meine Gefühle offenbart«, lächelte sie. »Das ist fast so, als hätten wir geheiratet. Damit musst du dich schon abfinden.«

»Ich wüsste wirklich nicht, was ich lieber täte.«

Sie ließ den Gleiter absinken und landete auf einem Parkplatz unmittelbar am Wasser. Kennon sah Dutzende von armlangen Fischen, die sich dicht unter der Küste aus den Wellen schnellten und sich laut platschend wieder ins Wasser zurückfallen ließen. Spinnenartige Tiere rannten über die Wasseroberfläche und jagten die Fische, fingen jedoch keinen einzigen.

Zwischen violett blühenden Büschen wölbte sich ein Torbogen, der aus blau leuchtenden Kristallen zusammengesetzt war. Tausendfältig spiegelte sich die tiefstehende Sonne mit violetten Reflexen darin. Eine feuerrote Echse, die etwa so groß wie eine Katze war, kauerte auf den Ästen eines Baumes und spähte misstrauisch zu ihnen herab. Die Tikalerin, die bereits ausgestiegen war, hob drohend eine Faust, und das Tier zog sich zornig schnaubend zurück. Es glitt am Baum herab und flüchtete ins Unterholz.

»Sie sind harmlos«, bemerkte Tarish'a'tkur. »Sie könnten uns zwar mit einem einzigen Biss ihrer giftigen Zähne töten, aber sie greifen niemals an. Ich habe schon Kinder gesehen, die diese Echsen gequält haben und denen doch nichts passiert ist.«

Sie beugte sich in den Gleiter und griff unter einen der Sitze, um zwei schmale Armreifen darunter hervorzuholen.

»Hier«, sagte er. »Die sind auf Traak als Sicherungen vorgeschrieben. Kleine Antigraveinheiten, mit denen sich die Insassen eines abstürzenden Gleiters retten können. Du kannst nicht viel damit anfangen, aber immerhin kannst du sicher daran zu Boden schweben, falls etwas passiert.«

»Die hättest du mir vorher geben sollen«, erwiderte er belustigt. »Jetzt sind wir gelandet.«

Sie lachte.

»Gleich wirst du wieder das Gefühl haben, frei in der Luft zu schweben.«

Sie führte ihn auf ein gelb schimmerndes Antigravband, auf dem sie schräg in die Tiefe glitten. Über ihnen leuchteten die Reklameschriften der zahllosen Vergnügungseinrichtungen.

»An der Oberfläche ist das Leben puritanisch«, sagte Tarish'a'tkur. »Und in den Tiefen der Höhlen lebt das Laster.«

»Die Traaker leben also nach einer doppelten Moral?«

»Tun wir das nicht alle? Aber sie sind wenigstens ehrlich dabei. Wenn sie in die Höhlen gehen, dann gelten für sie andere Gesetze. Kehren sie nach oben zurück, streifen sie ab, was sie hier getan und erlebt haben. Das geht so weit, dass jemand, der unten in den Höhlen einen Mord begangen hat, oben an der Oberfläche nicht verfolgt wird. Wenn er sich entschlösse, nie mehr nach unten zu gehen, bliebe die Tat ungesühnt.«

»Schwer zu verstehen«, erwiderte er. Geduldig hörte er zu, obwohl er bereits alles wusste, was sie ihm über Traak zu erzählen hatte.

Die Stadt Uzkelkap war ihm allerdings noch nicht bekannt gewesen. Über sie war nichts in den Unterlagen vorhanden gewesen, die er vor seiner Landung auf Traak studiert hatte. Er hatte es auch nicht als zwingend angesehen, sich noch näher zu informieren, da er ohnehin nicht vorgehabt hatte, länger als drei oder vier Tage auf diesem Planeten zu bleiben.

Seine anfängliche Nervosität war einer ruhigen Zuversicht gewichen. Jetzt machte er sich sogar Vorwürfe, weil er in seinem Vertrauen zu Ronald Tekener schwankend geworden war. Immer wieder sagte er sich, dass der Galaktische Spieler auf keinen Fall so gehandelt hätte, wenn ihn nicht jemand dazu gezwungen hätte.

