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5.1 Historisches gesetzliches Leitbild und Rechtswirklichkeit

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Nach seiner Entstehungsgeschichte hat das AktG die Ausgabe physischer Aktienurkunden an jeden Aktionär vor Augen, obwohl die Ausgabe von Aktien auch nach hergebrachter Rechtslage nicht zwingend erforderlich war, soweit sie nicht von den Aktionären verlangt wurde.[167] Da den Aktionären indessen ein unentziehbarer Anspruch auf Einzelverbriefung zustand, konnten diese die Ausgabe von Aktien in der jeweils kleinsten satzungsmäßig vorgesehenen Stückelung verlangen.[168] Seit Inkrafttreten des Gesetzes für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts[169] im Jahre 1994, durch das § 10 Abs. 5 AktG a.F. eingeführt wurde, ist es möglich, den Anspruch auf Einzelverbriefung gänzlich auszuschließen.[170] Hierdurch sollte mit Blick auf das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz[171], welches eine Mindeststückelung von 5 DM vorsah, vermieden werden, dass die Gesellschaften mit zu hohen Druckkosten belastet werden.[172] Von dieser Gesetzesänderung blieb indessen das Recht des Aktionärs, eine Verbriefung seiner Aktien als Sammelurkunde zu verlangen, unberührt.[173] Von der Möglichkeit, den Anspruch auf Einzelverbriefung auszuschließen, machten namentlich größere Publikumsgesellschaften ausgiebig Gebrauch.

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Den nächsten Schritt ging der Gesetzgeber mit dem KonTraG.[174] Hiernach konnte die Satzung über den Ausschluss der Einzelverbriefung hinaus sogar das Recht der Aktionäre ausschließen, die eigenen Aktien in einer Sammelurkunde verbrieft zu bekommen. Allerdings bleibt auch durch diese Gesetzesänderung der Anspruch eines jeden Aktionärs unberührt, die Verbriefung seiner Mitgliedschaft in einer Dauerglobalurkunde zu verlangen.[175] Dass dieser Anspruch grundsätzlich besteht, wird auch von § 10 Abs. 5 AktG vorausgesetzt. Entscheidet sich die AG zu einer solchen Satzungsregelung, kann der Aktionär keine individuelle Verbriefung seiner Anteile – auch nicht durch Mehrfachurkunden – verlangen.[176]

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Die Ausgabe von sog. Dauerglobalurkunden i.S.v. § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG ist seither zum absoluten Regelfall geworden.[177] Einige AG haben abweichend hiervon den Verbriefungsanspruch nicht ausgeschlossen, sondern davon abhängig gemacht, dass der Aktionär die Kosten für die Herstellung der Urkunden trägt.[178]

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Soweit der Ausschluss des Verbriefungsrechts – bis auf die Verbriefung in einer Dauerglobalurkunde – nicht in der ursprünglichen Satzung enthalten ist, kann dieser nachträglich mittels Satzungsänderung erfolgen. Für eine solche Satzungsänderung ist nach h.M. nicht die Zustimmung sämtlicher Aktionäre erforderlich,[179] obwohl hierdurch eigentlich in die Rechte jedes Aktionärs eingegriffen wird.[180] Die h.M. stützt dieses Verständnis auf § 10 Abs. 5 AktG, der als Spezialnorm einen Rückgriff auf allgemeine Grundsätze ausschließe.[181]

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