Читать книгу Der Weihnachtsmann ist tot - Hans-Jürgen Raben - Страница 11
Оглавление5. Kapitel
Zwei Männer standen vor der Tür. Einer groß und dünn, der andere eher das Gegenteil, klein und korpulent. Beide trugen dicke Wintermäntel und gefütterte Stiefel. Der Kleine trug außerdem eine Fellmütze mit hochgeklappten Seitenteilen, was etwas merkwürdig aussah.
Der größere verbeugte sich knapp. „Ich bin Bezirksinspektor Waldmann, und das ...“ Er deutete auf seinen Kollegen. „... ist Inspektor Stenzel. Sie sind Frau Hilbinger, nehme ich an. Wir möchten im Zusammenhang mit dem Todesfall Rolf Esser noch einige offene Fragen klären. Dürfen wir eintreten?“
Tanja gab wortlos den Eingang frei. Die beiden klopften den Schnee von ihren Schuhen und zogen ihre Mäntel aus.
Tanja schloss die Tür und ging voran in den Wohnraum. Die Schuhe der beiden Männer hinterließen kleine Pfützen auf den glänzenden Fliesen der Empfangshalle. Die Kriminalbeamten schienen über die Anwesenheit der fremden Frau nicht erstaunt zu sein und begrüßten sie mit einem Kopfnicken.
„Nehmen Sie Platz“, sagte Tanja mit gepresster Stimme. Ein äußerst ungutes Gefühl machte sich in ihr breit.
„Ich möchte auf den Abend zurückkommen, an dem Herr Esser gestorben ist“, begann Bezirksinspektor Waldmann. „Sie haben meinen Kollegen seinerzeit erzählt, dass außer Ihnen – und dem Verstorbenen natürlich – niemand im Haus war. Ist das richtig?“
Tanja nickte. „Ja, das ist richtig. Außer uns war niemand im Chalet. Das Personal war nach Hause geschickt worden, es war schließlich Heiliger Abend. Wir waren allein.“
„Es hätte sich auch niemand Zutritt verschaffen können?“
„Nein. Mein Mann sorgte immer dafür, dass alle Fenster und Türen verriegelt waren. Er hatte ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis. Im Übrigen war die Alarmanlage eingeschaltet.“
Tanja hatte bemerkt, dass der Polizist bei der Erwähnung ihres Mannes kurz die Augenbrauen hochgezogen hatte. Sie verspürte ein leichtes Frösteln.
Die beiden Polizisten sahen sich an, bevor Waldmann wieder das Wort ergriff. „In diesem Fall haben wir ein Problem, Frau Hilbinger. Als der Verstorbene abgeholt wurde, sah alles nach einem Unfall aus. Alle Anzeichen sprachen dafür, und als Unfall haben meine Kollegen es an dem Abend auch protokolliert.“
Er unterbrach sich und sah Tanja intensiv in die Augen. Die fremde Frau, Julia Esser, hatte sich zurückgelehnt und genoss die Szene offensichtlich. Sie sagte kein Wort, und die beiden Beamten hatten offenbar nichts gegen ihre Anwesenheit einzuwenden.
„Wie es in solchen Fällen üblich ist“, fuhr Waldmann fort, „wird eine Obduktion angeordnet, falls der Tote ein ausländischer Staatsbürger ist. Der Pathologe, der die Obduktion vorgenommen hat, ist ein sehr gründlicher Mann. Er hat am Haaransatz auf der Stirn des Verstorbenen eine Druckstelle festgestellt, die sich durch ein Unfallgeschehen nicht erklären ließ. Daraufhin hat er den gesamten Schädel untersucht und vier weitere Druckstellen gefunden. Es sah so aus, als hätte jemand mit allen Fingerkuppen seiner Hand den Kopf von Herrn Esser mit aller Kraft nach unten gedrückt, möglicherweise unter Wasser. Der Verstorbene hatte eine Überdosis Kokain in seinem Blut, was noch zu erklären gewesen wäre, doch wir fanden zusätzlich Spuren von Barbituraten, und es erscheint uns äußerst unwahrscheinlich, dass der Tote in Erwartung des weiteren Verlaufs des Abends starke Schlafmittel eingenommen haben soll.“
Tanja war immer mehr in sich zusammengesunken. Verzweiflung machte sich in ihr breit. Sie knetete ihre Finger und suchte fieberhaft nach einem Ausweg. Sie hatte das Gefühl, in einer Falle zu sitzen.
„Es wäre wohl am besten, wenn ich einen Anwalt anrufe“, sagte sie leise.
Die beiden Beamten erhoben sich. „Das können Sie vom Revier aus tun. Denn wir müssen Sie bitten, uns jetzt zu begleiten.“
Auch die Frau, die sich Julia Esser nannte, war aufgestanden. Waldmann verbeugte sich kurz und knapp vor ihr. „Danke, Frau Esser, dass wir für diese Vernehmung in Ihr Haus kommen durften.“
Jedes Wort, das er sagte, war ein Stich in Tanjas Herz. Die einzige Erinnerung an ihre zerplatzten Träume war die Bemerkung, die Julia ihr im Vorbeigehen ins Ohr raunte.
„Danke, dass Sie mein größtes Problem gelöst haben.“
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ENDE