Читать книгу Sucht Ho Ki Su - Hans Gerd Scholz - Страница 7

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Ja, er musste zurück. In unmittelbarer Nähe des Lagers würde ihn niemand vermuten. Dies war der einzige Platz im Land, in dem er nicht gesucht würde. So tolldreist es war, so logisch war es auch. Wer sollte auf die Idee kommen, dass er zurückkehren würde?

Er musste einen LkW-Fahrer finden, der keine Fragen stellte. Der mit dem halben Wochenlohn, mit dem er ihn bestechen wollte, zufrieden sein würde. Der hoffentlich intelligent genug war, auf keinen Fall ein Wörtchen zu dem Sicherheitspersonal, schon gar nicht der Geheimpolizei gegenüber, zu verlieren. Denn dann müsste er nicht nur das Geld abgeben, sondern möglicherweise auch den Kopf.

Nach Kanji-Dong würde er noch zwei Stunden unterwegs sein. Er konnte sich Zeit lassen. Die Straße war leer. Kein Kraftfahrzeug, kein sonstiges Fuhrwerk oder irgendwelche Menschen waren unterwegs. In den frühen Morgenstunden würde sich das ändern. Kleinbauern, die es trotz der Landreform noch hier und da gab, würden ihre Waren, zumeist Obst und Gemüse, vielleicht sogar etwas Fleisch, in die Stadt bringen und sie verkaufen. Arbeiter aus den kleinen Dörfern der Umgebung würden sich zu Fuß oder auf dem Fahrrad zu ihren Arbeitsstellen in der Stadt aufmachen. Dann musste er bereits in einem LKW Richtung Nordwesten unterwegs sein. Auf der Straße, auf der er gerade gekommen war.

Denn dann war mit intensiven, strengen Polizeikontrollen zu rechen. Bald würde sein Konterfei auf riesigen Plakaten von den Wänden herunter schauen. Er war nun der Staatsfeind Nummer eins. Auf seinen Kopf würde eine Belohnung ausgesetzt werden.

Er erreichte das Bahnhofsgebäude und verzog sich in den hintersten Winkel des kalten, ungeheizten

Warteraums. Noch war er der einzige Besucher in dem ungemütlichen, von einer trüben, nackten Glühbirne erhellten Raum. Der Tisch, aus rohem, verkratztem Holz war überzogen vom Schmutz der letzten Gäste. Sonnenblumenkerne, Papier und Nussschalen konnte er identifizieren. In Nordkorea wie auch im ganzen Chinesischen Reich war es üblich, alles Unverdauliche im Essen einfach auf den Boden zu spucken. Manchmal gab es Spuckschalen in den einfachen Gaststätten jedoch meist nicht.

Mit dem Ärmel schob er den Müll vom Tisch zu dem, der bereits den Boden bedeckte. Er öffnete die Tragetasche und sah nach, was sie enthielt. Wie vom Kommandanten angegeben, fand er Lebensmittel. Zwei große Brote, ein Stück Schinkenspeck von einem halben Kilo, dazu etwas bröckeligen Kuchen und eine kleine Flasche mit Wodka. Das war mehr, als er zu hoffen gewagt hatte.

Wann hatte er so etwas zum letzten mal gesehen? Jetzt spürte er den Hunger, der seit Tagen, seit Wochen und Monaten in seinen Eingeweiden tobte. Die Anspannung der letzten Stunden begann von ihm abzufallen. Er schnitt ein dickes Stück von dem bereits trockenen Brot ab, dazu einen dünnen Streifen Speck. Langsam kauend genoss er das beste Essen seit langer Zeit. Er kaute langsam und bedächtig. Um zu genießen. Um alle Nährwerte des Brotes bereits im Mund vorzuverdauen und damit aufzuschlüsseln. Den Alkohol rührte er nicht an, auch wenn es ihn stark danach gelüstete. Er musste hellwach bleiben. Doch dann wurden seine Augenlider zusehends schwerer. Der Schlaf drohte ihn zu übermannen.

Der Kommandant wollte mit den Esswaren ein Gelage mit seiner Geliebten feiern. Oder sie für ihre Dienste bezahlen. Daraus würde nun nichts werden. Vergeblich würde sie auf ihn warten. Auf Ki Su wartete niemand mehr. Er durfte nicht weiter an seine Frau, seine Familie denken. Sie waren verloren. Für immer verloren, als wären sie wie Schiffbrüchige im Meer ertrunken, während er es auf eine unbewohnte Insel geschafft hatte. Er konnte nichts für sie tun. Würde es wohl nie mehr können.

Sucht Ho Ki Su

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