Читать книгу Seid schlau- Stoppt den Klau- Inventursicherung im Einzel- und Fachhandel - Hans Günter Lemke - Страница 8
ОглавлениеTitel
Verluste durch Ladendiebstahl oder Betrugsdelikte bezeichnen wir als „Inventurdifferenzen“.
Diese setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen.
Denn leider „klaut nicht nur der Kunde, wie die nachfolgende Skizze des EHI (Eurohandelsinstitut in Köln) aus 2015 aufzeigt.
Kundendiebstahl 50,5%
Mitarbeiterdiebstahl 21,2%Inventurdifferenzen
ca. 4Milliarden Euro
Organisatorische Fehler 18,5%
Fremdmitarbeiter 9,8%
Zur Erläuterung: Zu Fremdmitarbeitern gehören u.a. Reinigungskräfte, Handwerker, Promotionsmitarbeiter, die kurzfristig im Betrieb zu tun haben (z.B. Verkostungen) und Lieferanten, wie sogar auch Sicherheitskräfte, u.a. Ladendetektive.
Organisatorische Fehler setzen sich hauptsächlich aus fehlerhaften Inventurdaten zusammen, Verluste im Wareneingang (fehlende Menge nicht vermerkt oder reklamiert) sowie falsche Umbuchungen (z.B. Warenumlagerung aus Partnergeschäft).
Die größten Verluste setzen sich erfahrungsgemäß aus Kundendiebstählen zusammen. Hier sollte ein Betrieb auch das größte „Augenmerk“ legen (z.B. durch externe Schulungen), jedoch ist der hohe Anteil von über 20 Prozent durch „eigene“ Mitarbeiter sehr bedenklich. Dazu in einem späteren Kapitel mehr.
Die nachfolgende Skizze vom Juni 2015 vom Eurohandelsinstitut mit der Übersicht der prozentualen Verluste vom Gesamtumsatz (Nettowert).
Welche Artikel bei den Ladendieben besonders beliebt sind:
Je nach den unterschiedlichen Branchen, teilen sich auch die Artikel auf, die am häufigsten gestohlen werden.
Es ist wichtig, diese „Klau Artikel“ zu kennen, um auch Sicherungsmaßnahmen einleiten zu können oder diese gefährdeten Artikel mehr „im Auge“ zu behalten.
Nachfolgend einige interessante Informationen dazu.
Natürlich kann es möglich sein, dass auch Artikel in einem Betrieb häufig gestohlen werden, die „man“ eigentlich nicht als „Diebstahlrenner“ betrachten würde.
In meiner Beratungsarbeit habe ich selbst schon einmal einen Lebensmittelhändler betreut, wo eine Kundin täglich die Ration Hundenahrung für Ihren „Liebling“ gestohlen hat. Diese konnten wir deshalb „überführen“, weil sie dann irgendwann „überheblich“ wurde und anfing, auch hochwertigere Artikel „auffällig“ einzustecken.
Diese Situation ist übrigens sehr häufig bei den sogenannten „Gelegenheitsdieben“ zu beobachten, die den Großteil aller Ladendiebtypen ausmachen.
Ladendiebe konzentrieren sich vor allem auf vergleichsweise teure, kleinteilige Waren.
Im Lebensmittelhandel zählen dazu traditionell zum Beispiel Rasierklingen, Spirituosen, Parfüm, Kosmetik oder Tabakwaren.
Im Textilhandel sind es in erster Linie Markenartikel, aber auch Accessoires oder Dessous.
Der Elektronikhandel klagt über Diebstähle von Smartphones, CDs, DVDs, Speicherkarten oder Druckerpatronen.
Was Verluste wirklich bedeuten…
Vielen Verkaufsmitarbeitern ist nicht immer klar, was Verluste durch nicht bezahlte Artikel wirklich bedeuten und welche Auswirkungen ein Diebstahl nach sich ziehen kann.
Mitarbeiter sollten sensibilisiert werden und sein, denn jeder einzelne Diebstahl bedeutet AUCH:
Die Ware ist weg = Totalverlust des Einkaufswertes.
Ein Preisaufschlag ist häufig unumgänglich.
Der notwendige Mehrumsatz zum Ausgleich ist oft nicht zu schaffen.
Gefahr der Unwirtschaftlichkeit eines Geschäftes.
Ein Erfolgserlebnis für den Dieb. Wollen Sie das?
Wiederholung durch den Dieb ist sehr wahrscheinlich.
Ladendiebstahl kann Arbeitsplätze gefährden.
Machen Sie den Mitarbeitern anhand von praxisnahen Zahlen, Verluste sehr deutlich. Ein Beispiel:
Die Inventurdifferenz beträgt zum Beispiel 0,6% bei einem Gesamtbruttoumsatz (incl. MwSt.) von 4 Millionen Euro.
Dies bedeutet einen Verlust von 24.000 Euro!
