Читать книгу Die Pandemie des Todes 2.Teil Die Kinder - Hans Joachim Gorny - Страница 6
Die Windhose
ОглавлениеElfriede weigert sich, mit ihrer ehemaligen Liebe zu sprechen. Mehrmals wird sie von Tom und anderen angefunkt. Dennis muss den Tag auf dem Hof verbringen und die Nacht auf Toms Couch. Am Montagmorgen wartet der Besucher vor der Kindergrippe auf sie. Sie rast mit dem Rad zur Schule, bremst hart vor dem Eingang und lehnt es an die Wand.
„Lass mich in Ruhe, sonst bekommst du was auf die Nase“, fährt sie ihn an.
Die Zeit reicht ihm gerade um einen Satz zu rufen. „Soll ich mir ein paar Knochen brechen, damit ich in deine Nähe komme?“
„Das würde mir imponieren. Dann hättest du Chancen, auf dem OP-Tisch mit mir zu sprechen. Bevor ich dich ins Reich der Träume schicke.“ Sie knallt die Eingangstür zu.
Elfriedes Verhalten ist in aller Munde. Niemand kann sich so recht auf ihre barsche Ablehnung einen Reim machen. Abends will sie sich, mit dem Essen auf dem Tablett, hinters Hospital in den Garten verdrücken. Sie wird von Zora abgefangen.
„Wir reden nun von Frau zu Frau. Was ist dein Problem mit Dennis? Der ist extra wegen dir hergekommen. Er will bei uns bleiben.“
Elfriede setzt das Tablet auf dem Gartentisch ab. Nimmt auf der Bank Platz. Starrt grimmig vor sich hin und überlegt, ob sie überhaupt mit Zora reden soll.
Zora setzt sich ihr gegenüber. „Du wirst ihm jetzt öfters begegnen. Das könnte für dich knifflig werden. Wie willst du dich ihm gegenüber verhalten? Wenn du ihn ständig zur Sau machst, belastet das die Gemeinschaft. Unfrieden will hier niemand.“
„Ich habe mir unbeschreiblich viele Mühe gemacht, ihn aus dem Kopf zu bekommen“, faucht Elfriede. „Und nun taucht diese Pfeife hier auf.“
Die Dunkle schüttelt unwillig ihren roten Pferdeschwanz. „Wieso denn Pfeife? Besonders ungeschickt habe ich ihn nicht in Erinnerung.“
Die Blonde nimmt ein Messer und lässt es in den Fingern kreisen. „Ich habe dort gesehen, was für ein Waschlappen er ist. Er hat sich von seiner Freundin herumkommandieren lassen. So einen will ich nicht.“
„Er kann kein Waschlappen sein. Immerhin traut er sich eine gesicherte Existenz aufzugeben. Er hat sich von seiner Freundin und Gruppe getrennt, um bei Fremden weiterzuleben.“
„Wer weiß, was für Hintergedanken er hat. Vielleicht soll er nur bei uns spionieren und verschwindet dann wieder.“
Zora kämpft mit ihrer Geduld. „Wenn ein Mann macht was seine Frau verlangt, ist das noch lange keine Schwäche. Er unterdrückt sie nicht und berücksichtigt ihre Wünsche. Das heißt, dass er anständig ist und sie toleriert. Eine Frau kann froh sein, wenn sie an so einen gerät. Es gibt bestimmt nicht wenige Männer, die das Frauen Überangebot für ihre Zwecke missbrauchen und die Frauen ausnutzen.“
Fried schaut Zora direkt in die Augen. „Ich sehe das anders. Die Männer die auf ihre Frauen hören, haben selber nicht viel los. Haben keine gute Ideen und keine Eigeninitiative. Diese Männer wird man ewig leiten müssen. Und so einen kann ich nicht gebrauchen.“
Zora wird nun fast wütend. „Ich sehe das so, dass du nie einen Mann finden wirst, der dir das Wasser reichen kann. Du wirst froh sein müssen, wenn du überhaupt einen abbekommst. Welcher Mann will schon eine Frau, der er in allen Belangen unterlegen ist. Sein Leben würde aus Minderwertigkeitskomplexen bestehen.“
Die Junge drückt ihre Kiefer zusammen, wodurch sich ihr Gesicht verbreitert und angriffslustig erscheint. Doch kein Wort findet über ihre Lippen.
Zora, etwas milder: „Mit dem Mann den du liebst, musst du auch liebevoll umgehen. Du darfst ihn nicht vor den Kopf stoßen. Du musst ihn achten und seine Defizite tolerieren. Wenn du mit den Unzulänglichkeiten eines Mannes nicht leben kannst, dann bleibe lieber für dich.“
„Und was, wenn er Mist baut?“ fragt Fried leise.
