Читать книгу Sie nannten ihn Roger - Hans Grabner - Страница 7

Segelflieger zu schleppen bot eine gute Gelegenheit, um kostenlos Flugstunden zu sammeln. Stunden, die ich für meinen nächsten Karriereschritt Richtung Berufspilot brauchte. Zu meinem Glück nutzten außer den beiden Chefs mit ihren Flugschülern die Flugzeuge nur einige Auserwählte. Eine Spornradmaschine wie diese Piper erforderte eine abgeänderte Starttechnik, auch die Landungen wollten gelernt sein. Die Einweisung auf der Piper, bei der der Fluglehrer oder ein Passagier nicht neben, sondern hinter dem Piloten sitzt, übernahm Herr Brandner. Nach der Umschulung durfte ich nun auch Fluggäste mit der Piper befördern. Was allerdings eher selten der Fall war, da die Passagiere die Cessnas bevorzugten. Um Segelflieger in den Bergen zu schleppen, fehlte mir noch einiges an Erfahrung, meinten die Chefs. Zwei Tote und zweimal Totalschaden Ein tödlicher Flugunfall bei schönstem Wetter über problemlosem Gelände. Es gab zwei Tote in einem komplett zerstörten Flugzeug. Wie konnte das passieren? Ein erfahrener Pilot stürzte bei bestem Flugwetter einfach ab. Das Ergebnis der Flugunfall-Untersuchung war unmissverständlich und unfassbar. Pilot und Passagier waren bereits vor dem Absturz an einer heimtückischen Kohlenmonoxydvergiftung gestorben. Die Heizung in dieser Flugzeugklasse funktioniert, indem man Frischluft über die Abgasrohre in die Kabine führt. Bei undichten Auspuffrohren führte das früher immer wieder zu schlimmen Problemen. Heute zeigen „Kohlenmonoxyd-Wächter“ diese Gefahren an. Einige Wochen später setzte eine Cessna 150 aus Wien kommend bei der Landung auf der Landebahn 07 sehr spät auf. Der Pilot versuchte durchzustarten. Es war bereits sein dritter Versuch und auch der misslang gründlich. Die Maschine stürzte aus zehn Metern Höhe auf die angrenzende Wiese. Als ich das am Rücken liegende Flugzeug erreichte, kroch der Passagier aus den Trümmern, gab mir seinen Fotoapparat und bat um ein Foto. Es war dies sein erster Flug, wie er sagte. Pilot und Passagier blieben gottlob unverletzt. Das Flugzeug war danach irreparabel, ein Totalschaden. Allgemeines Funktelefonisten-Zeugnis Gegen Ende des Jahres reduzierte sich das Flugaufkommen aufgrund der Wetterlage. Die Flugschule nutzte die Zeit, um einen Kurs für das „Allgemeine Sprechfunkzeugnis“ zu veranstalten. Natürlich war auch ich unter den Kursteilnehmern. Das „AFZ“ berechtigt den Inhaber zum Funk-Telefonie-Dienst und zur Flugfunknavigation in englischer und deutscher Sprache. Die Berechtigung ist Voraussetzung für höhere Lizenzen und auch für Flüge ins Ausland. Einer der Kursteilnehmer vertrat eines Tages die Ansicht, dass „Roger“, die englische Version von Rüdiger, viel besser zu einem angehenden Berufspiloten passte. Das sahen auch die anderen Kursteilnehmer so. Roger statt Rüdiger, ich war nicht happy, aber letztendlich chancenlos, dieser Spitznamen sollte mich mein weiteres Berufsleben begleiten. Wie in Österreich üblich, musste die Gruppe der Schüler die “AFZ“ Prüfung vor einer Kommission ablegen und danach auch noch ihre Fertigkeiten während eines Prüfungsfluges nachweisen. Gut lief es beim Fliegen,