Er hat mir einen klaren Hinweis gegeben: Melde dich unter dem Namen deiner Eltern!

War das möglicherweise ein Hilferuf Tekeners gewesen, mit dem dieser ihm hatte sagen wollen, auf welche Weise er bedroht wurde und wie er ihm helfen konnte, diese Bedrohung abzuwenden?

Tarish'a'tkur und Kennon glitten in ein riesiges Gewölbe tief unter der Oberfläche von Traak. In Nischen und Spalten verborgene Scheinwerfer beleuchteten mächtige Stalaktiten und Stalagmiten, zwischen denen kasten-, kugel- und eiförmige Gebäude aufgehängt waren. Gelb schimmernde Energiestege führten zu den verschiedenen Vergnügungsstätten. Auf ihnen drängten sich in einem schier unbeschreiblichen Durcheinander Zehntausende von Wesen aus zahllosen fremden Welten, überwiegend in Gruppen, da sie sich so sicherer zu fühlen schienen. Kennon entdeckte nur sehr wenige Raumfahrer, die allein waren.

»Wir bilden die Ausnahme«, stellte er fest, während sie, von unsichtbarer Kraft geschoben, auf ein eiförmiges Gebilde zuglitten.

»Stört dich das?«, fragte sie. »Wir Tikaler benötigen die Gruppe nicht.«

»Bei uns spricht man von Gruppenverhalten«, erwiderte er, »weil sich die Menschen anders benehmen, wenn sie zusammen mit anderen in einer Gruppe auftreten. Wenn sie allein sind, dann sind sie zumeist vorsichtiger und weniger herausfordernd.«

»Weil sie glauben, sich allein gegenüber anderen nicht behaupten zu können? Das spricht nicht gerade für ihr Selbstbewusstsein.«

»Nicht alle Terraner bersten vor Selbstbewusstsein. Es wäre ein Fehler, uns alle über einen Kamm zu scheren.«

»Ein Fehler, den Terraner gegenüber den Vertretern anderer Völker leider allzu oft begehen.«

Er konnte darauf nichts erwidern. Sie hatte Recht.

Sie legte den Arm um ihn.

»Fällt dir irgendetwas auf, was mit dem Hinweis Tekeners zu tun haben könnte?«, fragte sie.

»Noch nicht.«

Laute, aggressive Musik hallte aus der Höhe herab. Kennon sah Aras, Chaldoper, Springer, Topsider, Trasken, Traaker, die in verblüffender Weise anderthalb Meter hohen, rollenden Wollknäueln glichen, und andere Wesen fremder Völkerschaften, die auf dem schimmernden Energieband nach der Musik tanzten – einige allein, andere in Gruppen, aber alle selbstversunken und ohne erkennbaren Kontakt zu anderen. Überall blitzten grelle Lichter auf. Flammende Reklameschriften stiegen wie aus dem Nichts heraus zu den Stalaktiten auf und erloschen plötzlich, um an anderer Stelle der Höhle erneut wieder zu erscheinen.

Traaker forderten die Besucher mit unangenehm schriller Stimme über Lautsprecher auf, diese oder jene Vergnügungsstätte zu betreten, versprachen märchenhafte Spielgewinne in den Kasinos oder überwältigenden Lebensgenuss in anderen Einrichtungen.

»Seht euch den Krüppel und die geschuppte Hexe an«, brüllte ein untersetzter Akone. »Eine Schuppenhexe und ihr Hofhund.«

Kennon wollte aufbegehren und zur Waffe greifen, doch Tarish'a'tkur sprach beruhigend auf ihn ein und schob ihn weiter.

»Lass dich doch nicht von einem Betrunkenen provozieren«, flüsterte sie. »Der will nichts als Streit. Viele drehen hier unten durch. Kein Wunder, dass so viel passiert.«

Er presste die Lippen zusammen und verfluchte seinen körperlichen Zustand, der es ihm verbot, dem Akonen eine passende Antwort zu geben. Ihm blieb nichts anderes übrig. Er musste die Demütigung hinnehmen – wie so oft in seinem Leben.