Zora muss grinsen. „Gelegentliches Kopfwaschen gehört zu einer liebevollen Beziehung. Auf jeden Fall musst du es so gestalten, dass eine Beziehung friedlich und zufrieden bleibt. Ein permanenter Kriegszustand belastet deine Nerven und die Nerven deiner Mitmenschen.“
„Du meinst, ich soll mich mit Dennis arrangieren, damit bei uns die Welt in Ordnung ist.“
„Du musst einen Weg finden, dich mit Dennis zu vertragen. Stell ihn auf die Probe. Verlange etwas von ihm, das seine ehrliche Absicht beweist. Etwas, das dir Sicherheit gibt. Ein Liebesbeweis oder so.“
Fried nickt mehrmals vor sich hin. „Ich werde mir etwas ausdenken. Kann ich jetzt essen?“
Nach Beendigung ihrer Mahlzeit stellt sie ihr Tablett in die Küche. Geht wie paralysiert in der Wohnung umher. Schaut ins Leere. Freddy will sie ansprechen, wird von Zora mit einer warnenden Handbewegung abgehalten. Elfriede geht in ihr Zimmer, klimpert mit den Fingern auf der verstaubten Geige. Dann geht sie ans Funkgerät. Zora kann ihre Neugier nicht in Zaun halten. Was hat ihre wichtigste Mitarbeiterin sich ausgedacht?
„Dennis, wir müssen reden“, hört sie Elfriede ins Funkgerät hauchen. „Am besten in meinem Zimmer.“
Zehn Minuten später kommt er mit einem E-Bike. Nickt Zora und Freddy zu und klopft an Elfriedes Tür.
„Komm rein“, ruft es unerwartet milde heraus. Vorsichtig geht Dennis in Frieds Zimmer, noch vorsichtiger schließt er hinter sich die Tür.
Zora stellt sich draußen neben Frieds gekipptes Fenster und schämt sich. Aber im Falle einer Katastrophe will sie zur Stelle sein. Wie wird sich Fried mit Dennis arrangieren? Er erklärt ihr lang und breit, dass er sie nicht vergessen konnte. Dass sie ihm viel angenehmer und gescheiter vorkomme, als seine launische Freundin. Dass er es mit der nicht mehr ausgehalten habe. Dass er den allgegenwärtigen Biergeruch und Bierkonsum auch nicht mehr ausgehalten habe. Dass ihm das Hospital und Toms Hof als Paradies in Erinnerung geblieben ist. Und er inständig hoffte, dass sie noch keinen Freund gefunden hat.
„Du bist also mit der Absicht herkommen, mit mir zusammen zu leben?“, forscht sie nach.
„Ich kann mir nichts schöneres vorstellen“, meint Zora zu verstehen.
„Und wie kann ich dir glauben?“
„Komm einfach in meine Arme.“
„So einfach geht das nicht“, behauptet Elfriede. „Ich brauche einen Beweis.“
„Wie soll man Liebe beweisen?“ fragt Dennis verwundert. „Soll ich mein Herz herausreißen, damit du darin forschen kannst?“
„Das geht auch schmerzfreier.“ Dann flüstert sie: „Würdest du dich für mich ausziehen?“
Zora, draußen neben dem Fenster, spürt, wie ihre braune Haut dunkler wird. Elfriedes Frage erinnert sie an Freddy, der ähnliches von Stella gefordert hatte. Mit dem Gefühl von Rot im Gesicht und einer Gänsehaut, schleicht Zora, Freddy meidend, ins Haus. So durchtrieben hat sie das Mädchen nicht eingeschätzt. Ob Dennis das verträgt, wenn er so vorgeführt wird? Wenn er es hinnimmt, muss er sie sehr gerne haben. Eigentlich clever von Fried. Dafür muss sie ihn aber auch entschädigen.
Die zwei bleiben die ganze Nacht im Zimmer. Pünktlich erscheinen beide am Frühstückstisch. Wünschen gutgelaunt einen schönen guten Morgen, sagen aber weiter nichts. Sie grinsen sich an, als ob ihnen ein hervorragender Coup gelungen sei. Schieben sich Marmelade, Butter und Brot zu, prusten manchmal los. Dann gehen sie zur Arbeit. Sie in die Grippe, er zu Tom.
Zora geht in Elfriedes Zimmer und sucht. Nachdem sie den gefüllten Kondom gefunden hat, geht sie zufrieden wieder hinaus. Jetzt beginnt für das Mädchen wieder eine neue Zeitrechnung. Ab heute wird sie fröhlicher, zufriedener und verträglicher sein.
Es kommen immer mehr Patienten aus Nah und Fern. Daran sind die Zirkusleute Richard und Simone Schuld. Und eine Mund zu Mund Propaganda. Die Religiösen bringen ihre Kranken vorbei, die aus Freiburg sowieso, die aus Bruchsal ebenfalls. Meistens kommen die Patienten aber erst wenn sie mit ihrem Latein am Ende sind. In der Regel ist ein längerer Krankenhausaufenthalt nötig. Vermehrt erscheinen auch Leute aus Gruppen, von denen man noch nie gehört hat. Aus Frankfurt und Wiesbaden zum Beispiel. Oder Nordschweizer, die man nicht einmal versteht wenn sie Englisch sprechen. Und auch Franzosen.