weniger gut bei den Schönen Ende März 1964 startete der Flugbetrieb wieder durch. Sowohl die Flugschule der Motorflieger als auch die der Segelflieger waren voll ausgelastet. Es gab viel zu tun, auch für mich. Immer wieder startete ich mit Flugbegeisterten zu Stadt- und Alpenrundflügen. Schon bald schätzten auch die Chefs meine Fähigkeiten als ausreichend für das Schleppen von Segelfliegern ein. Schulung und Prüfung verliefen erfolgreich und nach Eintrag der Berechtigung in den „PPL“ war ich einsatzbereit. Im Schnitt brachte mir ein Schleppflug zehn Minuten Flugzeit, bei zwanzig Starts immerhin gut drei Flugstunden. Rundflüge brachten im Schnitt etwa eine halbe Flugstunde, Alpenrundflüge bis zu drei Flugstunden. Zusätzlich erlaubte man mir eine Einweisung auf der Cessna 175, „dem Flaggschiff“, damit war ich einer der vier Auserwählten, die die 175 fliegen durften. Felix und Max, zwei Flugschüler, die auch eine Berufspiloten-Ausbildung anpeilten, kündigten an, dass sie mich schon bald abservieren würden. Gelassen konterte ich: „Da müsst ihr noch viel lernen.“ Das war der Startschuss für eine tolle Freundschaft mit viel Spaß. Während ich fliegerisch die Nase vorne hatte, lagen die Freunde bei den Stadtschönheiten voraus. Felix, ein sportlicher Typ, fuhr einen 1959er Austin Healey. Max, ein richtiger Frauentyp und Casanova, hatte ein 1960er Fiat Coupe Argentina. Punkten konnte ich nur mit dem von meinem Bruder geliehenen 1958er Alfa Romeo Giulietta. Ausgehen konnte ich mir höchstens zweimal pro Monat erlauben. Denn der Berufspilotenschein, die Verwirklichung meines Traumes, hatte für mich oberste Priorität. Allerdings gab es da auch eine bezaubernde Blondine, die ausgeführt werden wollte. Keine einfache Situation, wenn einem einerseits die Zeit und anderseits auch das Geld fehlt. Lange hielt diese Romanze leider nicht. Zu einem ihrer Arbeitskollegen hat die Schöne schon bald gewechselt. Dass mir innerhalb eines Jahres nun schon das zweite Topgirl den Rücken zeigte, gab mir dann doch zu denken. Selbstkritisch meinte ich, dass ein kurzer Anruf pro Woche, wenn überhaupt, und ein, zwei gemeinsame Abende im Monat wahrscheinlich nicht für eine Beziehung reichten. Aber mehr Zeit hatte ich, wollte ich mein Ziel erreichen, eben nicht. „Noch nicht“, wie ich mich selbst tröstete. Wieder einmal Glück gehabt Die vor jedem Flug obligatorische Vorflugkontrolle beinhaltet auch einen Rundgang um das Flugzeug. Bei einer aktuellen Außenkontrolle stellte mein Passagier viele Fragen. Die noch am Bugrad befindliche Schleppgabel übersah ich, mit dieser startete ich zu einem Rundflug. Die Gabel dient zum Rangieren des Flugzeugs am Boden. Der diensthabende Gendarm (Polizist) am Tower sah es und folgte mir mit einem zweiten Flieger. Er kam nah heran und zeigte eine Schleppgabel. Augenblicklich war mir klar, dass die Gabel, eingeklinkt und auf der Bugradverkleidung liegend, nur wenige Zentimeter unter dem drehenden Propeller lag. So ruhig als möglich flog ich zurück zum Platz. Den Motor stellte ich noch vor der Landung ab und landete mit stehendem Propeller. Der Gendarm hatte durch seinen Einsatz einen teuren Schaden vermieden und mir eine Menge Ärger erspart. Zum Dienst am Kontrollturm waren damals nur Beamte mit PPL zugelassen. Zu meinem Glück waren die Chefs abwesend. Erwähnen müssen wir den Zwischenfall nicht, meinte mein Retter, das sah ich natürlich auch so. In Manchester Das Jahr ging zu Ende und ich organisierte einen Englandurlaub, um meine Englischkenntnisse zu verbessern. Aus Kostengründen wohnte ich bei entfernten Verwandten. Jeannie, eine hübsche achtzehnjährige Lady aus der Nachbarschaft, unterstützte mich bei meinem Sprachstudium. Die sechs Wochen gingen schnell vorbei und ein wenig wehmütig trat ich die Heimreise an. Der abgesprochene Briefwechsel in Englisch scheiterte. Nach nicht wirklich gelungenen Versuchen gab ich das Vorhaben auf. Mit der Cessna 172 nach Spanien

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