Unternehmensführung wird meist mit dem (international bekannteren) Begriff Management gleichgesetzt und bezeichnet das Entscheiden und Gestalten von Unternehmensstrukturen und -systemen zur erfolgreichen Umsetzung unternehmenspolitischer Ziele. Dabei kann zwischen Management als Institution und als Funktion unterschieden werden:
| institutionell: Das Management, das zuständig für die Festlegung verbindlicher Unternehmensziele für das gesamte Unternehmen ist (z. B. Vorstand, Geschäftsführung, Leitende Angestellte) oder wesentlicher Teilbereiche (z. B. Bereichsleitung, Projektleitung), |
| funktional: Managen als Tätigkeit (z. B. planen, entscheiden, kontrollieren, verantworten, Mitarbeiter motivieren und fördern . . .). |
Unternehmenspolitik
Der Begriff Politik hat eine breite gesellschaftliche Bedeutung: Vom bewussten Durchsetzen eines Willens (politics) bis zum geschickten Agieren und Reagieren auf Herausforderungen (policy making). Im Unternehmen bewegt sich die Unternehmenspolitik damit in den Dimensionen von der willentlichen Gestaltung der Unternehmensziele bis zur Anpassung an in- und externe Rahmenbedingungen bzw. Einflüsse. Unternehmenspolitik beinhaltet somit eine umfassende langfristige Zielplanung für das Unternehmen und die Art und Weise, wie in Situationen relevanter Einflüsse hierauf reagiert wird. Unternehmenspolitik ist damit eine der Unternehmensplanung vorgelagerte zielbestimmende Dimension, die dann in der nachgelagerten Planung in Teilpläne gegliedert wird (z. B. funktional nach Abteilungen in Entwicklungs-, Produktions-, Finanz-, Absatz-, Personalplanung oder als Projektziele) und sich dann z. B. in abteilungsspezifisch operationalen Handlungen ausdrückt.
Dabei unterliegt die Unternehmenspolitik vielfachen und sich permanent wandelnden Einflüssen. Sie entstehen sachlich z. B. aus der Unternehmenstätigkeit bzw. -kultur und der Unternehmensentwicklung (z. B. Unternehmenshistorie, Standort, Kommunikationskultur mit der Belegschaft oder dem Betriebsrat, Innovationsfähigkeit, Mitarbeiterqualifikation und aus der Unternehmensumwelt, wie z. B. Märkte (Rohstoff-, Kapital-, Arbeitsmarkt . . .), Systeme (Rechts-, Steuersystem . . .) und gesellschaftliche Trends, wie z. B. die Entwicklungen der Technologie, der ethischen Werte oder der Demographie (s. a. Kap. 1.1.2).
Beispiel Relevante Entwicklungen zur Unternehmensführung (Bosch-Gruppe):1)
Umweltentwicklungen
| Überraschend schnelle Erholung der Weltwirtschaft: Zuwachs der weltweiten Wirtschaftsleistung um 4 %. |
| Grundsätzlich positive Aussichten trotz vorhandener Risiken. |
| Schwellenländer in Asien und Südamerika dienten als Wachstumstreiber; in den USA blieb der Zuwachs hinter den Erwartungen zurück. |
| Erholung des Kfz-Marktes, insb. bei Kleinfahrzeugen. |
| Verzögerte Verbesserung der Lage der spätzyklischen Investitionsgüterindustrie. |
| Sich abzeichnender Klimawandel und Verknappung fossiler Energieressourcen. |
| Demographischer Wandel hin zu einer immer älteren Gesellschaft. |
| Wachsende Bedeutung von Dienstleistungen, Software und kundenspezifischen Gesamtlösungen. |
| Sparmaßnahmen zur Haushaltssanierung in europäischen Ländern. |
Unternehmensentwicklungen
| Kräftige Erholung der Bosch-Gruppe, Umsatz übertraf das Vorkrisenniveau von 2007. |
| Besonders starkes Wachstum in den Unternehmensbereichen Kfz-Technik und Industrietechnik. |