Die Krankenzimmer werden umgebaut. Die ehemaligen Schulräume sind keine gleichmäßigen Rechtecke. Sie sind etwas verschachtelt und deshalb wohnlicher als normale Krankenhauszimmer. Zudem sind die Räume freundlich und hell, ihre Fenster reichen bis auf den Fußboden. Aus dem einen Schulraum wird die Männerabteilung, bestehend aus drei Betten. Aus dem anderen, die Frauenabteilung mit zwei Betten. Wobei bei Bedarf aus der Männer- auch die Frauenabteilung werden kann. Neben dem OP gibt es noch ein Intensivbett.
Die Patienten müssen ihre Behandlung bezahlen, was inzwischen alle Gruppen wissen. Alle bringen reichlich leckere Lebensmittel mit. Die Bruchsaler sind am willkommensten, denn sie bezahlen mit Bier. Eine Gruppe, die sich von Donaueschingen in das Rheintal hinuntergearbeitet hat, bringt ein sehr leistungsstarkes Funkgerät mit. Es soll in Toms Kantine, dort wo fast immer jemand sitzt und arbeitet, installiert werden. Die Schwarzwaldgruppe will mit allen bekannten Gemeinschaften verbunden sein. Weil das diskutiert werden muss, versammeln sich die Erwachsenen Ettenheimer in Toms Kantine. Zusätzliche Stühle werden hinein gestellt, in der ehemaligen Küche wird es knalle eng. Zur besseren Sauerstoffversorgung werden die Fenster aufgerissen. Es soll besprochen werden, inwieweit so ein Gerät von Nutzen wäre. Ob es überhaupt sinnvoll ist, mit anderen ständig in Verbindung zu sein.
„Die anderen werden uns ständig anbetteln“, befürchtet Tom.
„Es wird Tratsch und Klatsch geben. Wir werden mehr Unterhaltung haben“, freut sich Marion.
„Auch wir könnten einmal Hilfe benötigen“, meint Zora. „Kommunikation dient auch unserer Sicherheit. Man kann uns vor was weiß ich was warnen.“
„Vor einer Schlechtwetterfront zum Beispiel“, sagt Otmar.
„Da wäre eine Funkverbindung tief nach Frankreich sinnvoller“, regt die französisch sprechende Stella an.
„Wisst ihr wo ich wahnsinnig gerne mal wieder hin möchte?“ mischt sich Lea ein. „Nach Straßburg. Ich würde gerne das Münster mal wieder sehen. Als Kind hat mich der Koloss überwältigt.“
Nun wird Elfriede lebendig, die an Dennis gelehnt, auf der Wohnzimmercouch sitzt. Seit sie einen Freund hat, ist sie immer gut gelaunt. Und sie ist wieder gesprächig geworden. Sie erhebt sich und geht in die Küche.
„In Straßburg bin ich aufgewachsen. Ich kann für dich den Fremdenführer spielen“, bietet sie an. „Aber ohne Bodyguards würde ich nicht über den Rhein fahren.“
„Wir müssen mal wieder in Fessenheim nachschauen“, fällt Zora spontan ein.
Tom reibt sich die Hände. „Es ist schon lange mal wieder ein Ausflug fällig. Wird Zeit, dass wir Verbindungen nach Frankreich knüpfen und kontrollieren, was die so haben.“
„Atomkraftwerke“, rutscht es Elfriede heraus.
„Bist du eigentlich Deutsche oder Französin?“, will Zora von ihr wissen.
Selten sieht man Elfriede verlegen. „Um ehrlich zu sein, das weiß ich gar nicht.“ Die anderen lachen los, sie lacht mit. „Ich würde sagen, ich gehöre zur Nation der Ettenheimer.“
Die Einwände gegen die große Funkanlage werden mit dem Argument abgetan, dass das Gerät, falls es nervt, jederzeit abzuschalten ist. Es wird der Ausflug nach Straßburg organisiert. Zwei Unimogs werden mit Wasser, Verpflegung, Waffen und Munition beladen. Solch weite Ausflüge werden immer mit Begleitfahrzeug unternommen. Die Fallen sind vielfältig und die Funkverbindung ist unsicher. Tom und Siggi haben die Fahrzeuge auf Benzinverbrauch umgerüstet. Tagelang waren sie in Südbaden herumgefahren, haben einen Tankzug mit möglichst hochwertigem Treibstoff gesucht.
Südbaden beschränkt sich nun im Wesentlichen auf das Rheintal und die Vorbergzone des Schwarzwaldes. Die Schwarzwaldstraßen sind im Großen und Ganzen unpassierbar. Überall drängen Büsche und Schlingpflanzen auf die Straßen, liegen Bäume quer, die das Vorwärtskommen behindern. Freddys damaliger Ausflug ins Gebirge, scheiterte schon nach wenigen Kilometern. Alle Versuche auf einen hohen Berg zu gelangen, endeten an enormen Holzmaßen. Nicht einmal zum Aussichtsturm auf dem nahe gelegenen Hünersedel hatte er es geschafft. Dieser Versuch endete an einem Erdrutsch.
