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Relative Feuchte

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Aus physikalischen Gründen kann Luft immer nur eine gewisse Höchstmenge an Wasserdampf enthalten. Diese Höchstmenge soll als Sättigungsfeuchte S bezeichnet und in g Wasserdampf/kg feuchter Luft angegeben werden. Die Sättigungsfeuchte hängt sehr stark von der Lufttemperatur ab. Bei tiefen Temperaturen ist sie klein, bei hohen Temperaturen groß. Warme Luft kann demnach viel, kalte nur wenig Wasserdampf aufnehmen. Dieses Naturgesetz führt später noch zu einer ganzen Reihe von sehr wichtigen und interessanten Konsequenzen.

In Abbildung 2.1 ist der Zusammenhang zwischen der Sättigungsfeuchte und der Temperatur dargestellt. Wie man sieht, kann 1 kg Luft bei –10 °C 1,8 g, bei 0 °C 3,8 g und bei 10 °C 7,6 g Wasserdampf aufnehmen. Mit steigender Temperatur nimmt das Wasserhaltevermögen rasch zu, sodass 1 kg bei 20 °C schon 14,4 g und bei 30 °C sogar 27,2 g Wasserdampf enthalten kann.


Abb. 2.1 Sättigungsfeuchte in Abhängigkeit von der Lufttemperatur (weitere Erklärungen im Text). 51

Für rohe Abschätzungen lässt sich daraus eine bequeme Faustformel ableiten, die zwar die Kurvenkrümmung unberücksichtigt lässt, in vielen Fällen jedoch ausreicht. Sie lautet: Im Temperaturbereich von 5 °C bis 30 °C entspricht die Sättigungsfeuchte in g/kg zahlenmäßig etwa der Temperatur in °C minus 10 %.

Betrachtet man nur solche Fälle, bei denen keine Volumenänderungen, (z. B. infolge von Vertikalverschiebungen) eintreten, dann darf man für die folgenden Betrachtungen auch den Sättigungswert der absoluten Feuchte benutzen, der sich auf einen m3 bezieht und die Einheit g Wasserdampf/m3 Luft besitzt. Für ihn gilt sogar eine noch einfachere Faustformel: Im Temperaturbereich von 5 °C bis 30 °C entspricht der Sättigungswert der absoluten Feuchte in g/m3 zahlenmäßig etwa der Temperatur in °C!

Setzt man nun die spezifische Feuchte in ein pro­zentuales Verhältnis zur Sättigungsfeuchte bei der augenblicklich herrschenden Temperatur, so erhält man eine neue Angabe über den Wasserdampfgehalt der Luft, die relative Feuchte RF:

Die relative Feuchte gibt also an, zu wie viel Prozent die Luft wasserdampfgesättigt ist. Zwei Beispiele mögen den Zusammenhang verdeutlichen.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt soll die Luft 7,2 g Wasserdampf/kg enthalten. Die Temperatur sei 20 °C. Dieser Zustand entspricht dem Diagrammpunkt 1 in Abbildung 2.1. Bei 20 °C beträgt die Sättigungsfeuchte 14,4 g/kg. Für die relative Feuchte gilt dann

Im Diagrammpunkt 2 beträgt der Wasserdampfgehalt 10,0 g/kg bei einer Temperatur von 27 °C. Die Sättigungsfeuchte hat bei 27 °C den Wert 22,4 g/m3. Hieraus errechnet sich eine relative Feuchte von

Die relative Feuchte hat eine bemerkenswerte Eigenschaft, die diese ohnehin nicht ganz leicht zu durchschauende Größe noch weiter verkompliziert. Sie ist nämlich temperaturabhängig. Betrachten wir dazu noch einmal den Diagrammpunkt 1 in Abbildung 2.1. Für ihn haben wir eine relative Feuchte von 50 % errechnet. Jetzt denken wir uns die Temperatur auf 30 °C ansteigend. Im Diagramm Abbildung 2.1 können wir diesen Vorgang dadurch nachvollziehen, dass wir vom Diagrammpunkt 1 auf der gestrichelten Linie zum Diagrammpunkt 3 gehen. Nach wie vor enthält die Luft 7,2 g Wasser/kg, die relative Feuchte errechnet sich jetzt aber zu

Sie ist also fast auf die Hälfte des ursprünglichen Wertes gefallen. Umgekehrt steigt die relative Feuchte bei sinkender Temperatur, wie der Diagrammpunkt 4 zeigt. Dort beträgt bei gleichem Wasserdampfgehalt von 7,2 g/kg die relative Feuchte

Sie ist also gegenüber der Situation 1 fast auf das Doppelte gestiegen. Wir können aus diesem Gedankenexperiment einen wichtigen meteorologischen Grundsatz ableiten: Bei steigender Temperatur fällt die relative Feuchte, bei sinkender Temperatur wächst sie.

