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VORLÄUFER SENDESPIEL: KLASSISCHE LITERATUR IM HÖRFUNK

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Bevor sich ein arteigenes Spiel entwickeln konnte, strahlten die Hörfunkstationen ›Sendespiele‹ aus, die nicht originär für den Rundfunk geschrieben waren. »Nicht die Öffentlichkeit hatte auf den Rundfunk gewartet«, so bewertete der Autor, Radiopionier (seit 1925 dem Hörfunk verbunden) und ›Radiotheoretiker‹ Bertolt Brecht die frühen Jahre, »sondern der Rundfunk wartete auf die Öffentlichkeit […] Am Anfang half man sich damit, dass man nicht überlegte. Man sah sich um, wo irgendwo irgendjemandem etwas gesagt wurde, und versuchte hier lediglich konkurrierend einzudringen und irgendetwas irgendjemandem zu sagen. Das war der Rundfunk in seiner ersten Phase als Stellvertreter. Als Stellvertreter des Theaters, der Oper, des Konzerts, der Vorträge, der Kaffeemusik, des lokalen Teils der Presse« (BRECHT 1967: 128). Zunächst wählte der frühe Hörfunk Stücke mit wenigen Personen und sendete sie wie Vorlesungen mit verteilten Rollen; dann gab es erste Versuche mit klassischer Literatur. Im November 1924 wurde in Hamburg die Inszenierung von Johann Wolfgang von Goethes Faust II als literarisches Rundfunkereignis gefeiert. Wenig später eröffnete Alfred Braun die ›Sendespielbühne‹ der Berliner Funk-Stunde mit Friedrich Schillers Wallensteins Lager (3.1.1925) – die Schauspieler traten (öffentlichkeitswirksam auf dem Pressefoto) in Kostüm und Maske, in Wehr und Waffen auf. Doch erst Arnolt Bronnens Bearbeitung des klassischen Textes (15.2.1927) wurde »die erste Aufführung eines literarischen Hörspiels im deutschen Rundfunk« (BRONNEN 1954: 162). Bronnen hatte Schiller radikal gekürzt und – funkgemäß – auf die Tragödie Wallensteins konzentriert. »Das Hörspiel ist möglich!« jubelte der Kritiker Ludwig Kapeller nach der Ursendung. Und auch die Wirkung »auf die noch ungewohnten Berliner Ohren« war »beträchtlich«, wie Bronnen später notierte. »Das spürte ich schon bei meinem Mechaniker, bei dem ich mir damals, zu Beginn meiner Auto-Leidenschaft, des Öfteren einen kleinen Wagen zu entleihen pflegte, und wo ich also gleich in eine kunsttheoretische Debatte verwickelt wurde. Ich war erstaunt, wie richtig dieser nach dem Sprachgebrauch als ›ungebildet‹ zu bezeichnende Mann, für den Wallenstein und seine Generale doch wenig mehr als bloße Namen waren, die menschlichen Taten, aus den menschlichen Anlagen entspringend, einschätzte« (BRONNEN 1954: 162).

Kleine Geschichte des Hörspiels

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