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2.

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»Ich muss ein Telekomgespräch führen«, sagte der Kosmokriminalist. »Es ist dringend. Sehr dringend sogar. Können Sie mir das ermöglichen, ohne dass wir die Behörden einschalten?«

Tarish'a'tkur blickte ihn forschend an. Ihre Augen waren dunkel und voller Geheimnisse. Selbstbewusst saß sie ihm in einem weich gepolsterten Schalensessel gegenüber. Sie befanden sich in einer kleinen Wohnung in einem Hochhaus am nördlichen Rand der Stadt, nur etwa hundert Kilometer vom nächsten Raumhafen entfernt. Hierher hatte die Tikalerin ihn gebracht, nachdem sie ihn vor dem Mordkommando gerettet hatte.

»Mit wem wollen Sie sprechen?«

»Mit dem besten Freund, den ich habe. Mit Ronald Tekener.«

»Was wollen Sie von ihm?«

»Sie fragen, Tarish'a'tkur, dabei sollten Sie mir lieber einiges erklären. Wieso waren Sie in dem Positronikladen, nachdem dort die Schießerei stattgefunden hatte? Wieso haben Sie mir auf dem Dach geholfen? Weshalb sind Sie mir gefolgt? Und woher wussten Sie, wohin ich fliegen würde? Sie konnten noch nicht einmal ahnen, dass ich hilflos sein würde.«

»Ronald Tekener. Hört sich gut an.« Sie lächelte und zeigte dabei zwei Reihen schneeweißer Zähne. »Möchten Sie etwas trinken oder essen?«

»Warum weichen Sie mir aus?«

»Weil das Leben zu kurz für so viele Fragen ist«, entgegnete sie geheimnisvoll.

»Ich verstehe Sie nicht.«

Sie erhob sich und ging mit anmutigen Bewegungen zu einer Bar, die in die Wand eingelassen war. Sie wählte ein blaues, klares Getränk und brachte ihm einen einheimischen Wein, als sei sie ganz sicher, dass er ihn und nichts anderes haben wollte.

»Wer versteht schon den anderen?«, erwiderte sie. »Das ist es doch, wodurch alles so schwierig wird.«

»Das hilft mir nicht weiter.« Er stand ärgerlich auf. »Sie müssen schon offener zu mir sein.«

Sie kam zu ihm und setzte sich neben ihn auf ein Kissen.

»Ich habe Kopf und Kragen riskiert, um Sie zu retten. Schon vergessen?«

»Das werde ich nie vergessen«, beteuerte er. Ihre Nähe verwirrte ihn. Ein eigenartiger, sehr angenehmer Geruch ging von ihr aus. Er war so verlockend, dass Kennon am liebsten noch näher an sie herangerückt wäre, um ihn intensiver genießen zu können. Doch wiederum überfiel ihn die Angst vor einer Zurückweisung, und er entfernte sich einige Schritte von ihr.

»Also gut«, sagte er. »Sie wollen nichts erklären. Ich werde sicherlich noch erfahren, was ich wissen muss. Kommen wir auf den Punkt zurück, der zunächst am wichtigsten ist. Wie führe ich ein Telekomgespräch, ohne dass ich eine der öffentlichen Einrichtungen benutzen und somit eine Genehmigung bei den Behörden einholen muss?«

»Wir müssten bei einem der Handelsunternehmen einbrechen«, antwortete sie gelassen. »Dann hätten wir etwa acht Minuten Zeit, bis die Polizei zur Stelle ist. Reicht das aus?«

»Wir benötigen wenigstens zwei Minuten für den Rückzug«, gab er zu bedenken. »Bleiben also fünf bis sechs Minuten. Das genügt.«

»Was haben Sie vor?«

»Genau das, was ich gesagt habe. Ich muss mit einem Freund sprechen. Er soll mir helfen, Traak unbeschadet zu verlassen, wenn es an der Zeit ist.«

Sie zuckte mit der Schulter. Sie glaubte offenbar nicht daran, dass sich alles auf Traak gegen ihn verschworen hatte.

»Ist das Ihre einzige Möglichkeit, sich zu wehren?«, fragte sie. Er glaubte, eine gewisse Verachtung aus diesen Worten heraushören zu können.

Ich bin schwach, wollte er erwidern. Ich kann mich nicht auf einen Kampf einlassen, in dem es auf körperlichen Einsatz ankommt.

Doch er sagte: »Es geht nicht nur um mich. Ich glaube, dass wir es mit einer Verschwörung zu tun haben, die sich gegen ein höheres Ziel richtet. Es wäre vermessen von mir, sie allein bekämpfen zu wollen.«

Sie blickte ihn überrascht an.