Als das Gesuchte gefunden war, wurden die zwei auf dem Schwimmbadparkplatz stehende Tanklaster weggefahren und der neue als Tankstelle eingerichtet. Mit dem Schwimmbad gibt sich die Gemeinschaft jetzt wesentlich mehr Mühe als zur Anfangszeit, als darin die schottischen Rinder weideten. Sergei hat die Wasserzufuhr zur aller Zufriedenheit geregelt. Ungehindert fließt es hinein und hinaus. Paul ist eine Art Bademeister. Er schneidet die Rosen, mäht regelmäßig den Rasen und ist für die Sauberkeit des Wassers verantwortlich. Bei heißem Wetter sind fast alle im Schwimmbad. Nachmittags toben Kinder und Erwachsene im Wasser oder auf dem Rasen herum. Es finden heiße Federballschlachten statt, bei denen das Doppel Zora/Freddy nicht zu schlagen ist. Oder gemütliche Bocciarunden. Die Familien lagern meist dicht am Wasser. Zora und Freddy liegen oft in der Sonne und sind braungebrannt. Immer Meggy und Urs im Blick. Liebespaare wie Elfriede und Dennis besetzen die stillen Ecken. Beide haben eine empfindliche Haut und liegen immer im Schatten. Niemand mehr fährt, auf den von Brombeeren überwucherten Feldwegen, zu den Baggerseen.
Es geht nach Frankreich. Frühmorgens verabschieden sich die Mütter von ihren Kindern. Der Ausflug ist auch dazu gedacht, den Müttern ein wenig Abwechslung und Entspannen zukommen zu lassen. Der Nachwuchs bleibt in Mettes Obhut, die einen Tag ohne Elfriede ebenfalls entspannend findet, und bei der kinderverweigernden Katy, die gerne mal Mama spielen möchte. Ihre Mitbewohnerinnen Theresa, Heidi und Nora fahren genauso mit, wie Stella, Lea, Emma und Marion mit ihren Freunden. Die Schaf-und Ziegenherde bringen Siggi und Natascha auf die Weide. Als einziger bleibt Nico auf dem Hof, der sich nicht wohl fühlt. Zora und Freddy bleiben wegen der hochschwangeren Helga zurück. Sie hat eine unbeschreibliche Angst auch ihr zweites Kind zu verlieren.
Die Unimogs setzen sich in Bewegung. Elfriede spielt die Reiseleiterin, kennt den Weg nach Straßburg aber nicht. Marion sitzt, mit der Brille auf- und der Landkarte vor der Nase, auf dem Beifahrersitzt neben Tom. Den zweiten Unimog steuert Stella. In den Aufbauten sitzen die Passagiere auf bequemen Polstern. Die Fahrerkabinen haben keine Rückwände mehr. So können die Passagiere jederzeit den Fahrer unterhalten.
Die Zurückgebliebenen sind auf einen ruhigen Tag eingestellt. Zora rechnet nicht damit, dass Helgas Kind schon kommt. Dennoch gibt es ein Ereignis. Nico funkt, Fremde seien eingetroffen. Eine Familie mit zwei Kindern. Zora fährt mit dem Rad hinüber, Freddy bleibt beim Funkgerät. Vor Toms Hof steht ein Wohnmobil. Zwei etwa fünfjährige Buben kicken auf der Straße. Sie fremdeln zwar, sind aber höflich. Ihre Eltern machen einen anständigen Eindruck. Die Mutter sieht arabisch aus und trägt Kopftuch. Der Vater scheint Deutscher zu sein. Die Familie sucht weder ärztlichen Beistand, noch will sie jemanden besuchen. Sie will sich hier niederlassen. Zora erklärt den Neuen die Wohnverhältnisse. Dass alle auf ehemaligen Bauernhöfen leben, die aber keine freien Wohnungen mehr haben. Auch im Hospital sei alles belegt. Wenn sie zu bleiben wünschen, müssten sie sich im Dorf ein Haus aussuchen. Die Gruppe würde sie bei der Ansiedlung unterstützen, behauptet Zora, weil sie persönlich es so machen würde. Die Eltern schicken ihre Kinder ins Wohnmobil und fahren mit ihnen ins Dorf. Danach ist von der Familie nichts mehr zu sehen.
Spätabends kommen die Unimogs zurück. Wie es scheint, war der Ausflug eine voller Erfolg. Elfriede und Dennis kommen kichernd in die Küche.
„Wart ihr nun im Straßburger Münster?“, erkundigt sich Freddy.
„Das ist ein fantastisches und riesiges Gebäude. Die weltweit größte Ansammlung von behauenem Buntsandstein“, behauptet Elfriede. Sie sagt das in einem langsamen, überschwänglichen Ton, als ob sie beschwipst wäre.
Zora schnuppert an ihr. „Du riechst nach Rauch“, stellt sie verwundert fest.
