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1.2.4 Die Unterscheidung zwischen überkulturell-normativen und kulturgebunden-deskriptiven Aussagen

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Unter den bibelgläubigen konservativen Auslegern gibt es an dieser Stelle gleichzeitig eine grundsätzliche Übereinstimmung und eine unübersehbare Vielfalt der Meinungen im „exegetischen Bürgerkrieg“ um die Stellung der Frau: Übereinstimmung herrscht in der Einschätzung, dass die Heilige Schrift zur Rolle der Frau sowohl allgemein gültige, zeitlose als auch kultur- und zeitgebundene Aussagen enthält (Mickelsen 1989, 119) und dass es eine wichtige Aufgabe des Auslegers ist, zeitlose Wahrheiten von ihren kulturbezogenen Formen zu unterscheiden (Erickson 1998, 76). Die Vielfalt der Meinungen zeigt sich bei der konkreten Umsetzung dieser Aufgabe (Groothuis 1997, 41), und die Frage nach angemessenen hermeneutischen Leitlinien für diesen Prozess bewegt das theologische Denken unter Auslegern, die die Schrift als Autorität bewusst ernstnehmen, wie nie zuvor, ja ist zu einem „fundamentalen Anliegen der Hermeneutik“ geworden (Larkin 1988, 104–107).

Dies trifft in besonderer Weise auf die Anweisungen des Paulus zur Rolle der Frau in Ehe und Gemeinde zu. Im Spektrum der hermeneutischen Vorgehensweisen zu ihrer Auslegung steht auf der einen Seite die Auffassung, dass grundsätzlich alle Anweisungen, in denen nicht selbst eine Einschränkung formuliert ist, wörtlich übertragen und angewandt werden sollten (Foh 1989, 70).28 Folgt man dieser Auslegungsart, so führt das zu dem Ergebnis, dass die von Paulus betonte hierarchische Ordnung der Geschlechter mit der Unterordnung der Frau unter den Mann in Ehe und Gemeinde mitsamt ihren praktischen Konsequenzen für das Gemeindeleben bis hin zur geschlechtsspezifischen Kleiderordnung als zeitlos normativ festgelegt wird. Folgerichtig werden dann alle entsprechenden Anweisungen als „Frage von So spricht der Herr“ gesehen (Strauch 2001, 18), die schlichten und uneingeschränkten Gehorsam fordert und für weitere Diskussionen nicht offen steht. Gegen diese Sichtweise wird von anderen Auslegern vor allem die Schwierigkeit der Konsequenz in der Anwendung ins Feld geführt (Larkin 1988, 105; Johnston 1986, 35). In der Tat zeigt ein Blick auf verschiedene Auslegungen, dass die Grenzen der wörtlichen Anwendung sehr unterschiedlich gezogen werden. Die hauptsächliche Kritik an dieser Stelle richtet sich gegen die Willkürlichkeit und fehlende Konsistenz solcher Grenzziehung (Liefeld 1989, 129; Scholer 1986, 214; Westfall 2016, 206–207; Neuenhausen 2018, 17–19).

Auf der anderen Seite des hermeneutischen Spektrums unter „bibeltreuen“ Auslegern steht die Ansicht, dass Galater 3,28 die überkulturell und zeitlos gültige Aussage des Apostels Paulus zur erlösungsbedingten Beziehung zwischen Mann und Frau sei, die grundsätzlich eine Aufhebung aller sozialen Unterschiede zwischen ihnen impliziere (Longenecker 1984, 74–75; Smith und Kern 2000, 72–74; Johnston 1986, 31; Fee 2005, 172–185; Husbands 2007, 143–145). Alle spezifischen Anweisungen des Apostels an einzelne Gemeinden werden nun im Licht dieses Prinzips ausgelegt als praktische Anweisungen in einer konkreten Situation. Ergebnis einer solchen Auslegungsweise ist dann eine Betonung der grundsätzlichen Gleichrangigkeit zwischen Mann und Frau aufgrund der Erlösung. Die hierarchische Ordnung, die in den Anweisungen des Paulus zum Ausdruck kommt, wird als Spiegel der gesellschaftlichen Situation seiner Zeit gesehen, in die der Apostel sie hineingibt, ohne dabei sein grundsätzliches Anliegen der Gleichrangigkeit zwischen Mann und Frau preiszugeben.29 Der Haupteinwand gegen diese Art der Auslegung ist die Furcht vor einer Relativierung von biblischen Texten und infolgedessen der Unterminierung der Autorität der Heiligen Schrift (Liefeld 1989, 112).

Zwischen diesen beiden hermeneutischen Grundpositionen gibt es viele Zwischenstufen. Nach dem derzeitigen Stand der Diskussion scheint Susan Foh recht zu haben, wenn sie es für unwahrscheinlich hält, dass es unter den Auslegern zur „Frauenfrage“ je eine Einigung geben wird (Foh 1989, 162). Der Weg dorthin kann nur über ein weiteres ehrliches Ringen um „die ursprüngliche Absicht der Texte“ gehen, die „die einzig angemessene Kontrolle für hermeneutische Aussagen“ (Fee 1996, 26) darstellt.

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