Читать книгу Anschläge auf den Frankenkönig - Hans-Jürgen Ferdinand - Страница 6
Der offene Aufruhr gegen Karl den Großen Herzog Widukind, der sächsische Widersacher des Frankenkönigs
ОглавлениеDer Name Widukind bedeutet Kind des Waldes. Offenbar gehörte Widukind einer vornehmen Familie des sächsischen Teilstamms der Westfalen an. Eine Ehefrau Geva oder Gheua wird erstmals in der Braunschweigischen Reimchronik aus der Zeit von 1279 bis 1292 erwähnt. Im Jahr 772 fielen die Franken in Sachsen ein und zerstörten die Irminsul, ein heidnisches Heiligtum der Sachsen. Die Zeit der Sachsenkriege, an denen Widukind vermutlich von Anfang an beteiligt war, hatte begonnen – sie währte bis 804. Im Jahr 773 überfielen die Westfalen als Vergeltung Deventer, während Karl sich in Italien aufhielt und sich mit den Langobarden rumschlug. Im folgenden Jahr 774 belagerte der sächsische Teilstamm der Engern Fritzlar, wurden aber von den dort weilenden Franken zum Rückzug gezwungen. Im Jahre 775 bezwang Karl der Große die Ostfalen und die Engern. Die Westfalen hingegen überlisteten eine fränkische Heeresabteilung und richteten ein großes Blutbad an. Ein Jahr später 776 zwang der Frankenkönig einen großen Teil der frankenfreundlichen Edelinge der Sachsen, mit ihm einen Vertrag zu schließen, danach wurde Sachsen zu einer Mark.
Im folgenden Jahr blieb der westfälische Edeling Widukind – er wird für 777 erstmals in den Fränkischen Reichsannalen erwähnt – anders als die anderen Edelinge, gegen den Willen Karls des Großen der fränkischen Reichsversammlung in Paderborn fern, und begab sich für ein Jahr zum Dänenkönig Sigfrid. Im Jahre 778 fielen die Westfalen, wohl unter Widukinds Führung, ins fränkische Rheinland ein, zerstörten mehrere Siedlungen und richteten großen Schaden an. In der Zeit von 779 bis781 begann im damaligen Sachsen, dem heutigen Westfalen, ein zermürbender Kleinkrieg, ein Bruderkrieg, der sich gegen die frankenfreundlichen sächsischen Edelinge richtete. Auf dem Reichstag zu Lippspringe 782 wurde das damalige Sachsen in fränkische Grafschaften aufgeteilt und damit Teil des Frankenreichs.
Widukind kehrte wieder vom Dänenkönig nach Sachsen zurück, wo er erneut zum Aufruhr gegen die Franken aufreizte. Die Sachsen vernichteten daraufhin in der Schlacht am Süntel ein fränkisches Heer und töteten mit den Grafen Geilo und Adalgis zwei der höchsten Beamten des Frankenkönigs. Karl der Große rächte sich bei Verden an der Aller mit der Enthauptung von ca. 4.500 Sachsen im sogenannten „Blutgericht von Verden“, während Widukind erneut zu den Dänen entkommen konnte.
Ein Jahr später wird Karls Heer 783 zum Rückzug aus der Schlacht an der Grotenburg gezwungen. Die Verstärkung seines Heeres bewirkte allerdings die Niederlage seiner sächsischen Gegner in der Schlacht an der Hase. Im Jahr 784 unterstützten die Friesen Widukind, der den Widerstand gegen die Franken auch im Winter fortsetzte.
Im Sommer 785 rückte Karl dann bis in den Bardengau an der unteren Elbe vor. Widukind und sein jetzt erstmals in den Quellen genannter Gefolgsmann Abbio – eventuell ein Schwiegersohn oder Schwager – wichen zunächst in das nordelbische Sachsen aus, gaben den Widerstand aber kurz darauf auf. So führten unmittelbare Verhandlungen zwischen Karl dem Großen und Widukind im Bardengau noch im gleichen Jahr zur Taufe Widukinds und Abbios. Sie wurde anlässlich des Weihnachtsfestes in Attigny vollzogen. Taufpate war Karl der Große, der damit eine „geistliche Verwandtschaft“ zu Widukind herstellte, ihn durch Geschenke ehrte und seinen Rang bestätigte, wodurch die Bedeutung, die der Frankenkönig Widukind zumaß, deutlich wird. Dieses reflektiert das von der gesamten römischen Christenheit zu feiernde Dankfest, das Papst Hadrian I. 786 anlässlich der Nachricht von Widukinds Taufe anordnete.
In der Folgezeit wurden sächsische Edlinge nach ihrer Taufe in die fränkische Grafschaftsverfassung einbezogen, so dass sich langsam das Zusammenleben beider Völker zu einem Volk vollzog.
Das Nachleben gibt Rätsel auf. Die Annahme Karl der Große habe Widukind auf die Insel Reichenau am Bodensee verbannt ist in der Forschung ebenso umstritten, wie seine angebliche Grabstätte in der Stiftskirche zu Enger.