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Die Ärzte, ach die Ärzte

Als Herr K., wie mir von ihm berichtet wurde, kürzlich zu seiner Psychiaterin/Neurologin in die Große Bergstraße ging, brav ausgestattet mit einem Überweisungsschein seines Hausarztes, entspann sich der folgende Dialog zwischen der Arzthelferin und besagtem Herrn K.

Arzthelferin: „Haben Sie denn einen Termin, werter Herr K.?

(Ich bezweifele übrigens, dass sie „werter“ gesagt hat. Das scheint mir heutzutage dann doch nicht mehr üblich zu sein, höchstens mit einem eher höhnischen Hintergrund versehen.)

Herr K.: „Nö.“

A.: „Was haben Sie denn überhaupt?“, fragte sie, während sie doch die Diagnose auf dem Überweisungsschein zu lesen vorfand.

K.: „Ein Taubheitsgefühl in einem Teil der rechten Hand, was die Ärztin als Neurologin angeht. Und in ihrer Funktion als Psychiaterin, nun, wie soll ich es ausdrücken, eine Art depressive Verstimmung.“

Im Anmeldezimmer hatten sich inzwischen einige neu angekommene Patienten versammelt, die dem Gespräch Interesse abgewinnen konnten. Sie spitzten die Ohren und dachten sich vermutlich: Aha Aha.

A.: „Ist es denn akut?“

K.: „Natürlich ist es akut, sonst wäre ich ja nicht hier!“

A.: „Ich meine das im strengeren Sinn.“

K.: „Dass ich etwa im Begriff bin, mich am nächsten Baum aufzubaumeln, oder was?“

A.: „Aber nein nein. Nun, ich gucke mal, wann wir da einen Termin für Sie hätten. Ja .also, das wird leider erst im nächsten Jahr etwas.“

K.: „Im nächsten Jahr? Wir haben den 12. Dezember, Fräulein!“

A.: „Ja, leider leider. Am 30. Januar, wäre Ihnen das recht, hätten Sie dann Zeit?“

K.: „Soll ich so lange mit einer tauben Hand herum laufen? Und vielleicht doch noch auf die Idee kommen, mich beiseite zu schaffen? In die tiefe Elbe hinein?“

A.: „Nein nein, warten Sie doch bitte im Wartezimmer, ich frage die Frau Ärztin noch einmal, ja, ob sich da nicht etwas machen ließe.“

Herr K. wartete folglich im Wartezimmer, seinen Angaben gemäß eine halbe Stunde. Zeit genug, das Muster der Tapete eingehend zu betrachten und auf sich wirken zu lassen. Es milderte seine zornige Stimmung nicht wirklich. Schließlich wurde er aufgerufen und sah sich wieder mit der, nicht unfreundlichen, Arzthelferin konfrontiert.

A.: „Leider leider, Herr K., es bleibt beim 30. Januar nächsten Jahres, Wir könnten Sie eventuell auf die Warteliste setzen, falls jemand seinen Termin platzen lässt, hm?“

K.: „Nein, dürfte ich wieder um meinen Überweisungsschein bitten? Du kannst mich von Eurer Patientenliste streichen, Kleines, das ist mir hier unsympathisch. Ich suche mir einen anderen Psychiater/Neurologen!“

(Das mit dem „Kleines“ glaub ich ihm übrigens nicht.)

Und wie er mir diese Geschichte erzählte, sprach er weiter von den zahlreichen Telefonaten, die er anschließend mit sämtlich in Frage kommenden Ärzten/Ärztinnen führte.

Und hast du schließlich jemanden gefunden?, fragte ich ihn.

Ja, stöhnte er.

Und für wann?

Für den 12. Februar. Immerhin, oder?

Klar, meinte ich, und drückte ihm zum Abschied seine taube Hand.

Altona

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