Zunächst war ihm der Lärm gar nicht so bewusst geworden. Die fremde Welt dieser Höhle hatte ihn gefangengenommen. Je länger er jedoch in ihr war, desto belastender empfand er das Dröhnen der Musik, das Kreischen der Werbestimmen und das Geschrei der singenden und tanzenden Besucher.

Das Licht schmerzte in seinen Augen, und die fremdartigen Düfte, die ihn umwehten, störten ihn in seiner Konzentration.

»Ich erkenne nichts«, sagte er und wich einem insektoiden Wesen aus, das auf seinem Rücken mehrere Kokons trug, in denen sich geheimnisvolles Leben regte. »Die meisten Schriften sind in Sprachen verfasst, die ich nicht verstehe. Da hilft mir das Kombigerät auch nicht viel weiter.«

Er tippte auf sein Handgelenk, an dem er die mit Positronik gespickte Kombination trug.

»Was willst du wissen?«, fragte sie. »Ich kann dir das meiste übersetzen.«

Sie schoben sich an zwei amphibischen Wesen vorbei, die sich auf den Boden des Energiestegs gelegt hatten, aus kugelförmigen Gefäßen eine scharf riechende Flüssigkeit tranken und mit bunten Stäbchen ein offenbar spannendes Spiel ausfochten.

Ein Springer blieb vor ihnen stehen.

»Kommt, Freunde«, rief er freudestrahlend. »Ich lade euch ein. Ihr seid alle meine Gäste. Ich habe im Kasino gewonnen. Ich halte euch alle frei. Kommt.«

Er wollte Kennon in eine der Vergnügungsstätten drängen, vor dem ein langbeiniger Vogel nervös umhertänzelte, als sei der Boden zu heiß unter seinen Füßen.

»Lass ihn in Ruhe«, befahl Tarish'a'tkur mit überraschend scharfer Stimme. »Verschwinde und suche dir deine Saufkumpane woanders.«

Sinclair Marout Kennon war froh, dass sie es übernommen hatte, den Springer abzuwimmeln. Er konzentrierte sich auf die tausendfältigen Eindrücke, die auf ihn hereinbrachen.

Irgendwo war ein Hinweis für ihn verborgen. Aber wo? In der Musik? Im Laserlicht? Oder in den Reklameschriften? Vielleicht gar in den Lockrufen der verschiedenen Werber vor den Lokalen, die sich ständig wiederholten?

»Hast du nicht gesagt, dass du deine Eltern nicht gekannt hast?«, fragte die Tikalerin plötzlich.

»Ja. Ich habe versucht, etwas über sie herauszufinden, aber es ist mir nicht gelungen.«

»Dort drüben gibt es eine Zeitgleite, einen Vergnügungsbau, in dem man angeblich in die Vergangenheit reisen kann. Die Einrichtung heißt Die Unbekannten.«

»Das ist es«, rief er. Unwillkürlich griff er nach ihrem Arm, um sie mitzuziehen. »Das ist unser Ziel.«

Doch die aufkommende Euphorie verflog schnell, und er fing sich wieder. Eine innere Stimme mahnte ihn zur Vorsicht.

»Willst du dorthin gehen?«, fragte sie.

»Ich habe wohl keine andere Wahl«, erwiderte er voller Argwohn. Sein kriminalistischer Instinkt sagte ihm, dass irgendetwas nicht stimmte. Wieder und wieder rief er sich ins Gedächtnis zurück, was geschehen und wie das Gespräch mit Ronald Tekener verlaufen war. Wollte dieser ihn wirklich auf dieses Lokal hinweisen? Die Unbekannten! Seine Eltern waren ihm unbekannt. Der Galaktische Spieler konnte nur die Zeitgleite gemeint haben. Er sollte sich unter dem Namen seiner Eltern melden. Unter! Tekener konnte nur gemeint haben, dass er unter der Reklameschrift irgendjemanden ansprechen sollte, und er war offenbar überzeugt davon, dass er wusste, wen.