| Weiterer Ausbau der Präsenz in den Schwellenländern Asiens. |
| Starker Anstieg des Umsatzes der Bosch-Gruppe in der Region Asien-Pazifik sowie in Südamerika. |
| Umfangreiche Sparmaßnahmen und Halten der Kernbelegschaft. |
| Ausbau der Präsenz auch in Südamerika, Mittel- und Osteuropa, aber auch Afrika/ Naher Osten. |
| Fokussierte Diversifizierung verbunden mit einer hohen Innovationskraft. |
| Ausbau der Geschäftsfelder Regenerative Energien und Telemedizin. |
| Bündelung der Internetexpertise in der Bosch Software Innovations GmbH. |
Ausprägungen der Unternehmenspolitik
Die traditionelle Unternehmensführung konzentriert sich auf das Innenleben der Unternehmen, z. B. auf die optimale Kombination der Produktionsfaktoren zur Gewinnmaximierung. Entsprechend wurden auch die konstitutiven Bedingungen (wie z. B. Unternehmensstandort, Rechtsform) optimierend und ohne ihre gesellschaftliche Relevanz betrachtet. In den letzten Jahren wird i. R. der Diskussion einer gesellschaftsrelevanten Unternehmensführung deshalb immer mehr zwischen den Polaritäten der klassischen vornehmlich Eigenkapitalgeber-orientierten Shareholder Value- und einer breiteren gesellschaftlich orientierten Stakeholder-Unternehmenspolitik differenziert. Während der Shareholder Value-Ansatz als Stabilisierungspolitik hauptsächlich die Shareholder-Interessen als Eigenkapitalgeber in den Vordergrund stellt und sich auf die Bestands- und Überlebenssicherung des Unternehmens konzentriert, ist der Stakeholder-Ansatz als Entwicklungspolitik auf die dynamischen Interessen aller Beteiligten des Unternehmens als sog. Stakeholder (Kunden und Lieferanten, Eigen- und Fremdkapitalgeber, Mitarbeiter, verbundene Unternehmen, gesellschaftliches Umfeld . . .) gerichtet und zielt eher auf die nachhaltige und langfristige Unternehmensentwicklung.
Merkmale des Shareholder Value-Ansatzes:
| Ziel ist in erster Linie die Bestands- und Überlebenssicherung des Unternehmens. |
| Interessen der Eigenkapitalgeber (Shareholder) stehen im Vordergrund, z. B. kurzfristige Unternehmenswertsteigerung bzw. Gewinnmaximierung/-abschöpfung. |
| Entsprechend sollen bestehende Erfolgspotenziale des Unternehmens gehalten, abgeschöpft oder ausgebaut werden. |
| Erfordert als begünstigende Situationsfaktoren z. B. relativ stabile Märkte bzw. Umwelt, überschaubare Erfolgsfaktoren sowie eine starke Macht der Eigenkapitalgeber im Unternehmen. |
| Entsprechend auch als stabibilitätsorientierte, konservative Unternehmenspolitik bezeichnet. |
Merkmale der Stakeholder-Politik:
| Ziel ist in erster Linie die nachhaltige und langfristige Unternehmensentwicklung. |
| Interessen der Stakeholder (Kunden, Mitarbeiter, verbundene Unternehmen, gesellschaftspolitisches Interesse) werden gemeinsam bzw. mit wechselnden Prioritäten in den Vordergrund als Unternehmenszweck gestellt. |
| Unternehmenspolitik zielt damit besonders auf die Suche und Entwicklung von neuen unternehmerischen Erfolgspotenzialen für die unterschiedlichen und sich wandelnden Interessen. |
| Fördernde Situationsfaktoren sind dynamische komplexe Märkte und Umwelten (bzgl. Nachfrage, Werte, Technik, Politik). |
| Entsprechend wird der Ansatz auch als entwicklungsorientierte oder progressive Unternehmenspolitik bezeichnet. |