Dies wäre schon der Wert eines neuen und modernen Kleinwagens.
Die Mitarbeiter müssen sich der Verantwortung für die Ware bewusster werden.
Hier noch ein weiteres Beispiel, welches ich seit vielen Jahren in meinen Schulungen immer gern aufzeige und auch heute noch verblüffte Gesichter bekomme!
Ein Rechenbeispiel auf Verkaufswertbasis:
Der Verkaufswert gestohlener Artikels beträgt 100,- €
Der Nettogewinn beträgt ca. 5 % 5,- €
Bei Diebstahl dieses Artikels müssten 20 gleichwertige Artikel zusätzlich verkauft werden, um diesen Verlust auszugleichen!
Notwendiger Mehrumsatz für diesen einen gestohlenen Artikel 2.000 €
Wenn Sie solch ein Beispiel einmal aufzeigen möchten, sollten Sie Ihren eigenen Nettogewinn eintragen, wobei 5% in dem Beispiel schon ein sehr gutes Ergebnis im Einzelhandel darstellt. Die durchschnittliche Nettorendite im deutschen Lebensmittelhandel beträgt z.B. „magere“ 1 Prozent vom Gesamtumsatz.
Fazit: Jeder Diebstahl, den wir durch unsere Aufmerksamkeit verhindern, ist ein materieller Gewinn - und ein ideeller Gewinn, denn wir schrecken damit weitere potenzielle Diebe ab.
Genau, wie es eine Mundpropaganda gibt, wo man am besten einkauft, gibt es auch eine Mundpropaganda, wo man am besten klaut.
Egal in welchen Gesellschaftskreisen.
Ladendiebstahl zu tolerieren hieße, seinen Betrieb zu schädigen und den eigenen Arbeitsplatz zu gefährden.
5. Erkennung von „möglichen“ Ladendieben
Nun zum vielleicht interessantesten Kapitel. Gewiss stehlen nicht alle Kunden, die meisten sind ehrlich, möchten in Ruhe einkaufen und sind bereit, ihre Waren zu bezahlen. Zum Glück wird Ladendiebstahl nur von einer Minderheit verübt, die allerdings empfindliche Verluste bescheren kann.
Jeder Kunde kann zum Ladendieb werden. Wie die Praxis zeigt, greift schon das Kleinkind zu, sobald es seinen Arm aus dem Kinderwagen strecken kann. Auch wenn das strafrechtlich kein Diebstahl ist, der verfolgt werden kann, bleibt der Verlust einer Schokolade für den Betrieb trotzdem bestehen.
Motto: Nicht jeder Kunde kommt als Dieb- aber jeder Dieb kommt als Kunde.
Kann ich Ladendiebe rechtzeitig erkennen? Habe ich überhaupt eine Chance?
Die eindeutige Antwort lautet hier „JA“.
Es geht hier nicht um den Profidieb, sondern um den „Gelegenheitsdieb“, der „ab und zu“ klaut, und sich meist anders verhält, als der ehrliche Kunde. Dazu kommt, dass er auch selbst unter einer gewissen Anspannung steht, was häufig am Verhalten und Bewegungen zu erkennen ist. Er will ja nicht „erwischt“ werden und anonym bleiben.
Das ist unsere Chance im Einzelhandel.
Es gibt leider nicht den „typischen“ Ladendieb, der sofort und schnell „auf einen Blick“ beim Betreten eines Geschäfts zu erkennen ist.
Ein Ladendieb ist auch nicht aufgrund seiner Kleidung zu erkennen. Es ist jedoch häufig immer noch so, dass Menschen, die gut gekleidet sind, weniger als mögliche Ladendiebe eingestuft werden, als Menschen, die von ihrer Kleidung her eher bedürftig oder „arm“ wirken. Das „Äußere“ verrät wenig über den inneren Charakter. eines Menschen. Wir müssen also jeden Kunden im „Auge“ behalten.
Die aufgeführten Verhaltensmuster, ich nenne es „Signale“, sind keine Garantie dafür, dass es sich immer um einen Kunden handelt, der unehrlich ist oder sein will.
Unsere Chancen stehen jedoch gut, wenn Sie aufmerksam bleiben und rechtzeitig vor einem „möglichen“ Diebstahl handeln.
Bleiben Sie auf jeden Fall aufmerksam, wenn:
Der Kunde scheinbar ziellos herumläuft und auffällig häufig verschiedene Abteilungen aufsucht.
Der Kunde die Abläufe im Geschäft verfolgt und den Mitarbeitern Fragen stellt, um sie in Sicherheit zu „wiegen“.
Der Kunde bewusst den Kontakt mit Verkaufsmitarbeitern vermeidet, auch wenn der Kunde vom Mitarbeiter angesprochen wird.
Der Kunde länger vor einem Verkaufsregal steht, so dass nicht zu sehen ist, was er macht.
