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Kapitel 3

P&R Investments. Einfach. Ertragreich. Sicher

Direktinvestments in echte Sachwerte. Null Risiko

2010. Das P&R-Geschäft ist zu diesem Zeitpunkt auf zwei Standorte verteilt: In Deutschland, Grünwald bei München, sitzen zunächst drei Vertriebsgesellschaften, die Container als Investment an Anleger verkaufen und als Vertragspartner der Anleger auftreten.

In der Schweiz, in Zug, sitzt also die P&R-eigene Container-Management Gesellschaft, die zuständig ist für die ertragreiche Vermarktung der Container, also die Vermietung an Leasinggesellschaften oder Reedereien und den Handel mit Einkauf und Verkauf der Container.

Das Anlagemodell ist, darum geht es, vor allem für Anleger scheinbar einfach und leicht verständlich. Und so wird es auch dargestellt: P&R Deutschland verkauft bereits langfristig vermietete Seefrachtcontainer, das wird in den Verträgen versprochen, an Investoren, mietet sie von diesen zurück, um sie dann über die Schweizer P&R Management-Gesellschaft an große internationale Container-Leasing-Firmen oder Reedereien weiterzuvermieten. Die Kaufpreiszahlungen der Anleger gehen an die Schweiz. Sollten sie, jedenfalls. Die aus Vermietung der Frachtcontainer und dann dem Handel mit diesen Containern erzielten Einnahmen werden von der Schweiz zurück an die deutschen Vertriebsgesellschaften überwiesen. Die Anleger erhalten dann quartalsweise vertraglich garantierte Mieteinnahmen ausbezahlt und nach fünf oder drei Jahren ein Rückkaufangebot für ihre Container, das bei rund 65 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises liegt. Renditen vor Steuern liegen 2010 bei rund 5-6% p.a. Solide. Richtig gut!

Die enorme Sicherheit für Anleger aber besteht darin, dass sie ein sogenanntes Direktinvestment in einen echten Sachwert zeichnen. Eine bestimmte Anzahl an Stahlboxen, zwei, zehn, hundert, das Gegenmodell einer Beteiligung also, wo Anteile an einer Containerflotte, vergleichbar mit einem Fonds, erworben werden. P&R-Anleger werden damit rechtliche und – je nach Investment – auch wirtschaftliche Eigentümer ihrer eigenen, echten Frachtcontainer. Sachwerte. Zum Anfassen. Mit Kaufvertrag. Mit Verwaltungsvertrag. Mit garantierten sicheren Renditen, die selbst in den Folgejahren, in einem Nullzinsumfeld, noch zwischen 4% und 5% Prozent pro Jahr vor Steuern liegen. Aus diesem einfachen und so sicheren Modell konzipiert P&R drei schon erwähnte Produkte, die jeweils in einer Vertriebsgesellschaft an die Anleger vertrieben werden:

Vertriebsgesellschaft 1: Die P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH (LF)

Neucontainer, Laufzeit 5 Jahre, Mieten zirka 10% pro Jahr auf das eingesetzte Kapital, Rückkauf der Container nach Vertragsablauf avisiert, nicht garantiert, für 65% des Kaufpreises. Steuer: Sonstige Einkünfte, zu versteuern mit dem persönlichen Einkommensteuersatz. Und die Mieteinnahmen, die Investoren aus der Vermietung an Reedereien erzielen? Für Anleger quasi steuerfrei. Bei den fünfjährigen Investmentangeboten erhalten Anleger als Mieten zirka 10% des eingezahlten Kapitals. Steuerlich abzugsfähig ist nahezu der gleiche Betrag: 10% AfA (Absetzung für Abnutzung) auf das eingelegte Kapital. Zu versteuern nur der sogenannte Veräußerungsgewinn, nachdem P&R nach Vertragsende die Container zurückkauft. Möglich ist dieses Modell durch eine eigene Lex P&R, die bei den deutschen Steuerbehörden verankert ist.

Vertriebsgesellschaft 2: Die P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH (GC) Das gleiche Modell wie oben, hier eben für Gebrauchtcontainer-Investments. Damit sind 12,5% AfA möglich.

Vertriebsgesellschaft 3: P&R Container-Leasing GmbH (CL):

Unterschied zu den erstgenannten Produkten: Laufzeit nur über drei Jahre, Rückkaufpreis nach Vertragsende bereits vertraglich festlegt, damit sind die Erträge als Kapitalerträge zu versteuern.

Für die Kleinanleger stellt P&R diese Rechnung übersichtlich, verständlich und individuell für jede Anfrage auf Knopfdruck zur Verfügung: Ein 2-seitiges pdf.-Dokument, das alle Zahlen ausweist. Viel wichtiger aber: Für die gerade ungeübten Klein-Anleger gibt es fünf fantastische Sicherheiten, die P&R auslobt:

Erstens: Alle Container sind bereits fest vermietet, bevor Anleger diese Container kaufen können. P&R kennt damit seine Mieteinnahmen, kann die Renditen daraufhin kalkulieren und die Mietausschüttungen auch in der Höhe garantieren. Dieses Modell ist in etwa so, wie wenn ein Investor eine bereits fest vermietete Wohnung kauft, die Mieteinnahmen über fünf Jahre nahezu steuerfrei durch die Abschreibung erhält und nach fünf Jahren die Wohnung wieder an den Verkäufer zu einem vorher avisierten Preis verkaufen darf. Versteuern muss er nur die Differenz zwischen Restbuchwert der Wohnung und dem erhaltenen Rückkaufpreis, also den Veräußerungsgewinn. Fantastisch.