»Ja«, sagte er. »Gehen wir.«

Er schob sich durch das Gewühl der Menge, drängte sich an einem Wesen vorbei, das ihn wegen seiner äußeren Form an eine Sicherheitsnadel erinnerte.

Es hatte einen braunen, scharf gebogenen Körper, der nur aus einer einzigen Röhre zu bestehen schien, die sich auf etwa zwanzig winzigen Beinen aufrecht und an ihrem Ende selbst mit mehreren Armen zusammengeklappt hielt. An hauchdünnen Fäden baumelten neben den Ärmchen sechs blaue Augen herab, die sich offenbar auch nicht eigenständig bewegen konnten.

»Wir müssen vom Hauptweg herunter und über diese Abzweigung weitergehen«, sagte Kennon. Er betrat einen schmalen Pfad, und Tarish'a'tkur folgte ihm.

Der Kosmokriminalist war noch keine drei Schritte weit gelaufen, als er schon wusste, dass er einen verhängnisvollen Fehler gemacht hatte.

Ronald Tekener war nicht der Mann, der so einfach und unkompliziert dachte.

Es ist eine Falle!, schoss es ihm durch den Kopf.

Er warf sich herum.

»Zurück«, schrie er der Tikalerin zu. Im gleichen Augenblick sah er eine rote Reklameschrift, die aus zwei Teilen bestand. Der eine lautete schlicht Jommy, den anderen konnte er nicht lesen, weil er in einer ihm fremden Schrift verfasst war.

»Wie heißt das dort?«, rief er hastig. »Jommy und ...?«

Er wusste die Antwort schon, bevor Tarish'a'tkur sie ihm gab.

»Jommy und Cass!«

Der golden schimmernde Boden verschwand unter ihnen. Unwillkürlich klammerten sie sich aneinander, als könnten sie sich dadurch halten, dann stürzten sie in die Tiefe. Kennon, der nach oben blickte, bemerkte, dass sich das Energieband bereits wieder über ihnen geschlossen hatte.

Jommy und Cass!, schrie es in ihm. Seine Eltern!

Er erinnerte sich daran, dass er mit Ronald Tekener über das staatlich gelenkte Internat gesprochen hatte, in dem er aufgewachsen war. In diesem Internat hatte es zwei Menschen gegeben, die ihm ans Herz gewachsen gewesen waren, und die immer Verständnis für ihn und seine Probleme gehabt hatten.

Jommy, der jugendliche Lehrer, der niemals ein böses Wort für ihn gehabt hatte, und Cass, die ältliche Verwalterin, die nie müde geworden war zu behaupten, das Leben sei viel leichter zu ertragen gewesen, als es noch keine Computer gegeben hatte. Sie waren Freunde für ihn gewesen. Zu Tekener hatte er gesagt, dass sie wie seine Eltern gewesen seien.

Meine Eltern! Sie hätten meine Eltern gewesen sein können.

»Der Armreif«, schrie Tarish'a'tkur ihm zu. »Schalte ihn ein.«

Er fiel an ihr vorbei. Rasend schnell kam das Gestein näher, der Grund der Höhle.

Ich habe einen schweren Fehler gemacht, erkannte der Kosmokriminalist. Tek wollte einen bestimmten Beweis von mir. Aus welchen Gründen auch immer. Jeder andere kann herausfinden, dass mir meine wirklichen Eltern unbekannt sind, aber niemand sonst kann wissen, welche Bedeutung Jommy und Cass für mich haben.

Ronald Tekener war irgendwann in dieser Höhle gewesen. Er hatte gesehen, dass dieses Lokal zufällig die Namen der beiden Menschen trug, die für Kennon so wichtig gewesen waren.

Verzweifelt fragte der Kosmokriminalist sich, wie er Tekener jemals dieses Versagen erklären sollte.

Er schaltete den Antigrav-Armreif ein, und seine rechte Hand wurde so heftig in die Höhe gerissen, dass er unwillkürlich aufschrie. Das Antigravgerät fing seinen Sturz ab, und er sank sanft neben Tarish'a'tkur zu Boden. Sie griff nach ihm.