Eine Kundengruppe sich gegenseitig abschirmt, häufig zu beobachten bei Jugendlichen, aber nicht nur.
Zwei Personen sich sofort bei Betreten des Geschäfts trennen und auffällig in verschiedene Richtungen gehen.
Der Kunde seine Sonnenbrille auf behält. Gerade in Fachgeschäften (Mode, Büro, Buch, Elektronik) ist es nicht der Normalfall, dass Kunden ihre Sonnenbrille im Geschäft beim Betrachten der Waren, aufbehalten. Ladendiebe jedoch bevorzugen es, Sonnenbrillen oder auch Mützen anzubehalten, damit sie nicht leicht zu erkennen sind. Dies ist besonders bei Ladendieben aufgefallen, die beim Betreten von Geschäften erkannt haben (was meist nicht schwer ist), dass dort eine Videoüberwachungsanlage installiert ist.
Der Kunde betritt das Geschäft ohne Einkaufswagen oder Korb. Viele Ladendiebe bevorzugen es, keinen Einkaufswagen oder Korb zu nehmen. Achten Sie deshalb auf Kunden, die mehrere Artikel in der Hand halten.
Wenn Sie dies bemerken, bieten Sie aktiv einen Einkaufskorb oder Wagen an.
Der mögliche Dieb fühlt sich eher erkannt und der ehrliche Kunde freut sich über den aufmerksamen Mitarbeiter.
Dazu kommt der psychologische Effekt, dass ein Kunde mit einem Einkaufsbehältnis mehr als der Kunde ohne, einkauft. Bieten Sie deshalb an mehreren Stellen im Geschäft auch kleinere Einkaufskörbe an.
Ein besonders Thema: Kundin mit Tasche.
Kaum zu glauben- aber wahr. Sogar die Mode hat mit Ladendiebstahl zu tun:
Seit dem die Handtaschen der Frauen mittlerweile ein „Reisetaschenformat“ erreicht haben (die weiblichen Leser verzeihen mir diese Anmerkung, die jedoch leider der Wahrheit entspricht), wurden vermehrt Diebstähle in großen Taschen gemeldet.
Natürlich ist es kein eindeutiges Indiz für eine unehrliche Kundin, denken wir nur an ein Mode- oder Kaufhaus, wo immer Kunden mit eigenen Taschen oder von einem anderen Geschäft durchgehen.
Es hat sich jedoch herausgestellt, dass es besonders bei weiblichen Ladendieben ein beliebter Trick ist, die Handtasche nicht zu verschließen.
Hier kann (sollte) reagiert werden.
Gehen Sie offen und freundlich auf den Kunden zu und weisen sie freundlich darauf hin, dass ihre Handtasche nicht verschlossen ist.
„Ihre Tasche ist offen“.
Meist reicht allein diese Bemerkung, dass die unehrliche Kundin von ihrem Vorhaben ablässt.
Eine ehrliche Kundin wird sich eher über ihre Aufmerksamkeit freuen.
Der mögliche Dieb fühlt sich eher erkannt und der ehrliche Kunde freut sich über den aufmerksamen Mitarbeiter.
Darf ich in die Tasche schauen?
Dies werde ich fast in jedem Seminar von Teilnehmern gefragt.
An dieser Stelle sei vermerkt, dass wir keine rechtliche Handhabe haben, in die Tasche eines Kunden zu schauen.
Wir dürfen an der Kasse freundlich fragen, ob der Kunde seine Tasche vorzeigt, verneint er dies, haben wir leider keine Chance. Bei begründetem Verdacht sieht dies etwas anders aus, dazu später mehr.
Auch das ist ein eindeutiges Verhalten von einem Ladendieb:
Ist Ihnen das auch schon einmal in Ihrem Geschäft passiert?
Sie sehen, dass ein Kunde gestohlen hat und „nimmt die Beine in die Hand“?
Was tun Sie? Was dürfen Sie überhaupt tun?
Die Rechtslage ist eindeutig und lautet:
Laut der StPO (Strafprozessordnung) § 127 „Vorläufige Festnahme“.
„Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.“
Wenn Sie also einen Ladendiebstahl beobachtet haben und der Dieb läuft, ohne zu bezahlen aus dem Geschäft, ist es ratsam, dass Sie nicht hinter her laufen. Wenn Sie dies doch unbedingt tun wollen, dann bleiben Sie in Sichtweite, also niemals den Dieb „anfassen“. Das kann ihn provozieren und es kann zu Gewalttätigkeiten führen.
Auch wissen Sie nicht, ob der Dieb z.B. noch „Kumpane“ hat, die ihm „beistehen“ könnten. Besser: Auffälliges notieren oder merken (Aussehen, Kleidung, Fahrzeug usw.). Dann sofort Polizei informieren.
Es gilt immer: „Eigensicherung vor Warensicherung“.
6. Wann ist Ladendiebstahl ein Ladendiebstahl?