Читать книгу Ludwigs Schicksalsjahre - Hans-Peter von Peschke - Страница 10
ОглавлениеVorwort
Wenn man wie so viele meiner Zeitgenossen am Ende seines Lebens noch einmal die wichtigen Geschehnisse am inneren Auge vorbeiziehen lässt, dann weiß ich, dass mein Privatleben den geneigten Leser nicht interessiert. Viele hoffen, über mich mehr von Ludwig II. zu erfahren, dem so beliebten wie umstrittenen König, der nach seinem Rücktritt noch an Popularität gewonnen hat. Als Leiter des Evidenzbureaus des Königreichs Bayern hatte ich Zugang zum König, ja sein Ohr. Ich werde mich in diesem Buch, das die Jahre bis Mitte 1870 behandelt, auf das Politische konzentrieren, wobei ich auch Privates, wenn es denn von Belang war, nicht verschweigen will. Denn nur wer den Charakter und auch die Probleme des Monarchen, seine geheimen Neigungen und Fehler versteht, kann seine wirkliche Größe erahnen. Es ist eine Geschichte, die auch die Welt hinter der Welt der Geheimdiplomatie, der Intrigenspiele und der Ränke einbezieht und so dem Publikum vielleicht eine neue Sicht der für Bayern so entscheidenden Jahre vermittelt.
Einiges, von dem ich erzähle, bedarf auch der Erläuterung durch andere Personen. Denn vieles von dem, was geschah, habe ich erst später erfahren. So bin ich sehr dankbar, dass mir mein damaliger wichtigster Gegenspieler, der Rittmeister Trutz von Greifenklau, seine noch unveröffentlichten Erinnerungen zur Verfügung stellte. Sie beruhen auf seinen Berichten an den damaligen Ministerpräsidenten Preußens, Otto von Bismarck, sowie Gesprächsaufzeichnungen aus dem geheimen Reichsarchiv. Wenn ich auch sagen muss, dass es uns schon seit 1868 gelang, viele Depeschen an Berlin abzufangen und so gut über die Meinungen und Absichten des Eisernen Kanzlers informiert zu sein. Immer dann, wenn es mir nötig schien, habe ich auch Briefe oder Berichte aufgenommen, die meisten aus dem Geheimen Bayerischen Staatsarchiv, in dem sehr viele Gedächtnisprotokolle lagern. Schließlich habe ich mir erlaubt, einige Briefe von mir und an mich einzustreuen. Durch ihre Unmittelbarkeit und Authentizität können sie besser als Jahrzehnte später Geschriebenes die Stimmung der Zeit einfangen. Vor allem habe ich – auch um der geneigten Leserschaft ein unterhaltsames Buch zu bieten – wie andere modernere Memoirenschreiber viele Gespräche wörtlich wiedergegeben, obwohl nur wenige auf schriftlichen Dokumenten wie auf meinem Tagebuch beruhen. Ich versichere aber, dass ich die Dialoge und Schilderungen, die vor allem meinen Erinnerungen geschuldet sind, nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe.
Die Memoiren des Leiters eines Nachrichtendienstes unterliegen natürlich der Genehmigung durch die Regierung und auch des Staatsoberhaupts. So werde und muss ich sie dem für den unglücklichen Otto handelnden Prinzregenten vorlegen. Da ich ihn als vorsichtigen und nachdenklichen Menschen kenne, vermute ich, dass er eine Veröffentlichung verbieten wird, und ich muss das akzeptieren, auch und gerade als der Geheimdienstchef und Freund Ludwigs II. Ich hoffe doch, dass irgendwann in der Zukunft diese Memoiren ihre Leser finden und diese von einer Zeit erfahren, in der das Schicksal Bayerns auf Messers Schneide stand.