Dennis kichert wieder. Fried grinst bis zu ihren Ohrläppchen. „Das war das zweite Ausflugsziel. In Straßburg fanden wir keinen einzigen Homo sapiens. Dann sind wir noch etwas spazieren gefahren. So um die Stadt herum. Und fanden bestellte Felder mit riesigen Pflanzen. Mit Cannabis sativa. Dort leben ein paar coole Leute. Die sind locker drauf. Mit denen haben wir geraucht und uns amüsiert. Ich habe dir einen Sack voll mitgebracht. Sozusagen als Vorschuss der potentiellen französischen Patienten. Cannabis ist eine wichtige Medizin. Und zum Eigenverbrauch.“
„Willst du das Kiffen anfangen? Und beibehalten?“, fragt Freddy ungläubig.
Elfriede zeigt ihr charmantestes Lächeln. „Das ist doch eine schöne Abwechslung.“
„Der Rauch entspannt ungemein“, meint Dennis.
Freddy hebt warnend den Zeigefinger. „Es wird nicht lange dauern und ihr habt das Gefühl, dass es ohne nicht mehr geht. Fried, dieses Mal wäre es sehr wichtig, dass du mal auf einen Älteren hörst. Was man sich angewöhnt hat, wird man nur mit sehr viel Mühe wieder los. Oder gar nicht mehr. Wer das Trinken angefangen hat, will das jeden Tag, weil ein Tag ohne Alkohol kein lebenswerter Tag ist. Mit dem Cannabis verhält es sich genauso.“
„Du magst doch keine Abhängigkeiten“, sagt Zora. „Wenn du Cannabis rauchen musst um gut drauf zu sein, dann bist du abhängig.“
Elfriedes gute Laune ist weg. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet mir das passiert.“
Freddy stöhnt. „Das habe ich früher so oft gehört. Alle Süchtigen sind sich zuerst schlau vorgekommen.“
Dann meint Zora ungewohnt kalt: „Für mich ist die Sache völlig klar. Cannabis ist eine wichtige Medizin. Danke dafür. Aber wer das Zeug täglich raucht, wird nachlässig und unzuverlässig. Dem würde ich nie eine verantwortungsvolle Aufgabe anvertrauen.“
Elfriede weiß was das bedeuten könnte. Als Cannabisraucherin würde sie nicht mit am OP-Tisch stehen dürfen.
„Das kann ja mal vorkommen, dass man als Sechzehnjährige über die Stränge schlägt“, lenkt sie ein.
Und Freddy lenkt ab. „Wir haben übrigens neue Mitbürger. Du wirst bald zwei neue kleine Jungs im Kindergarten begrüßen dürfen. Das scheinen Muselmänner oder sowas zu sein. Die Frau trägt ein dunkles Kopftuch.“
„Heißt das nicht Mohammedaner?“ wundert sich Dennis.
„Männer. Banausen“, faucht Fried. „Wo habt ihr diese altmodischen Wörter ausgegraben. Das sind Muslime. Wo finde ich die?“
„Sie suchen gerade nach einem passenden Haus.“
Die Neuen nisten sich in einem modernen, gut isolierten Haus mit Photovoltaikanlage ein. Sie sind tatsächlich gläubig, beten kniend auf Teppichen. Die Eltern bringen ihre zwei Jungs zum Kindergarten. Auch ihre Kinder sollen lernen. Elfriede setzt sich mit den zwei Jungs zuerst in das Feuerwehrauto und unterhält sich mit ihnen. Bald verlieren sie ihre Scheu und werden genauso ausgelassen wie die anderen Kinder. Tom und ein paar Neugierige helfen den Muslimen das Haus einzurichten und die Stromversorgung herzustellen. Für die Raumbeheizung nutzt jeder gerne die angenehmen Infrarotstrahler. Doch bei Kälte fressen die viel Strom. So werden auch auf dem Dach der Neubürger die Module ergänzt und in den Keller die obligatorischen Stromspeicher gestellt.
Das bleibt aber nicht der einzige Neuzugang.
In der Rheinebene stehen zwischen Ringsheim und Herbolzheim mehrere Aussiedlerhöfe. Beim Joggen über die Hügel, bleibt der Blick automatisch an den großen Dächern hängen. Der Druck der Natur auf die Höfe ist enorm. Sie sind durch die Wildnis kaum noch zu erreichen. Die vielen ehemaligen Pferdekoppeln sind im Dickicht der aufkommenden Büsche und Bäume verschwunden. Den Häusern droht das Schicksal von Dornröschens Schloss. Doch eines Tages quillt aus einem der Kamine eine Rauchfahne. Ab jetzt stehen die Aussiedlerhöfe unter Beobachtung. Da unten tut sich was. Es ist spannend. Das Beobachten der Siedler wird zur liebsten Beschäftigung und deren Tätigkeiten zum Dauerthema.
