Читать книгу BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil - Harm Peter Westermann - Страница 102
2. Formarten, Regelungsorte und Beispiele, Zwecke gesetzlicher Formvorschriften
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Das BGB kennt eine ganze Reihe unterschiedlicher Formen, die jeweils passgenau in bestimmten Regelungssituationen zum Tragen kommen. Teilweise werden die Grundformen noch weiter spezifiziert. Im Groben unterscheidet das BGB aber zwischen der Schriftform (§ 126), der elektronischen Form (§ 126a), der Textform (§ 126b), der öffentlichen Beglaubigung (§ 129 iVm §§ 39 ff BeurkG) und der notariellen Beurkundung (§ 128 iVm §§ 6-35 BeurkG). Einzelheiten zu den jeweiligen Anforderungen werden in den Lehrbüchern zum Allgemeinen Teil des BGB dargestellt.
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Formvorschriften finden sich beispielsweise im Besonderen Teil des Schuldrechts, im Familienrecht, im Erbrecht, aber auch in ganz verschiedenen Gesetzen außerhalb des BGB. Im Besonderen Schuldrecht ist etwa für die Bürgschaftserklärung des Bürgen Schriftform vorgesehen (§ 766). Dadurch wird der Bürge vor übereilter Abgabe seiner Bürgschaftserklärung geschützt. Der Schenkungsvertrag bedarf der notariellen Beurkundung (§ 518 Abs. 1 S. 1); allerdings kann der Formmangel durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt werden (§ 518 Abs. 2). Mietverträge über eine längere Dauer als ein Jahr müssen gem. § 550 schriftlich geschlossen werden, was vor allem der Beweissicherung dient.[47] Im Familienrecht ist das wichtigste Beispiel der Ehevertrag (§ 1408), durch den die Eheleute ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln. Er muss gem. § 1410 bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars abgeschlossen werden. Auch ein Erbvertrag kann gem. § 2276 Abs. 1 nur zur Niederschrift eines Notars bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden. Praktisch sehr bedeutsame Formvorschriften außerhalb des BGB finden sich beispielsweise oft im Gesellschaftsrecht, so § 2 GmbHG für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags (notarielle Form) und § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG für den Verkauf und die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer GmbH.
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Die gesetzlichen Formvorschriften verfolgen verschiedene, oft jedoch auch zusammenhängende Zwecke, die je nach Regelungskontext und mit Blick auf die jeweilige Formart unterschiedliches Gewicht haben. Die jeweiligen Zwecke müssen durch Auslegung der jeweils in Rede stehenden Formvorschrift ermittelt werden. Oft sind Geschäfte betroffen, die für einen der Beteiligten typischer Weise mit besonders hohen Gefahren einhergehen – so etwa Bürgschaftsverträge oder Grundstückskaufverträge. Das zeigt sich etwa in § 311b Abs. 1 und Abs. 3, aber auch in § 766. Durch die Form des Rechtsgeschäfts werden die Betroffenen vor dem Abschluss besonders riskanter Geschäfte gewarnt (Warnfunktion) und vor übereilten Entscheidungen geschützt (Übereilungsfunktion). Daneben stellen Formvorschriften oft sicher, dass Einzelheiten eines Geschäfts angemessen dokumentiert werden und dienen so auch der Beweiserleichterung in denkbaren Streitsituationen (Informationsfunktion, Dokumentationsfunktion, Beweisfunktion).
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Auch im Allgemeinen Schuldrecht finden sich praktisch wichtige und prüfungsrelevante Formvorschriften, die typischer Weise bedeutsame und regelmäßig riskante Rechtsgeschäfte in den Blick nehmen. Nur diese Formvorschriften werden im Folgenden in ihren wesentlichen prüfungsrelevanten Inhalten dargestellt.