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1.3 Entwicklungspfade der Finanzgeographie

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Frühe Annäherungen

Die Beobachtung, dass die Versorgung von Unternehmen, Haushalten und öffentlicher Hand mit Liquidität einen wesentlichen Erklärungsbeitrag zum Verständnis regional differenzierter wirtschaftlicher Entwicklung liefert, ist keinesfalls neu. So wird sie doch bereits in der Polarisationstheorie des schwedischen Ökonomen Gunnar Myrdal (1957) oder Arbeiten von Regionalwissenschaftlern zum Dritten Italien in den 1970ern herausgearbeitet (TICKELL 2000). Beide Inhalte haben im Kanon der geographischen Grundausbildung seit Langem einen zentralen Platz inne. Dennoch fristeten Geographinnen und Geographen, die sich mit Geld und Finanzdienstleistungen beschäftigt haben, bis Ende der 1990er-Jahre im Fach ein ausgesprochenes Nischendasein. Dies trifft so für den angloamerikanischen Raum zu, in dem zu dieser Zeit allerdings bereits vom „end of the beginning“ (LEYSHON 1995, S. 531) der neuen Subdisziplin gesprochen wird, und gilt noch stärker für die deutschsprachige Literatur. In der hiesigen Fachwelt setzt sich der Begriff Finanzgeographie erst in der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre durch.1

Als Hintergründe der langwährenden Isolation sind an erster Stelle übergeordnete fachliche Strömungen zu nennen. Dies gilt insbesondere für die ausgedehnte Dominanz des raumwirtschaftlichen Paradigmas, einem modellorientierten, an der neoklassischen Wirtschaftslehre ausgerichteten ‚Denkstil‘ (SCHAMP 2007), der dem Finanzsektor nur eine untergeordnete Hilfsfunktion für das reibungslose Funktionieren der Realwirtschaft zuschreibt (vgl. auch Kap. 2.2). Weitere Ursachen liegen in landesspezifischen Wissenschaftstraditionen; so hat eine kritische Geographie in neomarxistischer Tradition, wie sie im heutigen Diskurs der Finanzgeographie recht zentral ist, in den USA, Großbritannien oder auch Frankreich eine wesentlich prominentere Stellung als beispielsweise in Deutschland. Dazu kommen für lange Zeit geringe internationale Vernetzung, auch aufgrund von Sprachbarrieren, sowie nicht zuletzt mit Einzelpersonen und -schicksalen verbundene Gründe; Martin (1999, S. 3) illustriert dies mit Spekulationen darüber, wie sich das Fach wohl entwickelt hätte, wären Überlegungen von August Lösch (1906–1945), einem der großen Klassiker der Standortlehre, zur Bedeutung von Währungen und regional divergierenden Zinsniveaus ins Englische übersetzt worden bzw. hätte er sie vollenden können.

Für die Ursprünge und frühen Pfade der Finanzgeographie im internationalen Umfeld finden sich in angelsächsischen Standardwerken wie z.B. dem Dictionary of Human Geography (GREGORY et al. 2009) oder auch bereits dem Companion to Economic Geography (SHEPPARD und BARNES 2000) mehrere zweckmäßige Übersichtsdarstellungen. Sie werden im Folgenden nur verkürzt mit Blick auf die Hauptströmungen wiedergegeben. Daran schließt sich ein knapper Abriss der Entwicklungen im deutschsprachigen Raum an.

Finanzgeographie

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