»Dann wollen Sie doch auf Traak bleiben?« Sie trank hastig einen kleinen Schluck. »Sie sind ein rätselhafter Mann, Kennon. Eben noch dachte ich, sie hätten nichts besseres zu tun, als so schnell wie möglich von dieser Welt zu verschwinden.«

»Das war zunächst auch meine Absicht«, antwortete er. »Aber das kann ich nun nicht mehr. Ich muss klären, was diese Anschläge zu bedeuten haben, bevor ich Traak verlasse.«

Er rutschte aus dem Sessel und ging schwerfällig einige Schritte auf und ab.

»Wollen Sie mir nun helfen oder nicht, Tarish'a'tkur?«

»Kommen Sie.« Die junge Frau ging zu einem Schrank und nahm eine kleine, handliche Waffe heraus. »Wollen Sie auch eine?«

»Haben Sie ein ganzes Waffenlager?«

Sie lachte.

»Ich bin für eine tikalische Handelsorganisation tätig«, eröffnete sie ihm. »Habe ich das noch nicht gesagt?«

»Nein. Ich weiß lediglich, dass Sie Tarish'a'tkur heißen und Tikalerin sind. Darüber hinaus ist mir klar, dass Sie außergewöhnlich intelligent sind und dass Sie einige Geheimnisse vor mir haben. Wäre noch hinzuzufügen, dass ich Sie als sehr schön empfinde.«

Sinclair Marout Kennon fühlte, dass ihm das Blut in die Wangen stieg. Er fuhr sich mit dem Handrücken über das linke Auge und räusperte sich verlegen.

Sie kam zu ihm und reichte ihm einen kleinen Nadelstrahler.

»Ich freue mich, dass Sie das gesagt haben«, bemerkte sie mit weicher Stimme, und in ihren Augen war ein Glanz, der ihn in grenzenlose Verwirrung stürzte.

»Gehen wir«, erwiderte er rau. »Ich habe keine Zeit.«

Sie verstand ihn. Sanft lächelnd trat sie zur Seite und ließ ihn vorbei, so dass er die Wohnung vor ihr verlassen konnte. Diese kleine Geste hatte offenbar eine besondere Bedeutung auf Tikal. Mit ihr gab sie zu erkennen, dass sie ihn respektierte und ihm die Führungsrolle überließ. Erst als sie auf dem Gang vor der Wohnung waren, beschleunigte Tarish'a'tkur ihre Schritte und schloss zu ihm auf.

»Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Wir müssen die Nottreppe nehmen. Wenn wir den Antigravschacht benutzen, werden wir von Aufzeichnungsgeräten erfasst.«

»Auf der Treppe nicht?«

»Nein. Wer benutzt die schon? An den Türen sind Impulsgeber, die ein Aufmerksamkeitssignal in der Zentrale des Gebäudes auslösen, aber sie lassen sich leicht ausschalten.«

Sie führte ihn zu einer Tür, hantierte geschickt an einem Wandschalter herum, nahm einen Mikro-Chip-Block heraus, durch den die Schalteinheit mit dem zentralen Magnetblasenspeicher verbunden war, und öffnete die Tür.

Kennon ging mit schlurfenden Schritten hindurch ins Treppenhaus. Betroffen blickte er auf die Stufen der Treppe. Sie waren viel zu hoch für ihn. Er musste jede einzelne von ihnen förmlich erklettern.

»Wie weit geht es nach oben oder nach unten?«

»Wir müssen sechs Treppen nach oben«, erklärte sie. »Ich werde Ihnen helfen.«

»Nein!« Geradezu hysterisch wehrte er sie ab, als sie ihren Arm um ihn legen wollte. »Das schaffe ich allein.«

Er blickte die Treppe hoch. Acht Stufen führten bis zum nächsten Absatz hoch. Ein wahres Gebirge schien sich vor ihm aufzutürmen. Außen wurde die Treppe von einer breiten, spiralförmigen Rinne eingefasst, die steil in die Höhe führte. Der Rückweg würde mühelos sein. Sie brauchten sich nur in die Rinne zu setzen und darin nach unten zu rutschen. In Sekunden konnten sie den Gefahrenbereich verlassen und in die Wohnung der Tikalerin zurückkehren.

Kennon stieg die ersten Stufen hoch, und zugleich erkannte er, dass er es nicht schaffen würde, ohne die Hilfe der Tikalerin sechs Treppen zu überwinden. Schon jetzt brach ihm der Schweiß aus, und die Muskeln seiner Beine begannen zu zucken.