Dieser Zusammenhang kommt bei einer Vielzahl von tagtäglich zu beobachtenden Erscheinungen zum Tragen. Man denke etwa an die im Winter immer wieder beklagte trockene Zimmerluft, die sich durch die Temperaturabhängigkeit der relativen Feuchte schnell erklären lässt. Angenommen, die Luft habe im Freien bei einer Temperatur von –10 °C eine relative Feuchte von 100 %, enthält also 1,8 g Wasser/kg. Diese Luft denke man sich jetzt durch ein geöffnetes Fenster in einen geheizten Raum strömen, wo sie auf 20 °C erwärmt werden soll. Wird ihr dabei kein weiterer Wasserdampf zugeführt, so sinkt ihre relative Feuchte auf knapp 13 % ab ((1,8/14,4) · 100 % = 12,5 %).

Die gleiche Ursache hat auch der große Durst der Skifahrer. Wie man leicht berechnen kann, sinkt die relative Feuchte der kalten Winterluft auf wenige Prozent ab, wenn sie in den Lungen auf Kör 52 pertemperatur erwärmt wurde. Das hat eine erhebliche Wasserabgabe der Lungenbläschen zur Folge, wodurch der Wasserhaushalt des Körpers stark belastet werden kann. Auch Bergsteiger im Hochgebirge haben darunter schwer zu leiden. Mit denselben Überlegungen lässt sich auch erklären, warum die relative Feuchte tagsüber geringer ist als in der Nacht.

Eine wichtige Rolle spielt die relative Feuchte bei natürlichen und künstlichen Trocknungsvorgängen. Zwischen dem Wassergehalt im Trockengut und der relativen Feuchte der Luft stellt sich allgemein ein Gleichgewichtszustand ein. Das bedeutet, dass der Wassergehalt nicht unter einen von der relativen Feuchte abhängigen Wert gesenkt werden kann. So lässt sich z. B. Heu (bei einer Temperatur von 30 °C) nicht unter 20 Gewichtsprozent heruntertrocknen, solange die relative Feuchte der Luft über 56 % liegt. 15 Gewichtsprozent können nur dann unterschritten werden, wenn die relative Feuchte kleiner als 44 % ist. Ähnliches gilt, wie Abbildung 2.2 zeigt, auch für andere landwirtschaftliche Produkte, Saatgut, Holz und viele weitere organische Materialien.


Abb. 2.2 Abhängigkeit des Wassergehalts verschiedener Materialien von der relativen Feuchte der Umgebungsluft nach Beinhauer(1990).

Schließlich erklärt sich aus dem Verhalten der relativen Feuchte, warum ein ungeheizter Keller im Sommer feucht und im Winter trocken ist: Im Sommer ist die Temperatur im Keller tiefer als im Freien, sodass die relative Feuchte der von außen eindringenden Luft ansteigt. Im Winter ist es umgekehrt.

Warum, so wird man sich angesichts dieses komplizierten Verhaltens der relativen Feuchte fragen, hat man denn dieses eigenwillige Feuchtemaß überhaupt eingeführt? Der Grund dafür ist, dass man sie sehr leicht und sicher messen kann, im Gegensatz zu allen anderen bisher besprochenen Größen. Menschliche Haare haben nämlich die bemerkenswerte Eigenschaft, ihre Länge gerade der relativen Feuchte der Umgebungsluft entsprechend zu verändern. Bei geringer relativer Feuchte ziehen sie sich zusammen, bei hoher Feuchte dehnen sie sich aus. Auch das ist letzten Endes eine Folge des oben erläuterten Gleichgewichts zwischen der relativen Feuchte und dem Wassergehalt organischer Substanzen. Bei hoher relativer Feuchte nimmt das Haar Wasser aus der Luft auf und quillt dabei. Bei geringer relativer Feuchte ist es umgekehrt. Die näheren Zusammenhänge werden in Kapitel „Messtechnik“ im Kapitel 8.3, Seite 319 behandelt.

Darüber hinaus lässt sich die relative Feuchte bequem in alle anderen Feuchtegrößen umrechnen, wie in Tabelle 2.4 (→ S. 67) gezeigt wird. Das Diagramm Abbildung 2.1 zeigt uns auch, wie sich die relative Feuchte ändert, wenn man in Luft mit einem gegebenen Wasserdampfgehalt noch zusätzlich Wasser einbringt. Im Diagrammpunkt 8 herrsche bei 15 °C und einer spezifischen Feuchte von 4 g/kg eine relative Feuchte von 37 %. Erhöht man die spezifische Feuchte, so steigt natürlich auch die relative Feuchte. Man kann aber nicht mehr als 6,8 g Wasserdampf/kg zusätzlich unterbringen, weil dann, wie Diagrammpunkt 9 zeigt, die Sättigungsfeuchte erreicht ist. 53

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