Die traditionell eindimensionale Betrachtung unternehmerischer Zielsetzungen i. R. der Rentabilität des Eigenkapitals der Shareholder wird heute immer mehr (nicht nur gesellschaftspolitisch) in Frage gestellt. In den meisten Unternehmen (insb. in Deutschland) dominiert ohnehin der Fremdkapitalanteil die Unternehmensfinanzierung. Auch gibt es in den meisten Unternehmen eine Trennung zwischen Eigentum und Verfügungsgewalt (Anteilseigner und Management). Dazu existieren viele rechtsstaatliche Ansprüche gesellschaftlich relevanter Einzel- oder Gruppeninteressen (z. B. Mitarbeiterinteressen durch Mitbestimmung, Interessenverbände und Behörden) und gesellschaftlich anerkannte moralische Ansprüche (z. B. Corporate Social Responsibility, Nachhaltigkeit, Unternehmensethik). Und letztlich lässt sich der Wert eines Unternehmens und sein Nutzen sowohl für die Eigentümer als auch die Gesellschaft nicht quantifizieren, weil deren Interessenvielfalt zum einen sehr heterogen ist und zum anderen permanent sich wandelnden Motiven unterliegt. Allein die Eigentümerstruktur von Konzernen, aber auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen, ist oft so heterogen, dass sich keine eindeutige dauerhafte stabile Zielsetzung definieren lässt.
Prozess der Unternehmensführung
Abb. 1 stellt den Prozess der Unternehmensführung dar, im äußeren Kreis die Managementaufgaben und im inneren Kreis die Managementinstrumente, mit denen die Aufgaben entwickelt und gesteuert werden:
| Ausgehend von der der Unternehmenspolitik (1.) wo grundlegende unternehmenspolitische Orientierungen festgelegt sind (z. B. Gewinnorientierung im privatwirtschaftlichen Unternehmen) und mit Instrumenten wie z. B. Unternehmensleitlinien nach innen und außen dargestellt werden, |
| sind Unternehmen laufend mit in- und externen Entwicklungen konfrontiert (2.), auf die sie reagieren müssen. Hierbei helfen als Instrumente der Unternehmensführung z. B. die Kreativitäts- und Problemlösungsmethoden. |
| Entsprechend ergeben sich Ansätze für Unternehmensstrategien (3.), mit denen das Unternehmen auf die Entwicklungen reagieren will, um seine Unternehmenspolitik erfolgreich umzusetzen. Strategische Planungstechniken helfen Strategische Geschäftsfelder (z. B. neue Produkte oder Märkte) oder bereichsübergreifende Strategien (z. B. Qualitätsmanagement) zu definieren. |
| Im nächsten Schritt werden die Strategien (je nach Unternehmensorganisation) auf die Unternehmensbereiche, z. B. Abteilungsebenen operationalisiert zu einer operativen Planung für diese Bereiche (4.). Planungs- und Steuerungsinstrumentarium ist das Controlling. |
| Die Strukturierung des Unternehmens bzw. der Bereiche und Abteilungen, z. B. durch Organisationspläne und Führungsstile, hilft die Ziele der Bereiche zu kommunizieren und in der Zusammenarbeit umzusetzen (5.). |
| Durch die konstitutionellen Bedingungen (6.) und deren Steuerung wird sichergestellt, dass das Unternehmen in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (z. B. Standort, Mitbestimmungsgesetze) handeln kann. |
ABB. 1: Unternehmensführungsprozess
Abb. 1 stellt eine abstrahierte (z. B. ausgehend von der Unternehmensgründung) idealtypische Strukturierung dar. In der Praxis laufen diese Prozesse und Rahmenbedingungen parallel als permanenter und integrierter Prozess mit unterschiedlichen Schwerpunkten je nach Unternehmens- und Branchensituation.