Читать книгу Sie nannten ihn Roger - Hans Grabner - Страница 5
Kapitel 1 Privatpilot Mit meiner damaligen Freundin Joanna saß ich, Rüdiger Roderer, eines Tages am Gipfel eines Zweitausenders. Ein Sportflugzeug flog eine lange Schleife um den Berg und entschwand bald darauf in der Ferne. Bücher über Flugzeuge und Piloten hatten mich schon immer fasziniert. Dass ich als Kind davon geträumt hatte, einmal Pilot zu werden, erzählte ich Joanna. Irgendwann musste ich meinen Traum wohl vergessen haben. Dazu sei es sicher noch nicht zu spät, meinte meine Begleiterin, eine Germanistikstudentin. Auch sie wollte Pilotin werden. Mit ihrem Cousin sollten wir uns unterhalten, schlug sie vor. Er war Segelflieger und könnte uns beraten. Als unsere Pläne im Freundeskreis bekannt wurden, wollte auch Franz, einer meiner Schulfreunde, mitmachen. Ein Treffen mit Vincent war bald arrangiert. Im Kaffee „Abendsonne“ erzählte Vincent wortreich von seiner Ausbildung zum Segelflieger und euphorisch über seine bisherigen Erfahrungen. Wie wir weiter vorgehen sollten, wusste er nicht wirklich. Er meinte, wir sollten uns an Herrn Oberhofer, den Obmann des Segelflugvereins, wenden. Herr Oberhofer, ein hemdsärmeliger, viel beschäftigter Mann, kannte sich aus. Auf meine Frage, ob ich eine Position als Pilot, Navigator oder Flugengineer anstreben sollte, antwortete der Segelflieger-Obmann: „Wenn du fliegen willst, musst du Kutscher werden.“ Die Entwicklung in den nächsten Jahren bestätigte, dass dies ein sehr weiser Rat war. Herr Oberhofer erklärte auch, dass wir ein sogenanntes „Medical“ benötigten, ausgestellt von einem Fliegerarzt. Erst danach könnten wir einen Flugschülerausweis beantragen und uns bei einer Flugschule bewerben. Er übergab uns noch die nötigen Adressen und wünschte uns viel Glück. Wir sagten: „Vielen Dank für die detaillierte Auskunft und auf Wiedersehen.“ Der erste Rückschlag erreichte Joanna, ihr Vater legte sein Veto ein und machte klar, dass Joannas Studienabschluss absolute Priorität hatte. Der nächste Schlag traf meinen Freund Franz, er bestand den Sehtest nicht. So schrumpfte das begeisterte Trio zu einem Einzelkämpfer, was ich sehr bedauerte. Trotz des Ausfalls meiner Freunde war ich entschlossen, in die Fliegerei einzusteigen. Schon im Frühjahr 1962 startete bei der Flugschule „FS-STMK“ am Flughafen Graz Tahlerhof ein Privatpiloten-Kurs. Zusammen mit sieben weiteren Kandidaten begann meine Ausbildung. Die Privatpiloten Lizenz (PPL) ist die Grundlage für jede höhere Lizenz. Nun ging es endlich los. An zwei Abenden pro Woche fanden die Theoriekurse statt und an den Wochenenden die praktische Flugausbildung. Es gab eine Menge zu lernen: Luftrecht, Meteorologie, Flugzeugkunde und Navigation. Als Schulflugzeug diente eine zweisitzige Cessna 150, angetrieben von einem 100 PS Continental O-200 Motor. Die Instrumentierung war dazumal noch sehr spartanisch und Funkgeräte waren in Schulflugzeugen noch nicht üblich. Die Fluginstrumente bestanden aus der Geschwindigkeitsanzeige, einem Höhenmesser und einem Variometer (für Steig- und Sinkraten). Hilfsmittel für die Navigation bestanden aus einer Borduhr und dem Magnetkompass. Zur Motorüberwachung diente ein Drehzahlmesser. Ansonsten gab es nur noch Volt und Amperemeter, die Tankanzeigen und einige Warnlampen.