Schweißüberströmt und mühsam atmend sank er zu Boden, als er die ersten acht Stufen überwunden hatte. Tarish'a'tkur stand lächelnd neben ihm.

»Wie lange wollen Sie warten, bis Sie sich helfen lassen?«, fragte sie. »Warum wollen Sie mir beweisen, was Sie körperlich leisten können? Meinen Sie nicht, dass so etwas nicht nur überflüssig, sondern auch gefährlich in unserer Situation ist?«

Sie ließ sich auf die Knie sinken und blickte ihn mitfühlend an.

»Ich weiß, dass Sie über eine wirklich ungewöhnliche Intelligenz verfügen, und ich spüre, dass sie geistige Gaben haben, mit denen Sie jeden anderen in den Schatten stellen. Verstehen Sie nicht? Das ist für mich wichtig – aber nicht, ob Sie in der Lage sind, eine Treppe hochzusteigen, die nicht auf Ihre körperlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist.«

»Sie haben Recht«, entgegnete er beschämt. »Ich benehme mich wie ein Narr.«

»Vor allen Dingen brauchen Sie mir nicht zu imponieren.«

Kennons linkes Lid begann nervös zu zucken. Er wich ihren Blicken aus.

»Helfen Sie mir«, bat er.

Sie legte einen Arm um ihn und stützte ihn, als sie zusammen mit ihm die nächste Treppe hochstieg. Jetzt kamen sie schneller voran, und Kennon benötigte nur gelegentlich eine kurze Erholungspause, bis er weitergehen konnte. Erst als sie die sechs Treppen erklommen hatten, brauchte er eine etwas längere Pause, die sie nutzte, um den Überwachungschip aus der Tür zum Gang zu entfernen. Als sich die Tür öffnete, atmete er bereits wieder ruhig und gleichmäßig.

Du bist ein Dummkopf!, warf er sich vor. Du hättest dir gleich helfen lassen sollen. Wie willst du mit Tek reden, wenn du vor lauter Erschöpfung nicht den Mund aufmachen kannst?

Der Gang war jenem, auf dem Tarish'a'tkur ihre Wohnung hatte, zum Verwechseln ähnlich. Er war etwa zweihundert Meter lang und zehn Meter breit. In unregelmäßigen Abständen verbreiterte er sich zu kleinen Hallen, in denen Verkaufsvitrinen und Sitzmöbel aufgestellt waren. Farbige Türen aus unterschiedlichem Material zweigten vom Gang ab. An den Wänden hingen die Gemälde traakischer Künstler, die überwiegend in düsteren oder in leuchtend blauen Farben gehalten waren und die allesamt den Eindruck allzu gewollter Originalität auf Kennon machten.

Die geschuppte Tikalerin führte den Terraner zu einer roten Tür, die mit einem positronischen Schloss gesichert war.

»Werden Sie damit fertig?«, fragte sie. »Es wäre gut, wenn Sie es aufbrechen könnten, ohne einen Alarm auszulösen. Ich könnte es aufschließen, aber dann würde der Verdacht sofort auf mich fallen.«

»Damit wäre nichts gewonnen«, erwiderte der USO-Spezialist. Er brauchte noch nicht einmal eine Minute, das Schloss zu überwinden. Staunend sah Tarish'a'tkur zu, wie er die komplizierte Positronik überlistete, und wiederum ließ sie ihn vorangehen.

Erst als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte und er sie aufforderte, ihn zu führen, schritt sie an ihm vorbei, durchquerte mehrere Büros und zeigte ihm den Telekom.

»Er ist doppelt gesichert«, erläuterte sie. »Die eine Sicherung können Sie entfernen, die andere nicht. Aber das wissen Sie ja.«

Sie half ihm, in die vor dem Gerät schwebende Antigravschale zu steigen, und schob diese so dicht an den Telekom heran, dass er die Schaltungen mühelos mit den Händen erreichen konnte. Dann trat sie zurück und ließ sich in der Ecke des Raumes in einen Sessel sinken. Er sah, dass sie sich völlig entspannt zurücklehnte und die Augen geschlossen hatte.

Interessierte sie sich nicht für das Gespräch mit Tekener? Bereitete sie sich auf den Rückweg vor? Oder verließ sie sich ganz auf ihr Gehör, um sich keine Nuance des Dialogs mit dem Freund entgehen zu lassen?

»Worauf warten Sie?«, fragte Tarish'a'tkur leise.

»Ich bin plötzlich nicht mehr sicher, dass fünf oder sechs Minuten ausreichen«, erwiderte er. Es fiel ihm schwer, sich abzuwenden. Am liebsten hätte er sie noch viel länger angestarrt. Ihr Gesicht war so schön und ebenmäßig und erhielt durch die silbriggrün schimmernden Schuppen einen fast überirdischen Glanz, so dass es ihm wie ein Kunstwerk erschien.

