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ОглавлениеBeziehungsstress
Ich saß mal wieder an einem Buch von Max Frisch, „Stiller“, und fragte mich, wie es möglich ist so gut zu schreiben, als aus der Küche der Ruf erklang: „SCHATZI?“
Schatzi, damit war ich gemeint. So heiße ich gar nicht.
Ich knurrte etwas und las weiter.
Sie wiederholte diesen Ruf noch zwei Mal, dann stand sie mir gegenüber. Eine Kochschürze um ihren schönen Leib gebunden.
Damit haben sie uns, Männer, damit haben sie uns.
„Schatzi, tu mir doch bitte einen Gefallen. Und hören kannst du anscheinend auch nicht mehr!“
Ich legte das Buch weg, mit Wehmut und der Ahnung, dieses Buch niemals zu Ende lesen zu können, so lange sich meine Freundin bei mir einquartiert hat.
„Was'n los?“, fragte ich der Höflichkeit halber.
„Ich habe den Lauch vergessen, kann jetzt aber vom Herd nicht weg; gehst du zum Netto in die Große Bergstraße und holst welchen?“
Frauen und Männer passen unmöglich zusammen, da hat die Schöpfung etwas falsch gemacht.
„Ich weiß noch nicht einmal, wie Lauch überhaupt aussieht. Grün irgendwie, oder? Geh doch selbst rüber, sind doch nur zwei Minuten!“
„Ich kann vom Herd nicht weg, du willst doch später auch etwas Anständiges essen, oder?“
Frauen! Es geht nicht ohne sie, es geht nicht mit ihnen. Der Volksmund weiß Bescheid.
„Und bring noch einen Kopfsalat mit!“, setzte sie nach.
Frauen sagen einen Satz, dann machen sie ein wenig Pause und sagen den nächsten Satz, und jedes Mal sind es Aufforderungen etwas zu tun, das einem selbst als völlig abwegig erscheint.
Kein Lauch da? Dann wird die Mahlzeit eben ohne Lauch eingenommen, oder?
„Du weißt ja, dass ich dich lieb habe, aber ...“, fing ich mit Erklärungen an.
„Das weiß ich überhaupt nicht, ich weiß nur, dass du vorgibst, mich lieb zu haben. Aber wenn du dich weigerst mir ein bisschen Lauch kaufen zu gehen, dann kann es mit deiner Liebe nicht weit her sein!“
Gegen solche Argumente kommt man nicht an.
Ich zog mich um, hörte: „Und ZWIEBELN, nicht die großen, sondern die kleinen!“
Meine Güte, das arme Mädchen dreht mir durch, dachte ich.
Man(n) ist geknebelt und gefesselt.
Ihr Einsamen in Altona, seid froh!
Andererseits ist sie lieb, meine Freundin. Und es ist schön, neben ihr einschlafen zu dürfen.
Auf Spaziergängen hält sie meine Hand.
Sie hätte einen besseren Mann verdient.