Als erstes machen sie die Zufahrtsstraße frei. Auch die Unbekannten sind auf die Supermärkte angewiesen. Danach beginnen drei Männer neben einem Wohnhaus eine Fläche zu roden. Fast jeden Tag steht irgendwer auf dem Hügel und bewundert ihre Vorschritte. Die Rodung wird größer und größer. Die Holzhaufen gigantisch. Es geht auf den Winter zu. Sie werden für das nächste Frühjahr Felder herrichten, vermutet jeder. Tiere sind keine zu sehen. Aber die Siedler haben einen Traktor. Mit dem reißen sie Wurzelstöcke heraus. Tag für Tag, auch an den Sonntagen, arbeiten sie bei jedem Wetter Outdoor.
Eines Tages wird ein weiterer Hof aus seinem Dornröschenschlaf geweckt. Auch dort beginnen einige Menschen mit der Rodung. Diese haben Pferde und zwei Kühe dabei. Lange wird diskutiert, ob man sie besuchen soll. Ob sie überhaupt wollen, dass man sie besucht. Spekuliert nicht, meint Zora, schaut einfach nach. Schon alleine aus Höflichkeit sollte man sich zeigen. Und man sollte nachbarschaftliche Beziehungen anbieten. Doch niemand will so recht. Die meisten sind der Meinung, wenn jemand neu auftaucht, hat er sich vorstellen. Diese Leute da unten haben bestimmt auch vom Hospital und der Ärztin gehört. Aber sie warten mit ihrem Antrittsbesuch vermutlich so lange, bis sie medizinische Hilfe brauchen.
Anfang Dezember sind auch mindestens sechs Frauen zu sehen, die den fünf Männern manchmal helfen. Vermutlich verschönern sie die meiste Zeit die Innenräume, oder sorgen für gutes Essen. Nur selten fährt auch mal ein Fahrzeug weg. Ende Dezember liegt zwei wochenlang Schnee. Die fremden Männer arbeiten unbeirrt weiter. Morgens um acht fangen sie an. Von zwölf bis dreizehn Uhr machen sie Mittag. Dann roden sie bis fünf Uhr weiter. Da ist es schon dunkel. Die Gruppe zollt den Fremden Respekt. Sie arbeiten doppelt so viel wie Toms und Hasans Mitstreiter.
Der Januar ist frostig, trocken und schneefrei. Gegen Ende des Monats sind fünf Fußballfeld große Flächen frei gelegt. Ein Holzhaufen liegt neben dem anderen. Max funkt das Hospital an. „Macht euch auf schlechte Luft gefasst. Die zünden nun die Holzhaufen an.“
Elfriede und Dennis ziehen von unten nach oben. Zora, Freddy, Meggy und Urs benötigen das größere Erdgeschoss. „Kein Wort zu Dennis wegen des Goldes“, hat Fried Zora und Freddy eingeschärft. Was das junge Liebespaar an Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen braucht, holt es sich nicht wie üblich aus den Möbelhäusern. Ihre Sachen suchen sie sich in den Häusern der Reichen zusammen. Siggi der Mechatroniker Lehrling hilft ihnen manchmal. Wohl niemand hat eine so geschmackvoll und teuer eingerichtete Wohnung wie Elfriede und Dennis.
„Irgendwas haben wir falsch gemacht“, meint Freddy grinsend zu Zora, als sie Elfriedes Wohnung bewundern. „Wieso haben wir keine Gemälde mit Goldrahmen und keine goldenen Kerzenständer. Solche schicken Schränkchen und Stühle haben wir auch nicht. Und schau dir mal die schönen Figuren an. Die gibt es überall umsonst. Wieso haben wir sowas nicht?“ fragt er Zora mit gespielter Verzweiflung.
„Weil wir zwei kleine Kinder haben, die das alles nicht in die Finger bekommen dürfen“, antwortet sie sachlich. „Die würden sich mit den Figuren und Kerzenständern erschlagen. Wenn unsere Kinder aus dem Haus sind, richten wir uns neu ein.“
Das nimmt Elfriede gewaltig die Freude am Einrichten. Sie will ja viele in die Welt setzen.
Die zwei jungen Mitbewohner ordnen auf einem Regal gerade ihre Elfenbeinschnitzereien, als Freddy fragt, ob sie mit auf den Berg wollen, die Feuer anschauen. Zu viert fahren sie mit dem Salamander hinauf, die Kinder bleiben bei Heidi. Das gerodete Holz der Siedler ist noch nicht so trocken, dass es rauchfrei verbrennt. Sie zünden die Haufen nicht nacheinander an. Nein, alle Haufen gleichzeitig. Der Rauch steigt nicht nach oben. Er wird in Bodennähe von einem leichten Wind hin und her geblasen. Die Rauchentwicklung ist sehr dicht, die Männer flüchten in die vom Qualm eingehüllten Häuser.
„Darf ich lachen, oder sind sie ernstlich gefährdet?“ fragt Elfriede.
