Читать книгу Talare klaut man nicht - Hans-Otto Kaufmann - Страница 5
3. KAPITEL
ОглавлениеNach zwanzig Minuten Autofahrt hatte er den Ort erreicht.
... Wie heißt die Kirche nochmal? ... Ist gerade gemütlich warm in meinem Auto ... Hab'
eigentlich keine Lust, bei der Kälte auszusteigen... Da! ... Eine Tankstelle ... Mal anhal-
ten ... Die müssen es wissen ... Gar keine Bedienung hier? ... Gehen auf Nummer sicher
... Gegensprechanlage ... Sicherheitsglas ... Wie in einer Bank ... Haben vielleicht mal
schlechte Erfahrungen bei einem Überfall gemacht ... Aussteigen...
"Sagen sie, wie komme ich am schnellsten zur SENK-Kirche?"... Der scheint mich gar
nicht zu bemerken ... Mikrophonanlage nicht eingeschaltet? ... "Wissen sie, wo die
SENK-Kirche ist?“... Aha, er merkt, dass ich mit ihm spreche... "Krümelkämpe!!" ...
"Was du wollen?“... Der hat aber 'ne lange Leitung ... "Wo finde ich die SENK-Kirche,
Krümelkämpe?" ... Scheint nur Bahnhof zu verstehen ... "Ich Aushilfe, was du wollen?"
... Hat keinen Sinn ... "Geben sie mir einen Schokoriegel!“... Das hat er verstanden...
Ab ins Auto ... Weiterfahren ... Ein Ehepaar ... Spaziergänger ... Bei der Kälte! ...
Anhalten ... Rechts ran ... Scheibe runter kurbeln...
"Können sie mir sagen, wo ich die SENK-Kirche finde?“... "Wie soll die heißen?“...
"SENK!“... "Nie gehört. Du, Elfriede?" ... "Moment ... Ist das nicht `ne evangelische?"
... "Ja, eine evangelische, liegt in der Krümelkämpe.“... "Moment, Karl, das ist doch die
beim Bäcker" ... "Bei welchem Bäcker?" ... "Na, bei Faltermeyer um die Ecke" ... "Da
ist 'ne Kirche?" ... "Das ist doch die andere evangelische, Karl ... Also ... Da fahren sie
jetzt an der nächsten Kreuzung rechts ab, dann links, dann wieder links und dann wie-
der rechts, dann sind sie da" ... "Danke."
Es war die falsche.
Nach weiteren zehn Minuten Fragerei und Sucherei bog Kommissar Steele langsam in
die Krümelkämpe ein und sah hinter einem alten VW-Polo den Polizeiwagen auf dem
Parkstreifen stehen. Bei Dunkelheit und leichtem Nebel war von der Kirche nicht viel zu
erkennen. Vorsichtig stieg er aus, ging zum Streifenwagen, in dem ein telefonierender
Kollege saß, dann schritt er weiter auf eine spärlich beleuchtete Eingangstür zu. Kaum
hatte er sie geöffnet, wurde er von einem Polizisten begrüßt.
"N' Abend. Sie sind der Kollege von der Mordkommission?"
Steele nickte.
"Oskar Beller."
Sie gaben sich die Hand.
"Kommen sie doch sofort mit zum Tatort."
Fast im Laufschritt durchmaßen sie den geräumigen Flur.
Vor der Tür zur Sakristei stoppte der Polizist.
"Der Verletzte ist natürlich längst ins Krankenhaus gebracht worden."
"Was ist ihm denn passiert?"
" Zwei schwere Kopfverletzungen.“
"Vernehmungsfähig?"
"Nein. Er war bewusstlos. Frühestens morgen Vormittag werden sie etwas aus ihm her-
ausbekommen. Der Notarzt ist mitgefahren. Er wird ihnen einen Bericht zukommen
lassen."
"Wo ist es genau passiert?"
"Hier in der Sakristei."
Beller öffnete behutsam die Tür, als ginge es in den Tresorraum der Schweizer Bank.
Steele hatte Gelegenheit, sich umzuschauen.
... Das also ist eine Sakristei...
... Sieht aus wie in einer Rumpelkammer ... Eine Art Miniküche mit Einbauschränken
Ein schlichter Resopaltisch, darauf ein Bierkasten und mehrere Notenständer ... Tür
zu einem Nebenraum ... Oberlicht voller Spinnweben ... Offener, niedriger Schrank mit
merkwürdigen Handtüchern, Bastel- und Malsachen ... Wer ist denn das? ... Vergoldeter
Holzrahmen, neben dem großen Schalterkasten. ... Das Portrait eines Mannes, der so
etwas wie eine Baskenmütze trägt ... Er lächelt sympathisch, bartlos ... Daneben auf
gleicher Höhe ein Rasierspiegel in dunkelroter Plastikfassung ... An einem Nagel ein
Kleiderbügel ...Ein Kruzifix an der einen Wand, an der anderen ein gerahmter Spruch:
ICH HABE MICH MÜDE GESCHRIEN
MEIN HALS IST HEISER.
MEINE AUGEN SIND TRÜBE GEWORDEN,
WEIL ICH SO LANGE HARREN MUSS AUF MEINEN GOTT.
Psalm 69,4
"Wohin führt die andere Tür?"
"In den Gemeinderaum."
"Haben sie den Namen des Verletzten?"
"Werner Paselmann."
"Angehörige?"
"Er lebt allein. Wohnt aber im gleichen Haus wie sein Bruder. Der ist bereits informiert
worden."
"Und wie hat man sich den Tathergang vorzustellen?"
"Da fragen sie am ..."
Sie vernahmen schwere Schritte aus dem Flur. Ein Hüne von mindestens zwei Metern
Körpergröße schritt langsam und händeringend auf die Polizisten zu.
'wenn man vom Pastor spricht, dann kommt er', dachte Oskar Beller.
"Das ist der Pastor der Gemeinde", flüsterte er.
"Hab' ich mir fast gedacht", raunte Steele.
"Er hat den Verletzten gefunden und uns angerufen. Er kann ihnen alles erzählen.
Brauchen sie mich noch? Mein Kollege wartet im Auto auf mich."
"Eigentlich nicht. Aber sagen sie, ist etwas entwendet worden? Man sagte mir, dass auch
ein versuchter Raubmord nicht auszuschließen sei."
"Ja, stimmt, es fehlen der Talar und die Abendmahlsgeräte."
"Merkwürdig!..."
Steele grübelte.
"Der Talar ist doch das, was der Geistliche immer im Gottesdienst anhat, oder?"
"Kann man so sagen."
"Irgendwelche Hinweise auf ein Tatwerkzeug?"
"Komplette Fehlanzeige. "
"Spuren?"
"Nur von Schuhen, aber ziemlich unbrauchbar."
"Sagen sie", fuhr Steele fort, "in welches Krankenhaus ist der Verletzte gebracht wor-
den?"
"Ins St.-Katharinen-Hospital."
"In kirchlicher Trägerschaft, was?"
"Ich glaub schon, aber von der katholischen Konkurrenz."
"Na ja, passt ja fast.
Das wär`s erst einmal. Schönen Dank, sie können gehen."
Oskar Beller verabschiedete sich an der Sakristeitür vom Pastor.
Kurze Zeit später hörte man draußen den Dienstwagen anspringen.