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3. Kapitel


Als Tanja das riesige Badezimmer betrat, saß er schon in der Wanne. Das Wasser sprudelte, die Pumpen arbeiteten hörbar.

Sie hatte ihr Abendkleid gegen ein seidenes Hauskleid getauscht – tiefblau mit aufgestickten gelben Paradiesvögeln. Rolf sah bewundernd zu ihr auf, einen schläfrigen Ausdruck im Gesicht, die Augen nur halb geöffnet.

Sie nahm den Deckel von der silbernen Dose, die sie aus Rolfs Schlafzimmer geholt hatte, und belud einen kleinen Löffel mit dem weißen Pulver, das sie anschließend auf die glänzenden Kacheln am Kopfende der Wanne streute. Mit einem Rasiermesser zerteilte sie das Häufchen in vier parallele Linien und legte einen zusammengerollten 200-Euro-Schein daneben. Sie wusste, dass er es damit am liebsten in die Nase sog.

„Das wird eine tolle Nacht“, flüsterte sie.

Rolf nickte nur, sein Kopf war schon etwas tiefer in das sprudelnde Wasser gerutscht. Dann raffte er sich doch wieder auf und griff nach dem Schein, rollte ihn fester zusammen und zog sich rasch zwei der Linien durch die Nase.

Seine Hand sank kraftlos nach unten, und der Schein fiel ins Wasser. Tanja fischte ihn sofort wieder heraus und breitete ihn auf dem Beckenrand aus. Ihre Kindheit und Jugend waren zu ärmlich gewesen, um auf einen Geldschein zu verzichten. Auch wenn sie jetzt in anderen Verhältnissen lebte, gab es doch Dinge, die sich nicht so leicht verändern ließen.

Rolfs Augen waren fast geschlossen, er murmelte ein paar unverständliche Worte, dann sank sein Kopf zur Seite. Der Wasserspiegel erreichte seine Unterlippe, prustend kam er wieder hoch und schnappte nach Luft.

Nur Geduld, ermahnte sich Tanja innerlich. Es dauert seine Zeit, bis die Substanzen wirken. Außerdem war ihr Mann an Kokain gewöhnt. Sie hoffte, dass die Dosis ausreichte, die sie ihm verpasst hatte.

Rolf griff mit einer Hand nach ihr, traf aber nur den Beckenrand. „Komm rein zu mir“, nuschelte er. Er rutschte ein Stück tiefer.

„Gleich, mein Lieber.“ Sie versuchte, ihrer Stimme einen verführerischen Unterton zu geben, war jedoch viel zu aufgeregt dafür.

War es schon so weit?

Seine Augen waren geschlossen. Er schien zu schlafen. Seine Nase war immer noch über den sprudelnden Blasen sichtbar. Der Kopf bewegte sich weiter nach unten, als fände sein Körper keinen Halt mehr in der Wanne. Gleich würde er versinken.

Vorsichtig streckte sie ihre rechte Hand aus und drückte mit allen fünf Fingern auf sein gewelltes Kopfhaar. Sie hatte gelesen, dass man Druckstellen nach dem Tod leicht entdecken konnte, doch in diesem Fall würde seine dichte Haarpracht sie leicht verdecken.

Sie drückte stärker. Der Kopf sank unter Wasser. Rolf bewegte sich, die Arme schlugen nach den Seiten. Sie drückte, so fest sie konnte. Minutenlang, so kam es ihr vor. Sie ließ erst los, als der Kopf den Wannenboden erreichte und Rolf sich nicht mehr rührte. Langsam zog sie ihre Hand aus dem Wasser.

Sie erschrak, als Rolf sich bewegte. Doch sein Körper pendelte nur durch den Druck der blubbernden Bläschen hin und her. Sie wartete, doch der Kopf kam nicht wieder hoch, nur vereinzelte Luftbläschen stiegen auf.

Tanja merkte, dass sie am ganzen Körper zitterte. Dennoch – jetzt musste sie schnell handeln. Es durfte nicht zu viel Zeit vergehen, bis sie den Notruf wählte. Vorsichtig kratzte sie das restliche Kokain zusammen und legte vier neue Spuren, aber immer nur einige Krümel, sodass es aussah, als hätte jemand alle vier Linien benutzt. Der Rest kam in die Toilette. Damit wäre das reichliche Kokain im Blut zu erklären. Tanja wusste, dass so etwas gründlich überprüft würde.

Sie sah sich um. Rolf lag komplett unter Wasser. Der Anblick seines nackten Körpers erzeugte bei ihr einen Brechreiz. Sie musste sich zusammenreißen!

Hatte sie etwas angefasst, das Verdacht erregen würde? Nein, auch sie benutzte das Bad bei bestimmten Gelegenheiten, sodass ihre Fingerabdrücke völlig normal waren. Die Badewanne hatte sie nicht angefasst, die Armaturen nicht berührt. Die Wasserspritzer auf dem Boden waren normal und würden ohnehin bald getrocknet sein.

War wirklich alles in Ordnung? Nein!

Ihr Blick fiel auf die Silberdose mit dem weißen Pulver. Oh, Gott, das hätte sie fast übersehen!

Tanja schloss den Deckel und wischte die gesamte Oberfläche mit einem Handtuch gründlich ab. Jetzt kam der schlimmste Teil.

Es kostete sie viel Überwindung, die schlaffe Hand aus dem Wasser zu ziehen und die Fingerkuppen an verschiedenen Stellen auf das glänzende Silber zu drücken. Es spritzte auf, als die Hand zurück ins Wasser fiel. Sie schrie vor Schreck und Ekel, als sie von ein paar Tropfen getroffen wurde. Rasch ließ sie die Dose vom Handtuch auf die Kacheln am Kopfende gleiten.

Tanja trat zwei Schritte zurück. Hatte sie jetzt alles bedacht?

Sie ging ins Wohnzimmer, um den Notruf zu wählen.

Der Weihnachtsmann ist tot

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