Freddy reicht ihr das Fernglas. „Im zweiten Hof ziehen sie die Rösser und Kühe in die Scheune.“
„Sie hätten vielleicht auf den Wind achten sollen“, sagt Zora besorgt. „Wenn ich das richtig sehe, bekommen die noch viel Stress.“
Die Siedler haben zwar um ihre Höfe die Büsche und Bäume gerodet. Das dürre Gras das zwischen den Gehölzen wuchs, steht aber noch. Ebenso die Stauden. Auch die sind, wie das Gras, knochentrocken. Es kommt zum Flächenbrand. Die Männer rennen wieder aus den Häusern, mit Tüchern vor den Gesichtern, klopfen mit Schaufeln und Heugabeln auf das brennende Gras.
„Ist das traurig“, entfährt es Fried.
„Das machen die nächstes Mal bestimmt besser“, meint Dennis.
„Wenn sie nicht vorher erstickt sind“, ergänzt Zora.
Elfriede meint noch: „Man soll sich ja nicht freuen, wenn andere ihre eigenen Häuser abfackeln. Aber es ist zu komisch.“
Freddy weiß was anderes. „Dabei ist das gar nicht schlecht, was die da unten treiben. Sie produzieren Asche, die sie bestimmt unterpflügen. Als Dünger. Damit ernten sie dickere Kartoffeln als wir. Und ihr Getreide wächst vermutlich dichter.“
„Wir sollten in den Raiffeisenmärkten den Kunstdünger sichern“, weiß Dennis auch mal was Praktisches. „Den können wir in Zukunft noch gut gebrauchen.“
Zuhause wird Tom das erzählt. Zuerst die Sache mit der Brandrodung. Er lacht Tränen. Dann die Idee den Kunstdünger vor den anderen in Sicherheit zu bringen. Er lobt Dennis. Schon am nächsten Morgen macht er sich mit drei Männern an die Bergungsarbeiten.
Elfriede ist unendlich dankbar, was sie so alles mit Dennis machen darf und was er so alles mit ihr macht. Da er über eine langjährige Erfahrung verfügt und auch von den Erfahrungen einer älteren Frau profitiert, ist das Liebesleben nie langweilig. Aber laut. Seit sie im Obergeschoss hausen, müssen sie die Zeiten abpassen, in denen Zora und Freddy drüben im Hospital sind. An ihrem siebzehnten Geburtstag entscheidet sich Elfriede schwanger zu werden. Dennis kann die Kondome weglassen und braucht nie mehr aufzupassen. An einem Sonntagmorgen im Februar, nach einer gymnastischen Begattung, die Dennis sehr angestrengt hat, was von Elfriede auch gewollt war, weil er dann länger braucht bis er sich ergießt, hören sie, erschöpft im Bette liegend, komische Geräusche. Draußen hinter dem Haus. Elfriede schaut hinaus und sieht einen Esel. Im Kräutergarten stehen. Das Grautier tut sich an den Trockenpflanzen gütlich.
Sie zieht sich an, stürmt aus dem Haus, will herausfinden ob das Tier zutraulich ist. Der Esel schaut überrascht auf. Er kennt nur Häuser ohne Bewohner. Er nimmt Reißaus. Es bleibt nicht bei einem Esel. Im Laufe des Tages sammeln sich zwischen fünfzig und hundert dieser einstmals nützlichen Tiere und fressen am Dorf entlang. Vor allem fressen sie den Efeu von den Bäumen und an den Brombeeren, die auch im Winter grüne Blätter tragen. Die Dornen fressen sie gleich mit. Die meisten der Gruppe finden die Eselansammlung fantastisch. Schauen ihnen gerne zu, wie sie die überwucherte Hügel- und Terrassenlandschaft freilegen. Die Tiere müssen in den letzten Jahren zusammengefunden haben.
Nach Tagen und Wochen werden sie zum Problem. Mit ihrem Appetit auf Brombeeren und Bäumchen kommen sie auch in die Nähe der Felder. Dabei durchbrechen sie deren dichte Brombeerumrandung. Die natürlichen Zäune verschwinden. Dadurch finden auch Rehe, Hirsche, Rinder, Pferde und die Lamas auf die Felder, die Feldfrüchte sind nicht mehr vor den Grasfressern geschützt. Tom stört das gewaltig. Er will die Viecher loswerden. Bei einer Beratung in der Kantine, sucht er Leute die ihm helfen, die Grautiere zu vergrämen.
Elfriede zeigt Bildung. „Die Megaherbivoren werden sich weiterhin potenzieren und auf die Agrarflächen eine zunehmende Pression ausüben.“
„Die Mega-was?“ fragt Tom genervt.
