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Lisa Kapitel 2

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Lisa starrte aufs Meer. Während ihre Freunde bereits wieder die Schule besuchten, durfte sie baden gehen.

Das war auch schon der einzige Vorteil ihres Umzugs in das fremde Land. Es hatte heftigen Streit zwischen ihr und ihren Eltern gegeben. Ihr Vater hatte eine neue Arbeit auf einem anderen Erdteil bekommen und dort ein Jahr lang allein verbracht. Nun hatte die Familie entschieden, ihm zu folgen. Die Familie? Pah! Mama und Papa hatten es unter sich ausgemacht! Sie war nicht einmal gefragt worden.

Lisa zog ihr T-Shirt und ihre Shorts aus, darunter kam der neue schwarze Bikini zum Vorschein. Sie band ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und legte ihre Kette ab. Es war ein Abschiedsgeschenk von ihrem Opa gewesen – ihr wertvollstes Mitbringsel aus ihrer alten Welt. Vorsichtig ließ sie die Kette mit dem besonderen Stein in der Mitte auf den Boden ihres Strandkorbes gleiten. Sie schnappte sich ihre rote Matratze und schwamm weiter ins Meer hinaus, als es Mama und Papa erlauben würden. Vielleicht aus Trotz, vielleicht einfach nur, weil ihr danach war. Die Wellen glitzerten in der Sonne, sie ließ ihre Füße ins warme Wasser gleiten. Hätte sie hier auf Anhieb Freunde gefunden, wäre es vielleicht ein schöner Badetag geworden. Nur so schnell fand man in einem fremden Land keine neuen Freunde. Wenn in ein paar Tagen die Schule losgehen würde, würde alles leichter werden, hatten ihre Eltern versucht sie zu trösten. Ja, vielleicht.

Die Schule konnte aber ebenso zum Alptraum werden.

Mama und Papa stellten sich immer alles so einfach vor. Sie war allein und ihr war langweilig. Punkt! Papa arbeitete den ganzen Tag, Mama suchte Arbeit den ganzen Tag und sie fadisierte sich den ganzen Tag!

Bildete sie sich das nur ein oder tauchten da schwarze Flecken am Horizont auf? Oder hatte sie einfach zu lange in die Sonne gestarrt? Lisa richtete sich auf der Matratze auf. Womöglich zogen dunkle Wolken auf.

Nein, es waren keine Wolken, dafür waren die Punkte zu nah am Wasser. Vielleicht Nebel? Gab es überhaupt Nebel in diesem Land? Lisa wusste es nicht. Die wenigen anderen Strandbesucher reagierten nicht, womöglich spielten ihr ihre Augen einen Streich. Doch ein ungutes Gefühl kroch in ihr hoch. Sie konnte nicht ausmachen, woher das Gefühl stammte. Die Schwärze erinnerte sie an etwas. An eine dieser verrückten Erzählungen ihres Großvaters? Der hätte bestimmt etwas über die dunklen Flecken gewusst, er hatte auf alles eine Antwort. Er war so ein unglaublich guter Geschichtenerzähler. Sobald sie an ihn dachte, vermisste Lisa ihren Opa und seine unglaublichen Einfälle sehr. Eine von seinen Erzählungen handelte von schwarzen Flecken und einem gefährlichen Nebel. Darin kamen auch Drachen und eine Schwärze vor, die zu einer unüberwindbaren Wand heranwachsen und alles verschlucken sollte. Ziemlich cool und spannend obendrein. „Aber es gibt keine Drachen!“, redete sich Lisa ein. „Es war doch nur eine Geschichte.“

Sie blickte sich um. Nein, die düsteren Punkte bildete sie sich definitiv nicht mehr ein. Mittlerweile hatte sich aus den kleinen runden Dingern ein riesengroßer schwarzer Klumpen gebildet, der sich vom Meer her Richtung Küste ausbreitete. Sie erkannte, dass auch andere Menschen darauf aufmerksam wurden. Zwei Männer, die gerade um die Wette kraulten, hielten kurz inne und starrten in den Himmel, ehe sie unbekümmert weiterschwammen. Drei Jugendliche hingegen flüchteten aus dem Wasser. Auch sie selbst musste sofort an Land! An diesen Teil von Opas Geschichte konnte sie sich genau erinnern: Drei Steine spielten darin eine wichtige Rolle und sie hatte einen davon an ihrer Kette baumeln. Wenn die Erzählung stimmen sollte (das mit dem Drachen glaubte sie nach wie vor nicht), würde der Stein ihr und der Menschheit das Leben retten können. Sie paddelte, so schnell sie konnte, Richtung Strand.

Der schwarze Drache

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