»Schnell. Wir müssen verschwinden«, drängte sie.

Er blickte zu dem Gewirr der schimmernden Energiestege hinauf, auf denen sich die zahllosen Besucher der Vergnügungshöhle bewegten. Niemand schien bemerkt zu haben, dass für einen kurzen Moment eine Spalte in einer der Energiebahnen entstanden war, durch die sie in die Tiefe gestürzt waren.

Doch Kennon ließ sich nicht täuschen. Er gewann mehr und mehr Abstand von den Ereignissen, die ihn psychisch so stark erschüttert hatten, und im gleichen Maß klärten sich seine Sinne. Der kühl rechnende Verstand des geschulten USO-Spezialisten gewann nun wieder die Oberhand.

Die schöne Frau an seiner Seite brauchte ihm nicht zu sagen, dass die Gefahr noch nicht vorbei war. Kennon zweifelte keine Sekunde daran, dass ihre Gegner den Fehlschlag ihrer Aktion bereits erkannt hatten.

Er schaltete den Antigrav wieder ein und drückte sich in die Höhe, indem er sich leicht mit den Füßen abstieß. Dann schwebte er neben Tarish'a'tkur her über die Felsen hinweg, sank nach einigen Metern auf den Boden zurück und stieß sich erneut ab.

»Weißt du, wie wir die Höhle verlassen können?«, fragte er.

»Ich habe keine Ahnung. Leider.«

»Nicht weiter schlimm.«

Kennon entdeckte einen spinnenförmigen, schwarzen Roboter, der aus der glitzernden Welt über ihnen herabschwebte, und ihm war sofort klar, welchen Auftrag die Maschine hatte. Er zog die Tikalerin hinter einen mächtigen Stalagmiten.

»Kennst du dich mit dem Antigravreif aus?«, fragte er.

»Leider nicht«, erwiderte sie. »Ich weiß nur, dass man sich damit bei einem Absturz retten kann. Das ist alles.«

»Wir müssen versuchen, an den Felsen hochzuspringen, uns festzuhalten und immer weiter nach oben zu kommen, bis wir auf der Höhe des Ausgangs sind.« Er verschwieg ihr, dass ihnen ein Roboter auf den Fersen war, um sie nicht unnötig zu beunruhigen.

»Das ist die einzige Möglichkeit«, entgegnete sie und zeigte ihm einen kleinen Felsvorsprung, der etwa zehn Meter über ihnen war. »Ich helfe dir.«

Bevor er sie abwehren konnte, umfasste sie ihn und schleuderte ihn überraschend kraftvoll in die Höhe. Der Kosmokriminalist streckte die Arme aus, warf sich nach vorn und klammerte sich an die Felsen, um nicht wieder in die Tiefe zu sinken.

Lautlos glitt Tarish'a'tkur neben ihn.

»Es geht«, flüsterte sie. »Wenn wir vorsichtig genug sind, schaffen wir es, ohne dass uns jemand sieht. Wir wären vermutlich die ersten, die aus dieser Falle entkommen.«

»Wie kommst du darauf?«

Sie zuckte gleichmütig mit den Schultern.

»Ich habe Skelette gesehen.«

»Aber du scheinst dich nicht zu fürchten.«

Sie lachte.

»Aber warum denn?« Sie legte den Arm um ihn. »Ich weiß doch, dass ich lebend hier herauskomme.«

Er erfasste den wahren Sinn ihrer Worte nicht, sondern verstand sie als Kompliment.

»Du hast Recht. Wir werden es schaffen.«

Tatsächlich gelang es ihnen schon wenig später, eine der schimmernden Energiestraßen zu erreichen. Sie kletterten daran vorbei und warteten etwa fünfzehn Meter über ihr zwischen Stalaktiten versteckt, bis sich ihnen eine Gelegenheit bot, unbemerkt auf sie herabzuspringen. Dann verließen sie die Höhle.

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