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HÖRSPIELDISTANZ DER ETABLIERTEN SCHRIFTSTELLER

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Die Anfänge waren schwierig, und viele der frühen – eigens für den Hörfunk erstellten – Hörspiele waren vermutlich Sendespiele oder akustisch-literarische Spielereien. Schon sehr früh versuchte man, auch die Musik für die Hörspiele nutzbar zu machen. Bereits das erste Hörspiel, Fleschs Zauberei auf dem Sender, enthielt etablierte (Walzer-)Melodien, für andere Produktionen wurden Komponisten wie Giuseppe Becce oder Gerhart von Westerman mit Aufträgen betraut. 1925 prägte Kurt Weill, damals Redakteur der Hörfunkzeitschrift Der Deutsche Rundfunk, den Begriff »absolute Radiokunst«, doch das »über der Erde schwebende, seelenhafte Kunstwerk«, das »zu den Tönen und Rhythmen der Musik neue Klänge hinzutreten« lässt, wurde nie umgesetzt (DÖHL 1988: 80).

1926 schrieb Fritz Gerathewohl erste Hörspielvorlagen mit Musik (Der Pomeranzendieb; MIRAG), 1928 begründete Bronnen die Form der dialogisierten Novelle (Michael Kohlhaas; Funk-Stunde 1928). Der Textbedarf des Hörfunks war enorm, seit 1925 bestanden etwa zwei Prozent des Programms aus Hörspielen. Aber die berühmten Autoren blieben reserviert. Bereits 1927 forderte Brecht funkeigene Radiospiele – und machte sich über die Honorare lustig: »Es müssen Werke […] ausschließlich für das Radio gemacht werden. Was die Hörspiele betrifft, so sind hier ja tatsächlich von Alfred Braun interessante Versuche gemacht worden. Der akustische Roman, den Bronnen versucht, muss ausprobiert und diese Versuche müssen fortgesetzt werden. Dazu dürfen auch weiterhin nur die allerbesten Leute herangezogen werden. Der große Epiker Alfred Döblin wohnt Frankfurter Allee 244 (Berlin). Ich kann Ihnen aber vorher sagen, dass alle diese Versuche an den ganz lächerlichen und schäbigen Honoraren scheitern werden, die die Funk-Stunde für solche kulturellen Zwecke zu vergeben hat« (BRECHT 1967: 122f.).

Doch nicht nur die Honorare hielten die Autoren vom Funk ab. »Von den Autoren will noch immer ein mächtiger Teil, man möchte sagen unbesehen, nichts vom Rundfunk wissen«, beklagte Döblin im September 1929 auf der Arbeitstagung ›Dichtung und Rundfunk‹ in Kassel, »weil er den Rundfunk für etwas Vulgäres, für Unterhaltung und Belehrung plumper Art hält« (DUR 2000: 35f.). Döblin hingegen sah in dem neuen terziären Medium eine Möglichkeit, die Beschränkungen der nur schriftlichen Literatur zu durchbrechen und wieder den »eigentlichen Mutterboden jeder Literatur« (DUR 2000: 37) zu betreten: die Mündlichkeit. Jetzt aber in ihrer modernen rundfunkmedialen Form und durch Musik, Geräusche, gar Serialität ergänzt. Ironie am Rande: Auf »einer der glanzvollsten Tagungen der Rundfunk- und Hörspielgeschichte« (SCHWITZKE 1963: 33) diskutierten über den Rundfunk Autoren, die nur zu einem Viertel selbst auch einen Empfangsapparat besaßen (LEONHARD 1997: 1165).

Kleine Geschichte des Hörspiels

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