„Die Megaherbivoren. Die großen Pflanzenfresser. Es gibt zu wenige Prädatoren, die die Feinde kurz halten. Ich habe ein Buch über Landschaften gelesen. Die Serengeti ist nur deshalb eine Grasfläche, weil die riesigen Tierherden jeglichen Holzbewuchs abweiden. Das könnte auch bei uns passieren. Eines Tages ist bei uns alles kahlgefressen. Dann müssen wir die Felder mit Stacheldraht schützen.“
„Wie es wohl in Afrika aussieht?“ sinniert die Jägerin Marion, die früher dort zur Jagd war. „Ob man da irgendwann wieder hinkann?“
„Wer weiß. Vielleicht gibt es Abenteurer die um die Welt ziehen“, sagt Otmar. „Oder welche die um die Welt segeln.“
Tom bläst seine Backen auf. „Das hilft uns nicht weiter. Unsere Felder sind bedroht. Wir müssen sämtliches pflanzenfressendes Viehzeug, das unsere Saat bedroht, verscheuchen. Besonders die Mega-Esel-Dinger.“
„Das wird uns viel Munition kosten“, gibt Freddy zu bedenken.
Stella setzt hinzu: „Vermutlich müssen wir uns die Tiere jahrein, jahraus vom Halse halten.“
Marion nickt zustimmend. „Diese Munition haben wir nicht. Auch nicht für die Schreckschusswaffen.“
„Dann müssen wir eben lärmen“, sagt Sergei.
Leas Zweitgeborenes beginnt auf ihrem Schoss zu schreien. „Das geht einfacher“, meint sie. „Kein Mensch braucht eine Hand zu rühren.“
„Wir setzen unsere Säuglinge auf die Felder“, wird sie von Max unterbrochen. Alle lachen.
„Quatsch. Wir haben drei Unimogs. Mit denen kann man hupend die Tiere vertreiben. Einfacher geht es wirklich nicht.“
Die Gruppe stellt wiederholt fest: Jeder hat mal eine gute Idee. Gesagt getan. Am nächsten Tag werden die Esel noch weiter weg getrieben. Leider sind danach auch die Lamas verschwunden.
Wie in fast jedem Sommer steigen die Temperaturen mehrmals auf fünfunddreißig Grad. Die Getreideernte ist unter Dach und Fach, nur der Mais steht noch, die Gemeinschaft hat nun Muse für anderes. In Toms Wohnzimmer probt die Theatergruppe. Die Probe wurde auf den kühleren Vormittag gelegt. Warmes Mittagessen gibt es bei diesen Temperaturen nicht. Die Schauspieler schwitzen vor sich hin. Toms Klimaanlage kann die vielen Ausdünstungen nicht verarbeiten. Jan funkt in die Probe. Ärgerlich geht Tom ans Gerät.
„Die Luft ist so komisch“, sagt Jan. „Und der Himmel ist so gelb. Hier ist vorhin eine kleine Windhose durch. Die Herde ist total nervös. Die Tiere drängen nach Hause. Kann mir jemand das Scheunentor aufmachen? Ich will die Herde nicht im Freien lassen.“
Tom erzählt von dem Anruf. Neugierige schauen aus den Fenstern. Obwohl ihm Jans Wunsch seltsam erscheint, geht er hinaus. Einige folgen. Er schiebt das Tor zur Seite. Schon hört er die Schafe blöken und die Ziegen meckern. Mit großer Geschwindigkeit kommen sie herabgerannt. Die Hunde können sie kaum lenken. Ob die alle in die Scheune finden, denkt er. Dann sieht auch er eine Windhose über den Hügel fegen. Keine Kleine. Eher ein Wirbelsturm. Der Wirbel tanzt nach links, dann nach rechts. Reißt Pflanzen in die Höhe. Nimmt Astwerk und Bäume mit. Tom wird es ganz anders. Der Wirbel rast hinter der Herde ins Tal hinab, auf das Dorf zu. Tom sieht das Dorf nicht mehr. Aber die gigantische Windhose, die sich vermutlich hunderte Meter hoch erhebt. Dann ändert sie plötzlich wieder ihre Richtung und kommt auf ihn zu. Er und alle die draußen sind, bekommen Panik und stürzen zum Hintereingang in die Kantine. Die Herde hat die Scheune erreicht, registriert er beim Wegrennen.
Kaum im Haus, bricht draußen mit einem Höllenlärm das Inferno aus. Die Sicht ist auf einmal weg. Nur noch schnell fliegender Staub und gepeitschtes Gestrüpp ist zu sehen. Sand kratzt nervenaufreibend an den Scheiben. Die Leute entfernen sich von den Fenstern. Dachpfannen von Otmars Haus sausen vorbei. Solarplatten folgen. Das Haus ächzt. Dachelemente von Toms Scheune klatschen an die Fassade. Die Menschen sind schreckerstarrt. Eine Fensterscheibe platzt. Der Sturm schleudert ein Schaf herein. Das verletzte Tier springt wie von Sinnen in der Kantine herum. Reißt Stühle um, Schüsseln von der Anrichte, springt auf den Tisch und wieder herunter, will ins Wohnzimmer. Tom und Max werfen sich auf das durchgedrehte Schaf und ringen es zu Boden. Der Lärm lässt nach, der Staub beginnt sich zu setzten.
Eine Frau sagt: „Machen Kindergarten und Schule heut nicht einen Ausflug?“