Er war noch niemals zuvor einem Tikaler begegnet, und er wusste so gut wie nichts über dieses Volk, das ihm galaktischen Sinn nie auffallende Aktivitäten entwickelt hatte. Jetzt sehnte er sich plötzlich danach, Tikal zu besuchen, andere Männer und Frauen dieses Planeten zu sehen, um Tarish'a'tkur mit ihnen vergleichen zu können. Wie alt war sie? Waren alle Frauen so schön wie sie? Und wie konnte man erkennen, was sie dachte und fühlte? War die Verständigung mit ihnen wirklich so leicht wie es schien? Oder war Tarish'a'tkur weltgewandter als andere Tikalerinnen? Hatte sie gelernt, sich mit Terranern zu verständigen und deren Handlungsweisen zu begreifen?

»Sie sind nicht konzentriert genug«, stellte sie fest. Sie schlug die Augen auf und blickte ihn an. »Irritiere ich Sie? Soll ich den Raum verlassen?«

Kennon zögerte kurz. Er fürchtete, sie zu verletzen. Dann entschied er sich dafür, offen zu sein.

»Sie würden mir helfen.«

Sie nickte verstehend, erhob sich und ging hinaus. Leise schloss sich die Tür hinter ihr.

Sinclair Marout Kennon schaltete den Telekom ein. Ronald Tekener befand sich auf dem Planeten Ossirmel, der nur etwa neun Lichtjahre entfernt war. Er hatte dort einen Auftrag im Telekommunikationszentrum zu erledigen, so dass Kennon hoffen konnte, ihn schnell zu erreichen.

Er tippte die Daten von Ossirmel ein, gab den entscheidenden Freikode ein und schickte das Hyperfunksignal hinaus. Sekunden später erhellte sich der Bildschirm, und das von groben, blauen Warzen bedeckte Gesicht eines Ossirmelaners erschien. Die vier weißen Augen blickten Kennon gleichgültig an.

»Ich muss Tekener sprechen. Sofort«, erklärte er, nachdem er die umständliche Begrüßungsformel gesprochen hatte. »Ich habe nur Sekunden, dann muss ich das Gespräch beenden.«

Der Ossirmelaner verstand. Normalerweise war es schwer, wenn nicht gar unmöglich, eines dieser schwerfälligen und eigensinnigen Wesen zu einer zügigen Vermittlung zu veranlassen, doch dieser Ossirmelaner reagierte sofort.

Das von Lashat-Narben gezeichnete Gesicht Ronald Tekeners erschien auf dem Bildschirm, und hellblaue Augen blickten ihn forschend an. Ein eigenartig drohendes Lächeln lag auf den Lippen des Galaktischen Spielers. Es jagte Kennon einen kalten Schauer über den Rücken. Noch nie hatte Ronald Tekener ihn in dieser Weise angesehen. So lächelte Tekener nur seine Feinde an, bevor er ihnen den Todesstoß versetzte.

»Ich bin in Schwierigkeiten, Tek«, sagte der Kosmokriminalist. Er versuchte, seinen Schrecken zu überwinden und so überzeugend und selbstsicher zu wirken wie nur eben möglich, konnte aber nichts dagegen tun, dass das linke Lid unkontrolliert zuckte und seine Stimme schwankte. Seine Gedanken überschlugen sich. Was war geschehen? Wieso begegnete ihm sogar der beste Freund, den er hatte, mit solch offenkundigem Misstrauen?

»Was ist los?«, fragte der Lächler.

»Das hiesige Büro musste seinen Betrieb einstellen«, umschrieb Kennon die tatsächlichen Ereignisse, wohl wissend, dass der Galaktische Spieler ihn genau verstand. »Alle Mitarbeiter sind ausgefallen. Ich war durch einen Zufall nicht dort anwesend, musste aber bald erfahren, dass die Komplikationen mich einbezogen.«

»Ich kann hier nicht weg«, entgegnete Tekener, nachdem er kurz überlegt hatte. »Geh nach Uzkelkap. Melde dich unter dem Namen deiner Eltern.«

Damit schaltete der Galaktische Spieler ab. Er verabschiedete sich nicht und gönnte ihm nicht einmal einen Blick, um zu unterstreichen, dass es noch eine gemeinsame Vertrauensbasis gab. Tekener behandelte ihn wie einen Fremden, der sich unbefugt in die inneren Angelegenheiten der USO eingemischt hatte.