Zweitens: Ein Totalverlust der Anlage ist niemals möglich. Anleger haben immer den Sachwert selbst: Echte Stahlkisten. Zum Anfassen.

Drittens: Selbst der Ausfall eines Mieters, also einer Reederei, ist kein Problem, da die vielen anderen P&R Vertragspartner, die zehn größten Leasinggesellschaften, die P&R nennt, plus Groß-Reedereien direkt, diese Container sofort übernehmen werden. Denn die Nachfrage ist enorm. So wird es prospektiert.

Viertens: Selbst eine Insolvenz einer deutschen P&R Gesellschaft, die aber eigentlich unmöglich ist, denn sie schiebt ja nur Geld in die Schweiz und zurück, hat keine Auswirkungen für die Anleger. Das Geschäft wird dann direkt und ohne Unterbrechung und zum Wohl der Anleger über einen bestehenden Treuhänder fortgeführt. Und die Schweizer P&R Gesellschaft? Kann nicht pleite gehen, da sie den deutschen Gesellschaften immer nur genau so hohe Renditen für die Anleger in Aussicht stellt, wie die Industriepartner auch vertragsgemäß für die Container erwirtschaften.

Fünftens: Auf Anforderung erhalten die Anleger zusätzlich zum Kauf- und Verwaltungsvertrag ihrer Investments sogenannte Eigentumszertifikate, die exakt ihre jeweils individuellen Container mit Typ, Alter und Container-Nummer eindeutig bezeichnen. Rechtlich wichtig, da ein Eigentumsübergang der erworbenen Container auf die Anleger nur mit einer eindeutigen Bezeichnung der erworbenen Sache und damit eindeutigen Zuordnung zum Investor vollzogen wird. Wie sich später zeigen wird. Das weiß aber kein Anleger wirklich. Und nach Aussage des Vorstands Feldkamp, auch intern zu Mitarbeitern, sind diese Eigentumszertifikate nicht wirklich rechtlich wichtig, da es ja den Kaufvertrag gibt, der den Eigentumsübergang besiegelt. Eine Lüge. Mit Grund.

Diese Sicherheiten also findet der Anleger auch schwarz auf weiß in Prospekten, auf der P&R Website, in den Angebotsbriefen, auf Nachfrage. Es ist einfach alles komplett und mehrfach abgesichert. Für P&R Deutschland, für P&R Schweiz, für die Anleger, selbst für den Vertrieb. Nicht umsonst werden P&R Containerinvestments auch von Banken wie der Postbank und Sparkassen vertrieben, die ihren Kunden oft genug P&R-Container als sichere, seriöse Anlage vermitteln. Und nicht selten werden P&R-Investments auch von Steuerberatern empfohlen, wie ein P&R-Kunde 2018 berichten wird. Ein Direktinvestment in den Sachwert Fracht-Container, der immer, einfach immer Geld verdient. Ein Volks-Investment. Für jeden geeignet.

Die Realität sieht anders aus. Ein Münchner Ermittler formuliert 2020 gegenüber dem Spiegel:

»Die waren 1975 nicht als Betrugsunternehmen gestartet. Aber irgendwann haben sie gemerkt, dass sie zu wenige Container haben, zu hohe Renditen bezahlen, die Einnahmen deshalb nicht mehr reichen. Und haben sich gesagt: Jetzt sind wir schon so weit gekommen, jetzt reiten wir weiter in den Sonnenuntergang.«14

Treffender wird man es kaum beschreiben können. Feldkamp und Roth reiten weiter in den Sonnenuntergang. Denn sie treffen schon in den Jahren zuvor, aber insbesondere ab 2010, fatale Entscheidungen, die nicht mehr darauf abzielen, das Unternehmen mit reduzierten Renditen zu sanieren, oder rechtzeitig als zahlungsunfähig zu melden, um die Anlegerverluste gegenüber 2018 wenigstens zu reduzieren. Sondern sie treffen die Entscheidung, ihren gigantischen Schneeball zu füttern, auszubauen, zu systematisieren und – das wird später deutlich – frisches Geld für bestehende Anlegerforderungen als legitimes Geschäftsmodell zum Wohle der Anleger ernsthaft zu behaupten. Über mehr als zehn Jahre. Sie gewöhnen sich an ihr eigenes Modell. Roth wird später, 2018, bei den polizeilichen Ermittlungen sagen:

»Hätte man mich weitermachen lassen, hätte kein Anleger Geld verloren.«

Er glaubt, was er sagt.

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