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Vorwort

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Schlägt man in gängigen geographischen Lexika nach Begriffen, die im Kontext einer Geographie der Finanzen und Finanzmärkte zentral sind, etwa Finanzsystem oder Finanzzentrum, stößt man auf „finaler Magmatismus“, „Finalursache“, „Findlinge“ und „Finiglazial“ (so im Diercke Wörterbuch Geographie in der 15. Auflage, 2011). Finanzen – kein Thema also für die Geographie? Sicher nicht. Allein der Titel des Beitrags „A very geographical crisis: the making and breaking of the 2007–2008 financial crisis“ (FRENCH et al. 2009) macht dies sehr anschaulich. In den USA platzt die Immobilienblase, wenig später steht Griechenland vor der Insolvenz. Viel mehr geht kaum für eine Geographie, die sich für ungleiche Entwicklungen interessiert, für die Mechanismen, die Orte und Gesellschaften miteinander verbinden und voneinander trennen, und Repräsentationen dieser Welt, in denen viele traditionelle Teilungen – nah und fern, Norden und Süden usw. – neu zu denken sind.

Das vorliegende Lehrbuch möchte eine kompakte Einführung in das relativ junge Forschungsfeld geben, für das sich im deutschen Sprachraum der Ausdruck Finanzgeographie etabliert hat. Im Sinne der Reihe Geowissen kompakt richtet es sich an Haupt- und Nebenfachstudierende der Geographie im grundständigen Studienabschnitt. Ziel ist entsprechend, einen Überblick über die Grundthemen und -zugänge im Feld zu verschaffen und ein Basisverständnis für Zusammenhänge innerhalb und zwischen der Finanzwelt und anderen Welten wie die der Produktion und des Konsums oder auch der natürlichen Umwelt zu vermitteln.

Aus der Lehrerfahrung ist mir bewusst, dass das Thema Finanzen bei vielen Studierenden – und damit sind jetzt nicht Ihre monatlichen BAföG-Eingänge gemeint, auch wenn diese ein ähnliches Gefühl auslösen mögen – häufig mit einem gewissen Unbehagen verknüpft ist, ja einige (auch) deshalb Geographie als Studienfach gewählt haben, weil sie sich gerade nicht vertieft mit Finanzdienstleistungen und Finanzierungsprozessen auseinandersetzen wollen. Wenn dieses Buch einen kleinen Beitrag dazu leistet, dass der oder die eine oder andere nun einen besseren Zugang und vielleicht sogar Lust bekommt, dies im Zusammenhang mit regionalen Entwicklungsprozessen verstärkt zu tun, ist es schon alle Mühe wert; die Relevanz steht außer Frage. Und zur Beruhigung: Das angesprochene Unbehagen teilen auch Forscher, die sich fortgesetzter mit Finanzdiensten und Geldströmen befassen. Denn Finanzen sind unstrittig ein besonders wenig transparentes und teils auch nur schwer nahbares Konzept. So kann es sich schon als herausfordernd erweisen, die in englischen Texten leichtfüßig wirkenden Begriffe Finance und Global Finance angemessen ins Deutsche übertragen zu wollen. Zudem gibt es in der Forschungspraxis Hürden (Stichwort Bankgeheimnis). Wie im Folgenden deutlich werden sollte, gibt es jedoch Wege sie zu überwinden – lohnenswerte Wege.

Fragen im Zusammenhang mit Finanzmärkten zählen aktuell wohl zu den brisantesten Problemkreisen überhaupt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Dieser Band wird keine umfassenden Antworten liefern, keine große Lösung zur Reform der Architektur des internationalen Finanzsystems oder der Verschuldungsproblematik. Bestenfalls können Ausgangspunkte aufgezeigt werden, deswegen auch für ein Lehrbuch sicher ungewöhnlich viele Hinweise auf wünschenswerte weitere Forschungen. Das Feld der Finanzgeographie ist wie erwähnt noch jung. Alle Leserinnen und Leser sind herzlich ermuntert, es durch eigene Arbeiten weiter zu bestellen, gerne im Sinne eines hybriden Feldes, d.h. quer zu den klassischen Bindestrich-Segmenten der Geographie. Denn bei der weiteren Lektüre wird klar werden, wie schnell man bei der Bearbeitung von Fragestellungen, die sich der Finanzgeographie zuschreiben lassen, mit anderen Teildisziplinen (Politische Geographie, geographische Stadt-, Entwicklungsforschung usw.) und ebenso den Nachbarwissenschaften der Geographie in Berührung kommt. Der Themenkomplex Finanzen-Finanzierung ist also gut geeignet, die Trennwände zwischen verschiedenen fachlichen Schubladen weiter abzutragen. Hierzu sei an dieser Stelle ebenfalls offen ermuntert.

Einer Reihe von Personen möchte ich für wertvolle Unterstützung bei der Erstellung des Bandes herzlich danken: den Herausgebern sowie Herrn Seeling von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft für die Bereitschaft, die Finanzgeographie mit in die Reihe aufzunehmen und die prima Begleitung des Vorhabens; allen Mitgliedern des lieben Teams in Eichstätt für hilfreiche Anmerkungen zu Entwürfen einzelner Kapitel und Philipp Rodrian und Franz Flögel zusätzlich für ihren ausgezeichneten Beistand bei bestimmten Recherchen; unserer Kartographin Sandra Bauer für die geduldige und sorgfältige Umsetzung der Abbildungen; den geschätzten KollegInnen Sabine Dörry, Michael Handke, Robert Musil und Frank Zschaler, die ebenfalls jeweils Auszüge vorab gelesen und mit Hinweisen bereichert haben; sowie Michael Jedelhauser, Susan Mühlemeier und Johannes Pfahler, die mir als Vertreter der Zielgruppe des Buchs wichtigen Input gegeben und sich ferner beim Erstellen des Registers verdient gemacht haben (alle etwaigen Unzulänglichkeiten und Fehler im Buch bleiben natürlich in ausschließlich meiner Verantwortung). Auch meiner Familie und meinen Freunden möchte ich an dieser Stelle für ihr großes Verständnis und viele anregende Gespräche während des Abfassens des Manuskripts sehr herzlich danken.

Eichstätt, im September 2013 Hans-Martin Zademach
Finanzgeographie

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