Wie betäubt blieb Kennon vor dem Telekom sitzen. Er hörte nicht, dass sich die Tür hinter ihm öffnete. Erschrocken zuckte er zusammen, als Tarish'a'tkur ihn ansprach.

»Die Zeit läuft«, sagte sie. »Seit wenigstens zehn Sekunden weiß die Zentrale Bescheid, dass hier irgendetwas nicht in Ordnung ist.«

Im Gesicht Kennons arbeitete es. Er rutschte bleich aus dem Sessel. Ihm war anzusehen, dass er Mühe hatte, sich zu beherrschen. Seine Mundwinkel zuckten verräterisch, und er schwankte, als er zur Tür ging. Er schien kaum noch die Kraft zu haben, die Füße zu heben.

»Schnell«, drängte die Tikalerin. »Wir müssen uns beeilen. Sie sollten sich zusammenreißen. Ein Mann wie Sie sollte eine Enttäuschung verkraften können.«

Der Vorwurf, sich gehen zu lassen, traf ihn hart. Er presste die Lippen trotzig zusammen und stieß ihre Hand zur Seite, als sie ihm behilflich sein wollte. Keuchend schleppte er sich bis ins Treppenhaus. Hier ließ er sich in die spiralförmig nach unten laufende Rinne fallen und rutschte darin mit schnell wachsender Geschwindigkeit nach unten, war jedoch geschickt genug, sich rechtzeitig abzufangen und im richtigen Stockwerk auszusteigen.

Er hatte die Tür ihrer Wohnung bereits erreicht, als sie kam.

»Sie sind schon oben«, berichtete sie mit leiser Stimme. »Ich habe sie gehört.«

»Sie finden keine Spur von uns«, erwiderte er. »Warum kommen Sie so spät?«

»Ich habe unsere Spur mit einem Kältespray verwischt«, antwortete sie und zeigte ihm eine kleine Dose, bevor sie diese in einen Abfallschacht warf. »Was hat er gesagt?«

»Ich soll nach Uzkelkap gehen und mich dort unter dem Namen meiner Eltern melden.«

»Uzkelkap«, entgegnete sie. »Das ist eine kleine Stadt im Süden am schönsten Meer dieses Planeten. Dort liegt das größte Vergnügungszentrum von Traak. Mit einem schnellen Gleiter brauchen wir nicht mehr als einen Tag. Und bei wem sollen Sie sich dann melden?«

»Bei wem!« Kennon schnaufte ärgerlich. Er ging zur Bar und wollte sich ein hochprozentiges Getränk einschenken, überlegte es sich im letzten Moment jedoch anders. »Wenn ich das wüsste! Bei wem!«

»Was regt Sie so daran auf?«

»Ich soll mich unter dem Namen meiner Eltern melden.«

»Na und?«

Kennon stützte sich mit beiden Händen auf die Lehne eines Sessels. Er blickte auf seine Füße.

»Ich kenne den Namen meiner Eltern nicht«, eröffnete er ihr. »Ich habe sie nie gesehen. Ich bin als Kleinstkind ausgesetzt worden. Man hat mich gefunden. Ich bin in einem staatlichen Internat aufgewachsen. Und Tekener weiß das.«

»Aber er hat gesagt, Sie sollen sich unter dem Namen Ihrer Eltern melden?«

»Genau das«, presste Kennon erbittert hervor. »Es sieht beinahe so aus, als wollte Tek mich beleidigen und verletzen. Er weiß, dass ich unter den Erlebnissen meiner Jugend noch heute ...«

Er schüttelte den Kopf und schenkte sich nun doch ein hochprozentiges Getränk ein, um es auf einen Zug auszutrinken. Dabei verschluckte er sich und hustete würgend, bis Tarish'a'tkur ihn kurzerhand in die Arme nahm und ihm beruhigend über den Rücken strich.

»Ich habe dich schon verstanden«, sagte sie leise. »Du hast Wunden, die auch heute noch nicht vernarbt sind, und dein Freund hat eine von ihnen wieder aufgerissen. Gerade von ihm hättest du so etwas niemals erwartet.«

»Er war der einzige, dem ich wirklich in jeder Hinsicht vertraut habe.«

Er blickte verwundert auf und wurde sich dessen bewusst, dass er in ihren Armen lag.

»Lass mich los«, bat er.

Sie schüttelte den Kopf.

»Nein. Ich denke nicht daran«, lächelte sie. »Ich habe das sichere Gefühl, dass ich dich heute Nacht nicht allein lassen darf.«

»Ich will dein Mitleid nicht.«

»Wie kannst du nur so blind sein? Was ich für dich empfinde, hat nichts mit Mitleid zu tun.«

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